Kultur | Fotoausstellung

„Home Sweet Home“

Bilder des Widerstands aus Palästina: Die Fotografinnen Michela Chimenti und Alessia Galli dokumentieren das Leben im Westjordanland. SALTO hat mit dem Arzt Franco De Giorgi über die Fotoausstellung gesprochen.
Ausstellung Home Sweet Home, WeWorld
Foto: WeWorld
  • Franco De Giorgi, Präsident von WeWorld: Foto: WeWorld

    SALTO: Herr De Giorgi, die Fotografinnen wollen Menschlichkeit und Gemeinschaft wiederherstellen. Was genau soll die Ausstellung bei den Besuchern in der aktuellen Zeit bewirken?

    Franco De Giorgi: Das Ziel der Arbeit der Fotografinnen ist es, den alltäglichen Widerstand, insbesondere von Frauen, zu zeigen. Es soll die Hoffnung und das Leben hervorgehoben werden, das trotz der Besatzung und der unzähligen Gewalttaten, denen die Palästinenser durch Siedler ausgesetzt sind, in Würde weitergeht. Der Besucher der Ausstellung soll ermutigt werden, die Palästinenser nicht nur als Opfer, sondern als eine aktive und widerstandsfähige Bevölkerung zu sehen. Die Wirkung ist zweigeteilt: Zum einen geht es darum, die Menschen für heikle Themen wie die menstruelle Gerechtigkeit in den besetzten Gebieten zu sensibilisieren. Zum anderen soll Empathie entstehen und die Besucher dazu bewegen, den Widerstand und Wandel aktiv zu unterstützen.

    Wie stellt die Fotoausstellung eine Verbindung zwischen den individuellen Geschichten der Menschen und der langjährigen humanitären Hilfe von WeWorld in Palästina her?

    WeWorld ist seit über 30 Jahren im Westjordanland und in Gaza tätig, mit Stützpunkten in Jerusalem, Ramallah, Hebron und Tubas – und vor dem Krieg in Gaza-Stadt und Khan Yunis. 

     

    Die Ausstellung ist ein strategisches Mittel, das visuelle Erzählung und humanitäre Aktion miteinander verknüpft.

     

    Die Initiativen sind nicht nur Nothilfe, sondern umfassen auch landwirtschaftliche Entwicklung, Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen, Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und Bildung. Die Ausstellung ist ein strategisches Mittel, das visuelle Erzählung und humanitäre Aktion miteinander verknüpft: Sie gibt den Menschen in den besetzten Gebieten eine Stimme und stärkt die Mission von WeWorld zur Förderung von Würde, Rechten und nachhaltiger Entwicklung.

  • Die Hintergründe

    Die Fotoausstellung „Home Sweet Home: Bilder des Widerstands aus Palästina" präsentiert die Arbeit der Fotojournalistin und Podcasterin Michela Chimenti und der Fotografin Alessia Galli. Die Ausstellung dokumentiert das Leben im besetzten Westjordanland und rückt Geschichten des Widerstands und der täglichen Verletzungen von Rechten in den Fokus. Die Fotografinnen haben ihre Aufnahmen bewusst gemeinsam signiert, um ein starkes Zeichen für Gemeinschaft und Menschlichkeit zu setzen. Unterstützt wird das Projekt von WeWorld, einer Organisation, die seit 1992 in Palästina tätig ist und vor Ort umfassende Hilfe leistet.

  • Es geht nicht nur um die Verteidigung von Land, Häuser und Gesundheit, sondern auch um die Würde des Körpers.: Foto: WeWorld
  • Zur Person

    Franco De Giorgi wurde für Verdienste um die Entwicklungszusammenarbeit in Ländern des Südens geehrt: Er war als Arzt in Afrika tätig und war im Jahr 2000 Gründungsmitglied des Vereins Südtiroler Ärzte für die Welt EO. Seitdem absolvierte er zahlreiche internationale Einsätze.

  • Warum ist das Thema "Menstrual Justice" (menstruelle Gerechtigkeit) so wichtig und wie zeigen die Fotos den Kampf der Frauen um Würde in dieser Krise?

     

    Die Fotografien dokumentieren die Knappheit oder das Fehlen von Ressourcen.

     

    Die „Menstrual Justice“ ist wichtig, weil sie einen bedeutenden Aspekt des weiblichen Widerstands unter der Besatzung berührt. Es geht nicht nur darum, für die Verteidigung von Land, Häusern, das Recht auf Mobilität, Gesundheit oder Bildung zu kämpfen, sondern auch für die Würde des Körpers, die in Palästina offensichtlich verletzt wird. Die Fotografien dokumentieren die Knappheit oder das Fehlen von Ressourcen. Wie etwa, ganz banal, Latrinen, Menstruationshilfsmitteln, Wasser für die Intimhygiene. Das Stigma rund um die Menstruation, das in der muslimischen Gesellschaft ohnehin sehr stark ist (allein das Wort ist tabu), wird in Not- und Konfliktsituationen noch verschärft.

    Was war die größte Herausforderung bei der Bildauswahl? Wie haben Sie es geschafft, die individuellen Schicksale der Menschen und die komplexe Gesamtlage in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen?

    Die größte Schwierigkeit bestand darin, intime Fotografien vorzuschlagen, um den Menschen selbst das Wort zu überlassen, zu emotionale Erzählungen zu vermeiden und gleichzeitig die Komplexität des Konfliktkontextes nicht aus den Augen zu verlieren. Mit anderen Worten, die größte Herausforderung bestand darin, einerseits zu verhindern, dass die Kraft der persönlichen Geschichten die Komplexität der Situation überschattet, und andererseits, dass die soziokulturelle und politische Konditionierung durch die Besatzung die Erfahrung des Alltagslebens abschwächt.

  • Infos zur Ausstellung und WeWorld

    Die Fotoausstellung wird am Donnerstag 20.11. um 10 Uhr in der Kleinen Galerie in Bozen eröffnet und bleibt bis zum 03. Dezember zugänglich. Der Eintritt ist frei.

    Die „We World" ist eine italienische, unabhängige Organisation, die in Bozen und weltweit tätig ist, um Menschen in Not zu unterstützen. Die Organisation konzentriert sich auf Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, um die Rechte von Frauen und Kindern zu schützen, Armut und Ungerechtigkeit zu bekämpfen und nachhaltige Entwicklung zu fördern. Die Vereinigung WeWorld-GVC entstand 2018 durch die Fusion zweier Organisationen, um ihre Wirkung zu vergrößern.