Gesellschaft | Architektur

Architekturwettbewerbe für den Privaten?

Ein Gespräch mit Magdalena Pohl von Pohl Immobilien über Architekturwettbewerbe für den Privaten.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Pferde auf dem Grundstück "Rosswies"
Foto: Pohl Immobilien
  • In Zusammenarbeit mit der Architekturstiftung Südtirol / in collaborazione con la Fondazione Architettura Alto Adige.

    Text: Nathanael Peterlini.

    Die Wahrnehmung von Architekturwettbewerben gilt oft nur für öffentliche Bauaufgaben, jedoch bilden sie auch im privaten Bereich viele Vorteile. Da es dort weniger Vorgaben gibt, ermöglicht das auch eine offenere und freiere Form der Auslobung. Wichtig ist jedoch auch hier eine faire und transparente Abwicklung auf Augenhöhe. Als aktuelles Beispiel dazu ein Gespräch mit Magdalena Pohl von Pohl Immobilien:

  • Magdalena Pohl zusammen mit ihrem Bruder Hans Martin Pohl, gemeinsam bilden sie die zweite Generation des Familienunternehmens (Foto: Magdalena Pohl) Foto: Magdalena Pohl
  • Hanglage, ein weiter Ausblick in Richtung Nördersberg und (fast) frei bebaubar. So stellt das Immobilienunternehmen Pohl das Grundstück der sogenannten „Rosswies“ in Schlanders vor. Mit dem Ziel, innovative Wohnkonzepte für das Grundstück zu finden, hat das Immobilienunternehmen vor rund einem halben Jahr einen Architekturwettbewerb organisiert. In zwei Phasen konnten Architekturbüros Ideen für das Grundstück bei einer hochangesehenen Jury einreichen. Vor wenigen Tagen wurden nun zwei Sieger verkündet. Eng mit dem Ideenwettbewerb vertraut ist Magdalena Pohl. Sie ist gemeinsam mit Ihrem Bruder, Hans Martin Pohl, nun in 2. Generation Teil der Geschäftsführung des Familienunternehmens Pohl Immobilien. Im Gespräch erklärt Magdalena Pohl, wie genau der Ideenwettbewerb abgelaufen ist, wieso die Rosswies mehr als nur irgendein Projekt für Pohl Immobilien ist und was als nächstes geschieht.

  • Salto.bz.: Wie ist es zum Architekturettbewerb rund um die Rosswies gekommen?

    Magdalena Pohl: Das Grundstück ist für uns ein besonderes. Wir haben uns lange überlegt, was wir mit dem Grundstück machen können, sind aber auf keinen grünen Zweig gestoßen. So haben wir uns dazu entschlossen, Ideen von außen hinzuzuziehen – mithilfe eines Architekturwettbewerbs.

    Was macht dieses Grundstück so besonders?

    Die Rosswies ist ein schönes Grundstück mit besonderer Hanglage in Schlanders am Sonnenberg, was es zu einem äußerst interessanten Projekt macht. Darüber hinaus hat meine Familie eine emotionale Bindung zur Rosswies: Meine Geschwister und ich sind nämlich in Schlanders aufgewachsen. So haben wir uns die Frage gestellt, was es in Schlanders als nächstes braucht, welche Art von Wohnkonzept gesucht ist.

    Hatten Sie als Unternehmen bereits Erfahrungen mit solchen Wettbewerben?

    In der Vergangenheit haben wir bereits mehrere ähnlich strukturierte Wettbewerbe abgehalten. Wir als Unternehmen arbeiten mit dem Ziel, langfristige Immobilienentwicklung zu betreiben - innovativ und nachhaltig. Solche Wettbewerbe kommen uns deshalb gelegen. Wir haben diesen Wettbewerb auch bewusst als Ideenwettbewerb ausgerufen, um über das Grundstück hinaus mal zu hören, was es so Neues in der Welt der Architektur gibt. Es war für uns auch von zentraler Bedeutung, mit dem Ideenwettbewerb neue Architekturstudios und deren Ideen kennenzulernen.

