Politik | Großraubwild

Operation Wolf gescheitert

Nachdem es der „schnellen Einsatzgruppe“ innerhalb von fünf Tagen nicht gelungen war, zwei Wölfe zu erschießen, stellt Andreas Leiter Reber von der Freien Fraktion einige Fragen zum Vorgehen der Entnahme an Landesrat Luis Walcher.
Andreas Leiter Reber
Foto: Seehauserfoto
  • Dem Landtagsabgeordneten Andreas Leiter Reber sind die Abläufe rund um die erste geplante Wolfsentnahme des Landeshauptmanns ein Rätsel. Am Freitag, den 9. August, unterzeichnete Landeshauptmann Arno Kompatscher eine Ermächtigung zur Entnahme zweier Wölfe im Obervinschgau. Zwei Tage lang hörte man nichts von dieser Unterzeichnung, bis das Landespresseamt am Montag, den 12. August, das Ganze der Öffentlichkeit mitteilte. Nochmal zwei Tage später, also am Mittwoch, stoppte das Verwaltungsgericht die Entnahme. Der Abschuss der Wölfe gelang nicht. „Wie kann es sein, dass es die eigens dafür eingerichtete schnelle Einsatzgruppe in fünf Tagen nicht fertiggebracht hat, die beiden Tiere zu erlegen?“, fragt sich Leiter Reber. Die Leute vor Ort, Jagdaufseher und Bergbauern, wüssten nämlich ganz genau, wo sich die Wölfe aufhalten.

  • Wolfsentnahme: Der Landeshauptmann wollte gleich zwei Exemplare entfernen lassen. Foto: jggrz
  • Was liegt im öffentlichen Interesse?

    Zur Vorgangsweise mit der Veröffentlichung des Entnahmedekrets meint Leiter Reber, dass man unterscheiden müsse: „Liegt für den Landeshauptmann das öffentliche Interesse darin, dass die Wölfe entnommen werden, oder ist es wichtiger, eine geplante Entnahme öffentlich anzukündigen?“ 
    Für ihn selbst ist die Sache klar: Das öffentliche Interesse bei der Ermächtigung besteht laut Landesgesetz im Schutz vor Schäden an Weidetieren und damit in der Entnahme der Wölfe. Allerdings gelte es einige Fragen zu klären. Den Abgeordneten der Freien Fraktion interessiert das Gutachten der Wildbeobachtungsstelle, die Vorgehensweise der Einsatztruppe und die Ankündigung der Entnahme durch das Landespresseamt am Montag. Mit ein Grund, weshalb er eine entsprechende Landtagsanfrage an den zuständigen Landesrat Luis Walcher richtete.

  • Acht Fragen an Landesrat Walcher

    Zunächst wollte der freie Angeordnete wissen, ob der Landeshauptmann einer Pflicht unterliegt, die erteilte Ermächtigung zur Entnahme von Wölfen außer dem zuständigen Landesamt und der Wildbeobachtungsstelle über den gewöhnlichen Verwaltungsablauf hinaus medial zu veröffentlichen.
    Die Veröffentlichung stand in diesem Fall nämlich im Konflikt mit der Ermächtigung, da sofort Rekurs beim Verwaltungsgericht eingereicht wurde. In seiner Antwort nennt Walcher die entsprechende Rechtsgrundlage, die Richtlinie der EU Nr. 4/2003. „Diese Richtlinie besagt lediglich, dass die Veröffentlichung von Unterlagen im Umweltbereich dem öffentlichen Interesse unterliegen, aber auch klar nach Ermessen der Ämter ausgelegt werden kann. Das Gutachten der Wildbeobachtungsstelle wurde zum Beispiel nicht veröffentlicht“, kommentiert Leiter Reber. 
    Somit liege es nahe, dass die Landesverwaltung im konkreten Fall das öffentliche Interesse auf die Veröffentlichung und der damit so gut wie sicher folgenden Anfechtung legte, als auf eine erfolgreiche Entnahme. 

     

    „Es macht einen Unterschied, ob der Landesrat zwei Leute losschickt oder zehn.“

     

    Weiters fragte Leiter Reber, wann die Wildbeobachtungsstelle um die Ausstellung ihres Gutachtens aufgefordert wurde. Die Antwort lautet: „Die Anfrage um die Gutachten wurde am 24.07.2024 Prot.-Nr. 0621881 an ISPRA und Wildbeobachtungsstelle gestellt. Die Wildbeobachtungsstelle wurde am 01.08. zur ersten Dringlichkeitssitzung und am 05.08. zur zweiten Dringlichkeitssitzung einberufen.“ 
    Das Gutachten der Wildbeobachtungsstelle traf schließlich am 07.08.2024 beim Amt für Wildtiermanagement beziehungsweise der Abteilung Forstdienst ein. Landesrat Walcher zitiert daraus: „Die Wildbeobachtungsstelle gibt ein positives Gutachten ab, vorbehaltlich, dass nachgewiesen und dokumentiert werden kann, dass die getroffenen Herdenschutzmaßnahmen den allgemein geltenden Standards entsprechen, der jeweiligen Situation und Umweltbedingungen angepasst wurden und zum Zeitpunkt der Anfrage funktionsfähig waren.“

