Kultur | Salto Weekend

Verkörperte Inhalte

Der international bekannte Käpt'n Rummelsnuff brachte gestern etwas Seemannsluft und Elektropunk nach Brixen. Salto hat ihm ein paar Fragen gestellt. Und Antwort erhalten
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Foto: Josef Rainer

salto.bz: Sie kommen bei ihrem Konzert in Brixen mit einem AHOI daher, in einem Land wo die Leute HOI sagen. Sehen Sie, abgesehen davon, Ähnlichkeiten zu der von Ihnen gefühlten und performten Seemannsromantik?

Käpt'n Rummelsnuff: Käpt'n Rummelsnuff fühlt sich in Brixen mit seiner uralten Tradition und der traumhaften Bergkulisse ebenso verbunden wie dem Meer und den Flüssen.
Darüber hinaus geht es ja auch in den Liedern um viel mehr als nur um Seemannsromantik und Seemannsgarn. Rummelsnuff verkörpert Inhalte wie die Arbeit und die Arbeiter, er singt von Sport und besonders gern vom schweren Eisensport oder auch von den Speisen aus seiner ostdeutschen Heimat.
 

Rummelsnuff und Asbach machen gern mal Ausflüge in andere Sprachgefilde. Auch Lieder in Russisch, Französisch oder auch Italienisch haben wir im Albumrepertoire.


Einer der Songs "Salutare" tönt italienisch und steht in der Übersetzung für Grüßen. Welche Grußbotschaft wollen Sie mit Ihrer Musikperformance vermitteln?

Salutare enthält den Text eines traditionellen, rumänischen Frühlingsliedes. Maat Asbach, die stimmlich harmonische Ergänzung zum rauhen Rummelsnuff, hat lange in dem Balkanland mit romanischer Sprache gelebt und spricht zudem auch fast alle anderen romanischen Sprachen. Unser "Vida de Vidro" zum Beispiel hat er selbst in Portugiesisch getextet. Rummelsnuff und Asbach machen gern mal Ausflüge in andere Sprachgefilde. Auch Lieder in Russisch, Französisch oder auch Italienisch haben wir im Albumrepertoire. Auf YouTube könnt Ihr unsere rummelsnuffige Version von "Azzurro" finden. Das Video wurde in Bologna gedreht.
 

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Ahoi am Domplatz: Ein nicht alltägliches Konzert am gestrigen Freitag in Brixen / Foto: Josef Rainer


Musikalisch liegen Ihre Wurzeln in der klassischen Musik. Wie gelang der Bogen zu Elektropunk, zu „derber Strommusik“? 

Es gab von Anbeginn musikalische Begegnungen in der gesamten Bandbreite. Mein Vater, Peter Baptist wie auch sein Bruder Armin waren seit den Fünfzigern Jazzmusiker, deren Namen man damals überall im Osten kannte, meine Mutter wechselte kurz nach ihrem Violinenstudium 1968 als Orgelspielerin und Sängerin in die Beatcombo meines Vaters, meine Großmutter war Klavierlehrerin und in der Musikschule musste der kleine Roger (gesprochen wie geschrieben), also so wurde der heutige Käpt'n genannt, Fagott und Piano lernen. Eins der ersten Orchesterstücke, die er spielen durfte, war die "Feuerwerksmusik".
 

Mal wieder ein richtig schönes, eingängiges und ergreifendes Arbeiterlied.


Welche Rolle spielt klassische Musik aktuell bei Käpt’n Rummelsnuff?

Aus einem der Menuette entstand 2022 die Pumperhymne "Trapezius Brachialis". Das ist eine der offensichtlichsten Brücken zwischen den Genres. Wenn die klassische Erfahrung nicht ohnehin in jeder Komposition vom Rummelsnuff mehr oder weniger leise mitschwingt.

Der Schrauber, die Gerüstebauer, der Heizer, die Müllabfuhr. Immer wieder Arbeiterlieder. Woher rührt dieses sozialistische Songwritertum? DDR-Nostalgie?

In der Tat, Rummelsnuff sieht sich nicht als typischer Vertreter der heutigen Zeit. Jedoch: man muss nicht nostalgisch sein, um über Arbeiter zu singen. Die Arbeit und auch die Arbeiterklasse haben die DDR überlebt. Musik gibt es auch noch. Mit Sicherheit aber liegt die Ursache meines Interesses und meiner musikalischen Beschäftigung mit diesen Themen tatsächlich in meiner Erziehung und den Einflüssen aus der Jugendzeit. Was uns einst bis zur Erschöpfung um die Ohren gehauen wurde, fehlte plötzlich: Mal wieder ein richtig schönes, eingängiges und ergreifendes Arbeiterlied. So begann das und wurde bis heute eine ganze Spielliste von Rummelsnuff-Arbeiterliedern.
 

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Rummelsnuff in der Stadtgalerie Brixen: Geboren 1966 als Roger Baptist in Großenhain im Bezirk Dresden, ist Elektropunk-Liedermacher, Kraftsportler, Türsteher und Selbstdarsteller. Er entstammt einer Musikerfamilie, der Vater leitete als Posaunist die Peter-Baptist-Combo, seine Mutter stand mit Gerd Michaelis und Frank Schöbel auf der Bühne. Seine Kindheit verbrachte Rummelsnuff in Großenhain und Berlin-Köpenick. Seit Ende der 80er Jahre spielte er in verschiedenen Bands, darunter Freunde der italienischen Oper und Automatic Noir, seit 2005 veröffentlicht er als Rummelsnuff Arbeiterlieder, Sporthymnen und Elektroshantys. Mit seinen Alben war er europaweit und in Amerika auf Tour, hinzu kommen diverse Engagements bei Film und Fernsehen sowie am Theater. / Foto: Josef Rainer