Politik | SVP-Basiswahl, Landeshauptmannkür

Seiltänzer auf der Zielgeraden

Licht auf Arno Kompatscher und Elmar Pichler Rolle, auf ihre Programmpunkte, ihre Visionen und Stolpersteine. Der Meinungsforscher Gernot Gruber analysiert.

Die Kür des Landeshauptmanns steht unmittelbar bevor. Arno Kompatscher zog am 18. April in Bozen im Goldenen Rössl Zwischenbilanz. Nach der Wahl am 21. April geht seine "Südtirol-Tour" weiter. Bürgernähe, Partizipation und Eigenverantwortliches Mittun, so seine Schlagworte, die er in den letzten Wochen fleißig wiederholte. Gernot Gruber, vom Meinungsforschungsbüro Gruber & Partner, analysiert: „Kompatscher und Pichler Rolle haben den Trend der Zeit erfasst. Das was die Menschen wollen, ist partizipieren. Das greifen beide in ihrem Programm auf.“ Was bei Kompatscher fehle seien jedoch konkrete Vorschläge: „Was er zum Beispiel in den ersten 100 Tagen als Landeshauptmann machen würde, das bleibt Kompatschers Geheimnis“, meint Gruber. „Er sagt, er hat jetzt mit allen geredet, wüsst sozusagen wo der Schuh drückt, aber er hält sich zu allgemein.“ Wie soll sein Bürokratiecheck ausschauen, der Haushalt neu geschrieben, wie der Steuerdruck gesenkt werden?

Wie ERP läuft

Zwei Tage vor den Basiswahlen der Südtiroler Volkspartei, bei der knapp 52.500 wahlberechtigte Mitglieder zu den Urnen gebeten sind, versuchen sich die Landeshauptmann-Anwärter zu differenzieren. „Natürlich unterscheiden sich ihre Programme ideologisch nicht sehr“, weiß der studierte Politikwissenschaftler, der sich intensiv mit dem SVP-Poker auseinandergesetzt hat. Elmar Pichler Rolle sei später ins Rennen gestiegen, wisse aber als „alter Fuchs“ genau, wo anzusetzen sei: nämlich beim Konkreten. Ein Beispiel: die Hälfte des Profits aus der Wasserkraft, soll laut ERP in einen Südtirol-Fonds fließen, der wiederum Kinder zugute kommen soll. Pichler Rolle geht weiter und zeichnete am Montag, 15. April, am Runden Tisch im Rai Sender Bozen ein klares Bild: ein Prozent Sofortmaßnahmen für Familien. Auch den Weissen Rat der neuen Landesregierung, zusammengesetzt aus Vertretern aller drei Sprachgruppen, hat ERP ganz klar vor Augen. Ziel soll der Ausbau der Autonomie sein. Diese handvoll konkreter Dinge machen für Gruber den Unterschied: „Dadurch, dass Pichler Rolle später ins Rennen gestiegen ist, hat er einen Zwang verspürt, die Sachen auf den Punkt zu bringen.“

Kompatscher steckt fest

Amerikanischer Wahlkampf auch in Südtirol? "Dort machen sie es so: in der ersten Phase des Wahlkampfs werden die großen Visionen mitgeteilt, dann erfolgt der Angriff des Gegners und in der dritten Phase, geht es ums Konkrete", sagt Gruber. „Kompatscher scheint nach der zweiten Phase stecken geblieben zu sein. Vielleicht ist ihm der Sonntag zu nah.“ War Kompatscher noch im März als Everbodys-Darling gehandelt, kam Anfang April der Sturz ins kalte Wasser: Sein Ausrutscher auf Facebook wäre ja noch angegangen, „gefehlt hat dann aber die klare Linie, da war er nicht konsequent und das verunsichert die Leute“, meint Gruber weiter. Einerseits – andererseits die Rolle Theiners sei dabei nicht zu unterschätzen: „Theiner hat eine stark Begründung für seinen Rücktritt gebraucht und das über Wochen inszeniert. Das hat Kompatscher arg zugesetzt.“

Absehbarer Gewinner

Dass der Gemeinderatspräsident das Rennen am Sonntag trotzdem für sich entscheiden wird, ist sich Gernot Gruber gewiss. Auch, wenn Pichler Rolle stark aufgeholt hat. Seine Erfahrungen als Parteiobmann, mit denen ERP wirbt, könnten ihm paradoxerweise zum Nachteil gereichen. „In der Partei braucht es neue Gesichter, um jeden Preis. Da ist es schon fast Wurst, wer das ist. Und einer der Kandidaten hat eben eine lange politische Vorgeschichte.“