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Berg Bau

Reinhold Messner hat mit seinen 80 Jahren die Berggeschichte geprägt, jedoch nicht nur im von ihm so stark umworbenen traditionellen Alpinismus, sondern auch die der Architektur, zumindest in Südtirol. Doch dort zeigte er alles andere als traditionelle Züge
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Baumeister Reinhold Messner
Foto: reinhold-messner.de
  • In Zusammenarbeit mit der Architekturstiftung Südtirol / in collaborazione con la Fondazione Architettura Alto Adige.

    Text: Thomas Huck

     

    Reinhold Messner hat mit seinen 80 Jahren die Berggeschichte geprägt, jedoch nicht nur den von ihm so stark umworbenen traditionellen Alpinismus, sondern auch die der Architektur - zumindest in Südtirol. Doch dort zeigte er alles andere als traditionelle Züge. Als er 1995 Schloss Juwel erstmals öffentlich Zugang machte, war es nicht nur die Ausstellung, welche Aufmerksamkeit erweckte, sondern auch dessen Glasdach. So war es kein Zufall, dass ich das erste Mal vom Schloss an der Uni in Graz hörte. Zwar wusste ich seit der Eröffnung von Schloss Sigmundskron 2006 über Messner museales Treiben Bescheid, meine Verbindung zwischen ihm und Architektur war jedoch eher eine mehrere Stockwerke hohe Wahlwerbung mit ihm und seinem Freund an einer Baustelle entlang der Eisackuferstraße in der Bozner Industriezone. Erst später lernte ich die feine Arbeit von Werner Tscholl in Firmian zu schätzen.

     

  • MMM Juval 1995 Foto: Messner Mountain Museen
  • Als der Pionier 2002 sein zweites Museum „Dolomites“ eröffnete, zeichnete sich bereits ab, dass es sich beim MMM-Konzept langfristig um einen Fünfteiler handeln sollte. Jedoch ahnte vermutlich niemand, dass es mit 2160 m Höhe langfristig nur um das zweithöchste Museum in seiner am Ende sechsteiligen Kollektion handeln wird. Wie beim ersten setze er auch hier auf Bestand und war seiner Zeit damit wohl voraus. Mit den Planern Enzo Siviero und Paolo Faccio renovierte er wieder eine Festung, diesmal jedoch nicht aus dem Mittelalter, sondern aus dem Ersten Weltkrieg und ergänzte auch hier nur eine filigrane Glaskonstruktion als einzigen wirklich sichtbaren Eingriff.

  • MMM Dolomites | Enzo Siviero und Paolo Faccio 2002 Foto: Messner Mountain Museen
  • Architekt Arnold Gapp brachte 2004 dann die große Wende. Wieder zurückgekehrt im Vinschgau errichteten sie zusammen den ersten Neubau der MMM-Kollektion. Jedoch nicht weit sichtbar wie eine Burg oder ein Berggipfel, sondern eingegraben unter der Erde. Eine Höhle und bei weitem nicht die Letzte. Der Erklimmer der höchsten Berge der Welt fand seine Neigung zum Untergrund. So folgten nicht nur architektonische Aussagen vom Leben unter der Erde z.B. in den Hängen um Bozen, um den Talkessel nicht weiter zu verbauen, sondern später auch ein weiteres „unterirdisches“ Museum und sein Privathaus auf dieser Art und Weise. Diesen Alterssitz errichtete er jedoch nicht nur unter der Erde, sondern direkt im Felsen, herausgeschabt erneut von Werner Tscholl, um den Blick auf Schloss Juval nicht zu verstellen.

  • MMM Dolomites | Arch. Arnold Gapp 2004 Foto: Messner Mountain Museen
  • Reinhold Messner Privathaus | Arch. Werner Tscholl 2018 Foto: Rene Riller
  • Nachdem 2006 seine Museumseröffnungen fast schon biennalen Charakter erhalten hatten, schien es vorbei mit Bauprojekten, zumindest mit eigenen. Zwar befindet sich Schloss Sigmundskron auch nicht in seinem Besitz, sondern vom Land Südtirol, er betreibt es jedoch aufgrund einer 30-jährigen Konzession. Mit dem RIPA auf Schloss Bruneck ergab sich dann 2011 eine erste Art von Franchisesystem mit der Gemeinde Bruneck und der Südtiroler Sparkasse. EM2 Architekten realisierten eine Sanierung mit architektonischen Ergänzungen und realisierten so das dritte Schloss Messners. Und damit sollte die MMM-Legacy eigentlich zu Ende gehen.