  • Andreas Leiter Reber: Den Abgeordneten macht Walchers Antwort stutzig. Foto: Seehauserfoto

    Diese Zeilen lassen den Freien Abgeordneten Leiter Reber aufhorchen: „Anscheinend hat die Wildbeobachtungsstelle nicht wie vom Gesetz vorgesehen das Weideschutzgebiet und die erfolgten beziehungsweise nicht durchführbaren Herdenschutzmaßnahmen vor Ort überprüft, sondern geht nur von Annahmen aus, anders lässt sich der Auszug aus dem Gutachten nicht interpretieren“.

    Letztlich erfragte Leiter Reber noch einige Informationen über die „schnelle Einsatzgruppe.“ So erklärt Walcher, dass die Einsatztruppe ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Entnahmedekretes rund um die Uhr nach einem vorher festgelegten und koordinierten Zeitplan im betreffenden Gebiet im Einsatz war – ausgerüstet mit professioneller Ausrüstung für Einsätze mit Großraubtieren bei verschiedenen Bedingungen. Von den geforderten und bereits budgetierten Hubschraubereinsätzen wurde nicht Gebrauch gemacht. Wie viele Personen im Einsatz waren, will Walcher nicht verraten, eine Information, die Leiter Reber zufolge jedoch relevant sei: „Es macht einen Unterschied, ob der Landesrat zwei Leute zur Wolfsentnahme losschickt oder zehn. Umso mehr, wenn sie erfolglos waren.“

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Herta Abram Mi., 18.09.2024 - 18:51

Für alle, die sich zu Wolfsmanagement im Alpenraum und Rechtsfragen zwischen Artenschutz und Weidehaltung, selber ein seriöses Bild machen wollen:
Buch - "Wolfsmanagement im Alpenraum: Rechtsfragen zwischen Artenschutz und Weidehaltung"
https://g.co/kgs/qUPgawF

"Die Rückkehr des Wolfs in die alpine Kulturlandschaft polarisiert und wirft neben allen politischen, gesellschaftlichen und naturwissenschaftlichen Themen auch eine Reihe von Rechtsfragen auf. Diese stellen sich in einem komplexen Geflecht von internationalem (Berner Konvention), supranationalem (EU Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) und nationalem (Jagd- oder Naturschutzrecht) Recht. Themen wie Schutzstatus, günstiger Erhaltungszustand, Eingriffe (Vergrämung, Entnahme von Problem- und Risikowölfen, Bestandsregulierung), ernste Schäden an Viehbeständen, Herdenschutzmaßnahmen, Entschädigungen, Verteidigungsschuss, Wolf-Hund-Hybride, Tierschutzrecht und Zonierungen werden zum Stand 1.1.2024 anhand reichhaltiger Literatur, Rechtsprechung und Materialien behandelt. Dabei liegt der Fokus auf der alpinen Weidehaltung in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland . Auch Südtirol und Italien wird beschrieben.
Nicht zuletzt sollen Wege zu einer Koexistenz grosser Beutegreifer und Alpwirtschaft durch ein re- und proaktives Wolfsmanagement aufgezeigt werden."

Mi., 18.09.2024 - 18:51 Permalink
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Herta Abram Fr., 20.09.2024 - 08:58

Antwort auf von Manfred Klotz

Es wäre schon ein Fortschritt, wenn zumindest die Führungsspitze im BB und Politik, erkennt - und nach aussen ausdrückt- , dass den Almbauern die lautstarke Forderung nach „wolfsfreien Gebieten“ und all die anderen harten Parolen der vergangenen Jahre nicht wirklich weitergeholfen haben und weiter helfen!
Weiterbringen könnte die Einsicht, dass die Rückkehr der Wölfe ein zu schwieriges und zu komplexes Thema ist, als dass man ihm mit so simplen Parolen wie „der Wolf gehört nicht nach Südtirol" beikommt.

Durch die detaillierte Auseinandersetzung mit der Thematik bietet das Buch, von Roland Norer, eine wertvolle Ressource für fundierte Diskussionen und informierte Entscheidungen im Bereich des Wolfsmanagements.

Fr., 20.09.2024 - 08:58 Permalink