    Immobilien beeinflussen die Umwelt und die Nachbarschaft – wir als Bauunternehmer tragen eine große Verantwortung. Deshalb ist es wichtig, die Scheuklappen abzulegen und Neuem eine Chance zu geben“ – Magdalena Pohl

    Welche Architekturstudios durften am Wettbewerb teilnehmen?

    Zentrales Kriterium für die Teilnahme war es, noch nie mit Pohl Immobilien zusammengearbeitet zu haben. Bei einem klassischen Wettbewerb gibt es immer nur einen Gewinner – alle anderen gehen leer aus. Das ist bei uns jedoch nicht der Fall: Wir wollten in erster Linie neuen Architekturstudios die Möglichkeit bieten, sich uns vorzustellen und uns von ihren Ideen zu erzählen. Sei es nicht für die Rosswies, dann vielleicht für ein anderes Projekt in Zukunft. So hat sich der Ideenwettbewerb auch vor allem für junge noch nicht allzu bekannte Architekturstudios angeboten, Teams mit vielleicht noch weniger Projekten, aber dafür umso mehr Motivation. 

    „Unter der Devise, denen eine Chance zu geben, die noch großes Aufstiegspotenzial haben und ihre Karriere weiter ausbauen möchten“ – Magdalena Pohl

    An welche Voraussetzungen mussten sich die Konzepte der Architekturstudios halten?

    Das war ein heiß diskutierter Aspekt bei der Planung: Potenzielle Kriterien, an die sich die Planer und Planerinnen halten müssen, beeinflussen sowohl die Ergebnisse als auch den Wettbewerb selbst – wie vergibt die Jury Punkte, was wird bewertet, wie vergleichbar sind die Konzepte. Wir haben uns gefragt, was wir mit dem Ideenwettbewerb erreichen wollen – und sind zur Antwort gekommen, dass wir von neuen Ideen und Konzepten hören möchten. Nach längerer Diskussion und mit Unterstützung von Elisabeth Schatzer, die bei der Planung maßgeblich mitgewirkt hat, haben wir uns schließlich dazu entschieden, so wenige Kriterien wie möglich vorzugeben – mit dem Ziel, auf diese Weise möglichst viele interessante Ideen zu finden. 

  • Im Herzen von Schlanders: Die Rosswies Foto: Pohl Immobilien
  • Wie genau hat denn der Wettbewerb funktioniert?

    In der ersten Phase wurden insgesamt 23 Vorschläge anonym eingereicht. Dabei mussten die Informationen auf einem DIN A3-Blatt Platz haben. Mit dieser Regelung haben wir den Aufwand der Teilnehmer und Teilnehmerinnen bewusst geringgehalten – im Zentrum stand ja nicht das Anhäufen von kostenlosen Konzepten, sondern das Kennenlernen spannender Teams. 23 DIN A3-Blätter wurden also eingereicht, darin fand man alles – von der verrückten Idee bis zum bereits ausgearbeiteten Bebauungsvorschlag. 

    Und wie ging es dann in die zweite Phase?

    Fünf dieser 23 Konzepte wurden in die zweite Phase eingeladen.  Hier wurden die Konzepte gemeinsam mit der Jury konkreter und detaillierter ausgearbeitet. Jedoch haben wir auch hier den Teams relativ wenig Input gegeben und ihnen ihre Freiheit gelassen. Schließlich wurden zwei Konzepte prämiert und sozusagen als gemeinsame Zweitplatzierte ausgezeichnet, die Preisgelder wurden zwischen allen fünf Teilnehmern der zweiten Phase gleichermaßen aufgeteilt.

    Gleich zwei Gewinner?

