Auf der langen Bank
Der Ausklang der vergangenen Woche war der perfekte Moment für all jene, die vor dem Wintereinbruch noch möglichst viel Gülle loswerden wollten: Ein Freitag Nachmittag, an dem auch eifrige Forstbeamte bereits mit dem Kopf im Wochenende sind – samt Verheißung von teils ergiebigen Regenfällen. Wie geschaffen, um die Spuren all dessen zu verwässern, das in dieser Vegetationszeit eben doch zu viel des Guten sein könnte. Ein Landwirtschaftsjahr geht zu Ende und in Sachen Gülle ist weiterhin alles beim Alten. Sprich: „Jeder ‚düngt’ nach eigenem Gutdünken“, wie der Geschäftsführer des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz Andreas Riedl meint. Und zwar auch in den ökologisch sensiblen Natura-2000-Gebieten, für die nach wie vor die wesentlichen Säulen zur Umsetzung des freudig verkündeten Gülle-Kompromisses vom vergangenen März ausständig sind.
„Wiedersehen in sechs Monaten“, hieß es damals nach einer vollbesetzten Pressekonferenz mit zwei strahlenden Landesräten und ihrem stolz präsentierten „Schulterschluss zwischen Naturschützern und Landwirtschaft“. Vorausgegangen war ein erbittertes Ringen darum, wie die Ausnahmebestimmungen für das generelle Gülleverbot in den Schutzgebieten zu gestalten sind. 18 Monate hatte die Landesregierung den Landwirten im Jahr 2014 eingeräumt, um sich an die damals verabschiedeten Managementrichtlinien anzupassen. Am Ende war von den verlangten Düngeplänen keine Spur. Statt dessen war der ideologische Kampf zwischen Bauern und Naturschützern so weit entbrannt, dass mit Richard Theiner und Arnold Schuler gleich zwei Landesräte samt einem Universitätsprofessor eingreifen mussten, um einen neuen Weg aufzumachen. Ein Vier-Säulen-Modell war der Ausweg, den der Agrarwissenschaftler Matthias Gauly schließlich wies. Auf den Punkt gebracht, mussten Bauern in den Natura-2000-Gebieten damit definitiv die Krot’ der Düngepläne schlucken. Also hinnehmen, dass sie Ausbringzeiten und -mengen sowie die beschickten Flächen künftig dokumentieren und ihre Flächen einer laufende Kontrolle unterziehen lassen müssen. Im Gegenzug wurde ihnen eine zumindest laut Umweltschützern hohe Viehbesatzzahl von 2,4 Großvieheinheiten je Hektar zugestanden – und zwar auch für Flächen, die laut ihrer Einstufung als Kategorie C nicht mehr unter die intensive Nutzung fallen.
Interessant war der Kompromiss auch deshalb, weil die Zugeständnisse in Sachen Gülleausbringung bereits im März in Kraft traten, also die ganze Saison nach relativ großzügigen Maßstäben Gülle in Schutzgebieten ausgebracht werden konnte. Der lästige Teil, also die Festmachung der Düngepläne, wurde dagegen erst einmal einer Arbeitsgruppe übergeben – mit dem Versprechen, spätestens in sechs Monaten eine Lösung zu präsentieren.
Die ist allerdings auch sieben Monate später ausständig, was für die schlichtenden Landesräten selbst kein großes Problem darstellen zu scheint. Umweltlandesrat Richard Theiner gibt offen zu, so sehr mit der Raumordnung beschäftigt zu sein, dass er in der Causa nicht am Laufenden sei. „Wir sind unterwegs“ versichert dagegen Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler. Die beauftragte Arbeitsgruppe werke an der Umsetzung. „Es hat noch ein paar Interpretationsschwierigkeiten mit dem Beschluss gegeben, daran wird derzeit noch gearbeitet“, erklärt Schuler. „Doch bis zur neuen Güllesaison im kommenden Frühjahr muss dann natürlich alles in Ordnung sein.“
Nachdem die Ausbringung der Gülle genehmigt wurde, wird man nun versuchen, alle anderen Maßnahmen auf die lange Bank zu schieben, hatten Umweltschützer im Rahmen der Präsentation des Gülle-Kompromisses prophezeit. Zumindest bisher haben sie damit Recht behalten.