Die unendliche Villa

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„Die ‚Location‘ erlaubt keine ‚Events‘“, schreibt Rechtsanwalt und Grünen-Gemeindestadtrat Rudi Benedikter süffisant in einem jüngsten Schreiben an SALTO und bezieht sich auf diverse in letzter Zeit lancierte Medienberichte (Tageszeitung, Alto Adige, Südtirol News...), die dem Wunsch des Besitzers von Bozens langjährigster Bauruine am Guntschnaberg, Josef Gostner, entsprechend plötzlich einen neuen Event-Tempel herbeizuschreiben versuchen. Das dürfte nicht so einfach sein, wie Bauherr und Unternehmer Gostner das für ein langjähriges Ghost-Haus gerne hätte. Gostners Geisterhaus hat nämlich nicht wirkliche eine Bestimmung, sondern ist nur ein großes, plumpes Nichts in der Landschaft. Und das seit vielen Jahren.
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Wo eine Villa, da ein Weg: Oder wie im Fall der Villa Gostner nur ein sehr, sehr steiler Weg. Aber immerhin wurde die Einfahrt zur Villa bereits Anfang Mai einer grünen Verschönerungskur unterzogen. Foto: SALTO
Bereits 2018 kündigte Josef Gostner an, die Bauarbeiten zu beschleunigen, um seine feine Villa rasch fertigzustellen. Daraus wurde trotz einiger Meldungen in den Medien zum erneuten Male nichts. Die Villa der leeren Räume (und Versprechungen) ist seit langem Bozens „offene Wunde“ im Stadtbild und mittlerweile Symbol für nicht gänzlich durchdachte und unvollendet gebliebene Bauprojekte der Landeshauptstadt.
Im Lauf der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte brodelte es natürlich auch in der Gerüchteküche rund um den Skandal- und Skelettbau heftig. Deshalb fragte SALTO bereits Anfang Mai 2025 – nachdem abschließende Gartenarbeiten am Gebäude ein Bauende andeuten – bei Josef Gostner nach. Ohne Aussicht auf Antwort.
Aber der Wunsch vom luxuriösen Eigenheim mit hauseigenem Heli-Landeplatz geht in die Hose.
Vor rund einem Vierteljahrhundert erwarb der Eigentümer und Präsident von Skyalps den historischen Schallbauer-Hof am Guntschnaberg, mit wunderbarem Ausblick auf den Bozner Flughafen. Dort plante Gostner gemeinsam mit Architektin Ute Oberrauch den Bau einer imposanten Villa (die sie in diesem Video erklärend umschreibt) im neoklassizistischen Stil, inspiriert von palladianischer Architektur und – historisch passend zum darunter liegenden Kurort Gries – im Stil eines Kurhauses aus dem 19. Jahrhundert. Die Villa im neureichen Benko-Style sollte ursprünglich über mehrere Stockwerke verfügen, mit einem großzügigen Patio, Säulen, ein paar Zypressen im Vorhof und einem begrüntem Dach. Auf einer Wohnfläche von 500 m² hätte er es Josef Gostner mit seiner Familie gemütlich machen wollen, daneben etwas landwirtschaftliche Nutzfläche betreuend auf ein paar neu angelegte Weinberge darunter blickend. Und natürlich mit dem hauseigenen Helikopter unmittelbar neben der Villa landen und starten. Das war der Plan. Aber der Wunsch vom luxuriösen Eigenheim mit Heli-Landeplatz geht in die Hose.Schallbauerhof, Gostner-Villa, Villa Sophie: Egal, wie man das architektonisch etwas aus der Zeit gefallene Konstrukt inzwischen auch nennen will – es sucht und sucht nach einer Bestimmung, die es nie wirklich hatte und vielleicht auch nie haben wird. Der Gebäudekomplex – über Jahre für viele Jugendliche aus der Nachbarschaft mutiger Probenplatz für erste Joints und bunte Graffiti-Kunst –, liegt auf den Grundparzellen .819, .820, .821, .822 der KG Gries, im landwirtschaftlichen Grün und ist im Bozner Landschaftsplan „als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen“, vermerkt Benedikter beim Gespräch mit SALTO vor einigen Wochen. „Die erste Baukonzession und alle sukzessiven Varianten-Konzessionen tragen noch den offiziellen Titel: Wohngebäude – edificio residenziale eines landwirtschaftlichen Unternehmers", erzählt er auf Nachfrage und stellt klar: „Im ‚landwirtschaftlichen Grün‘ gilt allerdings ein Verbot des Betriebs von ‚Dienstleistungen‘, ‚Einzelhandel‘ oder ‚Gastgewerbe‘ – sowohl nach Art. 107 des ‚alten‘ Raumordnungsgesetzes aus dem Jahr 1997 als auch nach dem geltenden Landesgesetz Raum & Landschaft 2018, Art. 37 und 23 – in der geltenden Fassung aus dem Jahr 2025!“
Dürfte es sich demnach bei Gostners Eventlocation um nichts anderes, als eine geplatzte Seifenblase handeln? Und was passiert eigentlich mit dem alten Schallbauerhof daneben?Weshalb der wendige wie windige Windradunternehmer nun verlautbaren lässt, dass er seine Villa als Event-Location nutzen möchte, obwohl ihm dies nach urbanistischer Rechtslage nicht zusteht? „Das war weder zum Zeitpunkt der Ausgangs-Baukonzession – also sich auf das damalige Raumordnungsgesetz beziehend – noch in Bezug auf die geltende Rechtslage, die „ohnehin restriktiver ist“, unterstreicht Benedikter und fügt hinzu: „Erlaubt wäre nur – nach Landesgesetz Nr. 7/2008 – lediglich Urlaub auf dem Bauernhof“.
Urlaub auf dem Bauernhof als Zuerwerb für die bäuerliche Familie – dies wäre für Gostner also rechtlich machbar, seine plötzliche Idee, auf der Langzeitbaustelle eine neue Event-Location zu realisieren – wie er es auf Schloss Freudenstein in Eppan vorzumachen glaubt –, wird er sich hingegen abschminken müssen. Außer, er schreibt die Regeln zum Landschaftsschutz neu.
Oder aber er entscheidet sich im Rahmen der rechtlich vorgesehenen Nutzung zum Urlaub auf dem Bauernhof kleinere Brötchen zu backen statt größere Events. Und aus der alten Ghost-Villa Gostners wird schon bald die nachhaltige Guest-Villa für die nächsten Farm Holidays.