    Es war eine anspruchsvolle zweite Phase, vor allem aufgrund der Entscheidung, den Teilnehmenden weiterhin nur wenige Vorgaben zu erteilen. Diese Freiheit hat die Projekte sehr verschieden und unvergleichbar gemacht. Meines Erachtens haben wir genau wegen dieser fehlenden Vorgaben zwei Gewinner. Der Ideenwettbewerb hat mir die Erkenntnis gegeben, dass ein Architekturstudio immer einen Bauherrn an seiner Seite braucht. 

    Wieso braucht ein Architekturstudio eine Gegenpartei beim Bauen?

    Ohne gewisse Vorschriften kommt das Architekturstudio eher vom Weg ab. Dadurch ist die Umsetzbarkeit nicht mehr gegeben, das Geplante ist nicht mehr funktional, wird unpraktisch. Es war eine bewusste Entscheidung, den Architekturstudios wenig Vorschriften zu geben, um kreative Ideen zu fördern, mit der Zeit haben wir aber erkannt, dass ein paar Vorgaben durchaus von Nutzen gewesen wären. 

    „Das Architekturstudio braucht eine bremsende Gegenpartei, die das theoretisch Geplante auf die Straße bringt“ – Magdalena Pohl

    Wie geht es nun weiter?

    Der Wettbewerb ist abgeschlossen. Die zwei Gewinner werden nun separat vom Wettbewerb nochmal eingeladen, um ihre Ideen – diesmal mit mehr Input von unserer Seite – weiter auszuarbeiten und mehr in die Tiefe zu gehen. Das Ziel des Ideenwettbewerbs war ja das Sammeln von Ideen und dem Kennenlernen neuer Architekturstudios - nicht nur für die „Rosswies“, sondern auch für andere Projekte. Zum Beispiel hat uns einer der Teilnehmer zwar überzeugt, wir haben aber sein Konzept als unpassend für die Rosswiese empfunden. So haben wir ihn jetzt für ein anderes Projekt eingeladen. Schlussendlich sind wir mit dem Outcome zufrieden: Ein Wettbewerbsverfahren bedeutet für ein privates Immobilienunternehmen einen großen Aufwand und wir freuen uns, dass wir durch diesen Ideenwettbewerb nicht nur einen, sondern gleich mehrere Effekte erzielen konnten. 

  • Planungswettbewerbe Ergebnisse

    Durch eine breite Wettbewerbskultur kann hochwertige Architektur gefördert werden. Voraussetzung für das Gelingen eines Wettbewerbes ist die präzise Ausschreibung, die durch WettbewerbskoordinatorInnen ausgearbeitet werden. Um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erreichen müssen die Wünsche und Ziele des Auslobers klar definiert werden. Gemeinsam mit dem Koordinationsbüro wird für das Bauvorhaben das geeignete Wettbewerbsverfahren definiert. Eine fachkundige Jury gewährt eine transparente, unabhängige und qualitätsorientierte Bewertung der Projekte. Eine kompetente Wettbewerbskoordination begleitet den gesamten Verlauf des Wettbewerbes. Sie ist der Garant für ein faires Verfahren und wird dabei durch die Architektenkammer unterstützt.

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Thomas Strobl Mo., 22.01.2024 - 21:15

Sollten die Pohls zur allgemeinen Überraschung auch den Zuschlag erhalten, das dann kahlgeschlagene und plattgewalzte Schlanderser Kasernenareal in allzu bekannter Manier zuzuschachteln und so in einen weiteren Nicht-Ort umzumünzen, werden die umgesägten Bäume und das flachgebaggerte massive Mauerwerk der ehemaligen Kasernen sicher vereint mit der honorigen Architekturstiftung Südtirol in einvernehmlicher Ergriffenheit lauschen, wenn ihnen wortreich die „heute ja sooo wichtige Nachhaltigkeit“ und das „unerhörte Innovations-Commitment“ dieses nur scheinbar banalen Kubaturmaximierung-Vorgangs enthüllt wird. Applaus und Stößchen!

Mo., 22.01.2024 - 21:15 Permalink