  • MMM Firmian | Arch. Werner Tscholl 2006 Foto: Messner Mountain Museen
  • MMM Ripa | EM2 2011 Foto: Messner Mountain Museen
  • Doch wie jeder erfolgreiche Blockbuster erhält er nach ein paar Jahren eine Fortsetzung. Diesmal in Kooperation mit Skirama Kronplatz im Jahr 2015. Ein touristischer Eigentümer „der Superlative“ und ein weltweit bekannter Betreiber brauchen natürlich auch eine Architektur von Weltrang und schafften es Zaha Hadid mit ins Boot zu holen. Wobei Messner darauf besteht, die unterirdische architektonische Idee sei von ihm. Was gut sein kann, schließlich sieht es so aus, als hätte man nachträglich Erde aufs Gebäude geschüttet. Wobei eines muss man ihm lassen, wenn es jemand schafft, Zaha Hadid ein Konzept aufzudrängen, dann ist es wohl wirklich Reinhold Messner. Beide Persönlichkeiten sind nämlich vom gleichen Schlag und hatten das Ziel in ihrem Metier, kompromisslos die Welt zu erobern.

  • MMM Corones | Zaha Hadid Architects 2015 Foto: Messner Mountain Museen
  • Doch Reinhold Messner wäre nicht Reinhold Messner, würde er nicht noch ein Ass im Ärmel haben. Museum Nr. 7. Es hätte alles beinhalten sollen, was er jemals schuf. Eine nachhaltige Sanierung, eine touristische Kooperation, halb unterirdische als Aussichtsplattform mit einem weltweit renommierten Architekturbüro (Plasma Studio) in den Bergen. Doch wie vermarktet man ein siebtes Museum als letztes Museum, wenn alle davon ausgehen, dass es vermutlich noch ein achtes oder neuntes geben wird (Stichwort Alpenmuseum in Innsbruck bzw. Museum Sherpa Himal, Museumsprojekt in Namche Bazar, Nepal auf fast 3500 m)? Das Projekt hat an Sensation verloren, an Reiz, vermutlich schon lange. Waren es zuletzt vor allem noch außergewöhnliche Locations, namhafte Partner und Prestige, die noch Interesse weckten, ein neues Musuem zumindest einmal gesehen zu haben.

  • Messner Mountain Heritag Projekt: Museum Sherpa Himal in Namche Bazar,Nepal 2023 Foto: reinhold-messner.de
  • Am besten also, man sagt die Eröffnung und damit das ganze Projekt in letzter Sekunde ab. Nichts erregt mehr Aufmerksamkeit als ein Skandal. Es wird kein Museum mehr geben, denn „es brauche kein weiteres Messner-Mountain-Museum“! Späte Einsicht, besser als gar keine Einsicht oder doch ein familieninterner Streit? Jedenfalls wird aus dem MMM Roca ein MMH Projekt (Messner Mountain Heritage): Ein „nachhaltiger Raum […] den das Museale schaut zurück, wir erzählen hingegen, was sein wird“. Es ist also noch nicht vorbei mit dem 80-jährigen Baumeister.

  • Messner Mountain Heritag Projekt, ehemaliges MMM Roca | Plasma Studio 2024? Foto: wisthaler.com
  • Doch der nächste Franchisegeber von Kultureinrichtungen in Südtirol scheint schon zu warten. So wurde vor kurzen der „Bank Austria Park“ von André Heller in Wien präsentiert. Das Projekt soll 2025 eröffnet werden und stellt nach dem Botanischen Garten Gardone und ANIMA / André Heller Garden in Marokko seinen 3. Garten dar. Somit rutscht sein noch unrealisierter Hofburggarten in Brixen vom Stockerl auf Nummer 4. Hoffen wir, dass bis zur Eröffnung im Jahre irgendwann dessen Reiz bestehen kann, notfalls auch als Andrè-Heller-Garten Nr. 5 oder 6.

    In diesem Sinne: Am Ende wird alles gut sein. Wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende“!