Gesellschaft | Luftpiraterie

Flugzeugentführung: „Wenn der Böse im Cockpit sitzt“

Die Identität des Flugzeugentführers von Genf ist nun bekannt: Es handelt sich um den 31-jährigen Hailemedhin Abera Tegegn. Er arbeitete bereits seit fünf Jahren für die Ethiopian Airlines. Ihm drohen nun 20 Jahre Haft – sein Asylantrag hatte wenig Chancen.

Eine Flugzeugentführung mit spektakulären und kuriosen Aspekten und, glücklicherweise, glimpflichem Ausgang, wie der Südtiroler Passagier Gianfranco Dragà unserem Portal schilderte. Der äthiopische Hijacker hatte als Copilot die Maschine, eine Boeing 767 in seine Gewalt gebracht und vom ursprünglichen Landeflughafen Rom nach Genf weitergeflogen. Angeblich, um dort politisches Asyl zu beantragen, seine Motive jedoch liegen weiterhin im Unklaren, schreibt das Schweizer Blatt „Blick“. Seine ältere Schwester hätte sich via twitter gemeldet:

Sie schrieb auf dem Kurznachrichtendienst, dass ihr «jüngster Bruder» möglicherweise «unter Zwang gehandelt» habe. Schliesslich habe er seine Arbeit bei der Fluggesellschaft geliebt und dafür sogar eine Karriere als Architekt aufgegeben.

Indes wuchern auf den Kommentarseiten der Tageszeitungen die Vermutungen und Frotzeleien: Der arme Copilot! Postet etwa „akademischer Realist“ auf der Onlineseite des österreichischen Standard:

Jetzt gelingt ihm schon eine Flucht aus Äthiopien in die freie Welt, um Asyl zu beantragen, und dann landet er in Genf! Wäre er doch in Rom geflüchtet oder hätte Wien, Marseille oder München als Ziel ausgewählt. Doch dieser nicht informierte Unglücksrabe landet in Genf, gut eine Woche nachdem die Schweizer die Einwanderung stoppten! Was macht die SVP jetzt?“

Auch die Schweizer Luftwaffe kriegt ihr Fett ab, denn die „Bürozeiten-Luftwaffe“ ist laut Schweizer Militärdekret nur wochentags von 8 bis 17 Uhr einsatzfähig, und so mussten die Schweizer beim Begleiten der entführten Boeing auf Nachbarshilfe zurückgreifen, schreibt die Neue Zürcher Zeitung. Zwei Kampfjets der französischen Streitkräfte eskortierten am frühen Montagmorgen die entführte Maschine der Ethiopian Airlines bis zu ihrer Landung am Genfer Flughafen. Und weiter:

Gemäss einer Zeugenaussage soll der Entführer des äthiopischen Flugzeugs gedroht haben, die Maschine zum Absturz zu bringen. Sollten Einsatzkräfte ein entführtes Zivilflugzeug abschiessen, wenn es Kurs auf dicht bewohntes Gebiet oder eine hochsensible Anlage wie etwa ein Atomkraftwerk nähme? 

Auch auf den Standard-Seiten diskutieren Leser dieses Problem auf ähnliche Weise: "Abschuss ist klarerweise absolute ultima ratio. Das Ganze war übrigens so ohne nicht. Genf ist heikler Boden. Eines der UNO-Hauptquartiere befindet sich in Genf. Nicht auzuschließen, dass, wenn der (Co-)pilot mit hoher Geschwindigkeit, tieffliegend und in offensichtlich selbstmörderischer Absicht das UNO-Gebäude "ins Visier genommen" HÄTTE, ein Abschußbefehl erteilt worden WÄRE. Möglicherweise auch zu dieser nachtschlafenden Zeit, zu der vermutlich nur sehr wenige bis gar keine Menschen im Gebäude gewesen wären."

Der ganze Entführungsfall wirft einen ganzen Fragenkatalog auf, nicht zuletzt die Problemstellung die sich außerdem stellt, so selten der Fall auch eintreten mag: Was, wenn der Terrorist bereits im Cockpit sitzt? Denn seit Nine-Eleven, den Terror-Angriffen auf die Twin-Towers in New York, sind die Flugzeugtüren zur Pilotenkabine verriegelt und gepanzert und von außen nicht einmal mehr mit einem eigenen Code zu entsperren.