„Die SVP ist kein Auslaufmodell“

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SALTO: Herr Steger, in Meran hat Katharina Zeller das Bürgermeisteramt gewonnen. Wie fällt Ihr Fazit zu diesem Wahlerfolg aus?
Dieter Steger: Wenn man die Zahlen mit früher vergleicht – insbesondere mit 2005 – sieht man, dass wir wieder auf dem Niveau von damals sind. Damals hatten wir sehr gute Ergebnisse, die wir in den Folgejahren teilweise eingebüßt haben. Jetzt sind wir wieder dort angekommen. Ich habe bereits vor zwei Wochen gesagt, dass Katharina Zeller das in Meran schaffen wird. Sie hat in den letzten dreieinhalb Jahren großartige Arbeit geleistet und war sehr nahe dran bei den Menschen. Das hat sich ausgezahlt. Das Ergebnis in der Stichwahl war ausgezeichnet. Wir haben nun die 103. Gemeinde gewonnen – wie vorhergesagt.
„Ich habe bereits vor zwei Wochen gesagt, dass Katharina Zeller das in Meran schaffen wird.“
Die SVP im Aufwärtstrend?
Ja, ich finde das beachtlich – gerade in der heutigen Zeit. Es ist nicht selbstverständlich, als Partei wieder auf Zahlen von vor 20 Jahren zu kommen. Auch bei der ersten „Tranche“ der Gemeinderatswahlen, sprich in Leifers, St. Martin in Passeien, in Wengen und Brixen – haben wir überall gewonnen. Und auch bei den Europawahlen haben wir gute Ergebnisse erzielt. Das zeigt: Die SVP ist kein Auslaufmodell. Wir haben weiter eine stabile Verankerung in der Bevölkerung.
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Schauen wir auf Bozen. Wie bewerten Sie das Abschneiden Ihrer Partei in der Landeshauptstadt?
Auch in Bozen können wir zufrieden sein. Im ersten Wahlgang haben wir 16,1 Prozent erreicht, ein Anstieg von 14,5 Prozent. Wir sind dort nun wieder stärkste Partei – das war zuletzt der PD. Das ist gerade in einer Stadt, in der der deutschsprachige Bevölkerungsantei im Verhältnis nicht sehr groß ist, ein wichtiges Signal. Die Volkspartei ist also auch in der Stadt Bozen wieder eine ernstzunehmende politische Kraft.
„Wir sind in Bozen wieder die stärkste Partei.“
Die SVP hat sich im zweiten Wahlgang nicht für einen der beiden Bürgermeisterkandidaten ausgesprochen. Warum?
Wir arbeiten anders als viele Parteien. Unsere Parteizentrale gibt nicht vor, was vor Ort zu tun ist. Unsere Ortsgruppen haben viel Autonomie. In Bozen gab es mit Juri Andriollo einen Kandidaten, mit dem wir bereits gute Erfahrungen gemacht haben, und mit Claudio Corrarati einen anderen, der kein Kandidat einer extremen Position war. Die Gruppe in Bozen hat sich deshalb entschieden, keine Wahlempfehlung abzugeben – weil man mit beiden grundsätzlich arbeiten kann.
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Wie sehen Sie das Wahlergebnis in Bozen?
Es war knapp, aber nicht überraschend. Und jetzt wird es darum gehen, ob die neue Stadtregierung auf uns zukommt. Wenn es eine Einladung gibt, wird die SVP in Bozen Gespräche führen. Unsere Wähler erwarten, dass wir in Bozen eine Rolle spielen. Schätzungsweise haben etwa zwei Drittel der SVP-Wählerschaft für Andriollo gestimmt, ein Drittel für Corrarati. Aber letztlich respektieren wir demokratische Wahlen – und entscheiden, ob Koalitionsverhandlungen sinnvoll sind.
Die zwei Gesichter der SVP: konservativ auf dem Land, liberal in der Stadt. Auch diese Wahl ein Sinnbild dafür?
Das war schon immer so – und ist der Ausdruck unserer Rolle als Sammelpartei. Die ländliche SVP ist konservativer, die städtische liberaler. In Bozen ist die Situation aber komplexer. Dort gibt es eine interessante Mischung: ein liberaleres Bürgertum, aber auch konservative Kreise, etwa bei den Schützen oder in Vereinen. Diese haben oft eine große Distanz zu rechten italienischen Parteien und tendieren im Zweifelsfall zu Mitte-links. Diese Dynamik ist historisch bedingt.
„In Bozen ist die Situation komplexer. Dort gibt es eine interessante Mischung.“
Heißt das, dass die SVP-Wähler in Bozen eher Mitte-links orientiert sind?
Nicht alle. Aber es gibt viele, die gesellschaftlich konservativ denken und trotzdem Mitte-links wählen – wenn es etwa zwei italienische Bürgermeisterkandidaten zur Auswahl gibt. Gleichzeitig gibt es Wirtschaftskreise und auch einen Teil der Landwirtschaft, die eher zu Mitte-rechts tendieren. Die SVP in Bozen ist also keineswegs einfach „links“. Sie spiegelt viele Strömungen wider. Dass es rechts von uns kein starkes Angebot gibt, zeigt auch, dass wir diese konservativen Kreise gut vertreten.
Erst der historische Sieg in Leifers, dann Zellers Sieg in Meran – damit ist das gesamte Burggrafenamt wieder in SVP-Hand. Ein persönlicher Erfolg?
Nein, das ist in erster Linie der Verdienst der jeweiligen Kandidatinnen und Kandidaten vor Ort. Meine Aufgabe als Parteiobmann war es, Ruhe in die Partei zu bringen. Dass es gelungen ist, die Geschlossenheit der SVP zu zeigen, freut mich. Aber der Erfolg gehört den Menschen, die den Wahlkampf geführt haben.
„Deshalb wollen wir ein Grundsatzprogramm entwickeln, das offen, aber klar genug ist, um Orientierung zu geben.“
Vor rund einem halben Jahr meinten Sie in einem Interview mit SALTO, dass es nach den Wahlen auch darum gehen werde, die SVP inhaltlich zu konsolidieren. Wann ist es so weit?
Genau das war heute Thema in der Parteileitung. Wir haben festgestellt, dass viele in der Partei nicht mehr genau wissen, wofür die SVP inhaltlich steht. Als Sammelpartei haben wir kein ideologisches Korsett, aber wir brauchen Leitplanken. Wir müssen erkennen, was unser Markenkern ist. Deshalb wollen wir ein Grundsatzprogramm entwickeln, das offen, aber klar genug ist, um Orientierung zu geben. Der Prozess soll in den nächsten Wochen starten. Jetzt, wo keine Wahlen anstehen, ist der richtige Moment.
Möchte die Worte von Steger…
Möchte die Worte von Steger korrigieren, die SVP ist mittlerweile ein großes Auslaufmodell. Hauptsächlich bei den Jungen Leuten.