Gesellschaft | Missbrauch

„Mut zum Hinsehen“

Mit dem Projekt „Mut zum Hinsehen“ will die Diözese Bozen-Brixen die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen angehen.
Fachtagung Mut zum Hinsehen
Foto: Diözese Bozen-Brixen
  • Bei der Fachtagung im vergangenen Jahr ist das Projekt „Mut zum Hinsehen“ zum Thema Missbrauch angekündigt worden. Was seit der Tagung im November 2022 konkret passiert ist und wie die weiteren Umsetzungsschritte aussehen, ist bei der gestrigen (17. November) Fachtagung vertieft worden. Einleitend sagte Bischof Ivo Muser, dass die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle zu den prioritären kirchlichen und pastoralen Aufgaben unserer Diözese gehöre. „Das Projekt steht, die Steuerungsgruppe ist eingesetzt und die Vorbereitungen zur Umsetzung sind voll im Gange. Zwei Anliegen sind mir in diesem Projekt wichtig: einmal, dass in alle notwendigen Schritte möglichst alle miteinbezogen werden und zweitens, dass unsere sprachlichen und kulturellen Besonderheiten berücksichtigt werden. Das gehört zu unserer Diözese dazu und das ist auch der Auftrag, den unsere Diözese zu erfüllen hat“, unterstrich der Bischof.

  • Betroffenenperspektive, Unabhängigkeit, Transparenz

    Bischof Ivo Muser: „Wir wollen als Diözese die Missbrauchsfälle aufklären und aufarbeiten, um entschieden und gezielt präventive Maßnahmen in allen Bereichen einzuleiten. Dazu sollen alle miteinbezogen werden.“ Foto: Diözese Bozen-Brixen

    Das Konzept der Aufarbeitung, das in Zusammenarbeit mit dem Institut für Anthropologie an der päpstlichen Universität Gregoriana erarbeitet worden ist und jetzt durchgeführt wird, geht von einer Zukunftsvision aus, in der die Diözese ein sicherer Ort für Minderjährige und schutzbedürftige Personen ist. Als die wichtigsten Merkmale des Projektes „Mut zum Hinsehen“ bezeichnet Gottfried Ugolini, der Vorsitzende der Projektsteuerungsgruppe „die Betroffenenperspektive, die Unabhängigkeit der Untersuchungen“, – und wie von Bischof Muser vorweggenommen – „eine transparente Vorgangsweise sowie die Berücksichtigung der sprachlichen und kulturellen Besonderheiten unseres Landes“. 

  • Betroffene am Podium

    Bei der Fachtagung erging das Wort auch an drei Betroffene, die über ihre Erfahrungen, Anliegen und Wünsche sprachen. Richard Kick, der Vorsitzende des Betroffenenbeirates des Erzdiözese München, betonte die Wichtigkeit, Betroffenen zuzuhören, sie ernst zu nehmen und sie als Experten zu Beteiligten des Aufarbeitungsprozesses einzubinden. „Die Betroffenen sollen als Person gesehen werden“, Roland Angerer. „Die Verletzungen bleiben Verletzungen!“ An die Diözese gerichtet forderte er, dass sie mit Mut und konsequent hinsehen sowie mit Kraft und Ausdauer – auch bei Gegenwind – das Projekt umzusetzen. Als dritte brachte sich Anna in italienischer Sprache ein. Sie forderte Veränderungen im Umgang der Kirche mit Betroffenen.

  • Untersuchung der diözesanen Archive

    Das Projekt startet mit einer Untersuchung der diözesanen Archive. Diese wird federführend mit der renommierten Anwaltskanzlei Westpfahl-Spilker-Wastl aus München in Zusammenarbeit mit der Anwaltskanzlei Kofler-Baumgartner-Kirchler & Partner aus Bruneck durchgeführt. Darauf aufbauend werden anhand von Fragebögen Informationen über Missbrauchsfälle eingeholt und Zeitzeugen interviewt. Die Ergebnisse werden veröffentlicht und bilden die Grundlage für die Aufarbeitung und Prävention. 

    An der Tagung haben 80 Personen aus kirchlichen und nicht-kirchlichen Bereichen teilgenommen. „Das macht deutlich, dass das Problem des Missbrauchs ein soziales Phänomen ist, das die Kirche wie die Gesellschaft betrifft“, ist Gottfried Ugolini überzeugt. Die Tagung schloss mit einem Ausblick auf die anstehenden Arbeiten. Weitergehenden Informationen zum Projekt „Mut zum Hinsehen“ finden sich auf der Homepage der Diözese: www.bz-bx.net/de/mut-zum-hinsehen

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Profil für Benutzer Andreas Hermann
Andreas Hermann Sa., 18.11.2023 - 11:06

"Mit dem Projekt „Mut zum Hinsehen“ will die Diözese Bozen-Brixen die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen angehen."
Interessant. Eigentlich gehört der Täter auf die Anklagebank und die Aufklärung der Missbrauchsfälle in absolut unabhängige Gremien. Wohin kommen wir denn, wenn jeder Täter seine eigenen Vergehen aufarbeiten kann?

"Zwei Anliegen sind mir in diesem Projekt wichtig: einmal, dass in alle notwendigen Schritte möglichst alle miteinbezogen werden und zweitens, dass unsere sprachlichen und kulturellen Besonderheiten berücksichtigt werden. Das gehört zu unserer Diözese dazu und das ist auch der Auftrag, den unsere Diözese zu erfüllen hat“, unterstrich der Bischof."
Was soll das denn heißen? Welche Rolle spielen denn sprachliche und kulturelle Besonderheiten in Mißbrauchsfällen? Die Diözese hat meiner Meinung nach den Auftrag, die Täter zu benennen und nicht zu schützen und diese vor Gericht zu bringen.

"...geht von einer Zukunftsvision aus, in der die Diözese ein sicherer Ort für Minderjährige und schutzbedürftige Personen ist...."
Zukunftvision? Das macht mich sprachlos! Wie wär's mit hier und jetzt!

"Richard Kick, der Vorsitzende des Betroffenenbeirates des Erzdiözese München, betonte die Wichtigkeit, Betroffenen zuzuhören, sie ernst zu nehmen und sie als Experten zu Beteiligten des Aufarbeitungsprozesses einzubinden. „Die Betroffenen sollen als Person gesehen werden“, Roland Angerer. „Die Verletzungen bleiben Verletzungen!“ An die Diözese gerichtet forderte er, dass sie mit Mut und konsequent hinsehen sowie mit Kraft und Ausdauer – auch bei Gegenwind – das Projekt umzusetzen."
Das reicht nicht. Es sollte selbstverständlich sein, dass die Betroffenen als Personen gesehen werden! Als was denn sonst? Die Aufarbeitung kann nicht nur auf "Kraft und Ausdauer" der Diözese basieren. Die Kirche darf hier keine Immunität genießen, und ihre eigenen Vergehen, nur selbst aufarbeiten zu dürfen. Das ist ist wichtig und muss passieren, aber in erster Linien gehören die Täter vor ein Gericht, und sollten den Mut haben sich selbst zu stellen. Das wäre mal glaubwürdige Aufarbeitung. Nur beichten reicht hier nicht!

Sa., 18.11.2023 - 11:06 Permalink