Kein Platz für Umweltschutz?

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Ein geplanter Beitrag zur Sensibilisierung für die steigende Verkehrsbelastung im Vinschgau sorgt für Spannungen in Prad am Stilfserjoch. Die Umweltschutzgruppe Vinschgau wollte im Rahmen der 200-Jahr-Feier der Stilfser-Joch-Straße zwei Banner im Ortsgebiet anbringen, um auf die Problematik des zunehmenden Verkehrs hinzuweisen. Nachdem die Umweltschützer anderthalb Monate hingehalten worden waren, verweigerte die Gemeinde die Genehmigung mit einer „fadenscheinigen“ Absage, so die Umweltschützer. Rudi Maurer, Mitglied der Arbeitsgruppe Mobilität innerhalb der Umweltschutzgruppe Vinschgau, erklärt gegenüber SALTO: „Hier handelt es sich um Schikane“.
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Bereits am 6. Mai habe die Umweltschutzgruppe das Gesuch zur Anbringung der Banner beim Bürgermeister eingereicht – ohne Rückmeldung innerhalb der gesetzlichen Frist von 30 Tagen. Nach einer zweiten Nachfrage Mitte Juli sei dann die Absage erteilt worden: Man wolle „einen Wildwuchs an Plakaten und Bannern vermeiden, um ein geordnetes Ortsbild zu gewährleisten“. Für Rudi Maurer ist das nicht nachvollziehbar: „Bei touristischen und sportlichen Veranstaltungen werden regelmäßig und in großer Zahl Banner aufgehängt – da fragt niemand nach dem Ortsbild.“
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Dies untermauert die Umweltschutzgruppe mit reichlich Bildmaterial von diversen Banneraktionen in der Gemeinde Prad. Laut Aussagen waren die beiden geplanten Banner, die auf einem Privatgrundstück entlang der Stilfser-Joch-Straße angebracht werden sollten, Teil einer breiter angelegten Verkehrssensibilisierungsaktion, zu der auch eine Online-Umfrage zum Mobilitätsverhalten von Pendlerinnen und Pendlern sowie Informationsarbeit über Pendlerparkplätze gehörten. Aktivitäten, die von der Umweltschutzgruppe den Bürgermeistern im Vinschgau im Vorfeld vorgestellt wurden.
„Zwei Banner, die für das öffentliche Interesse auf Verkehrsberuhigung hinweisen, und das wird verhindert? Das ist schwer vermittelbar.“
Dem Prader Bürgermeister Rafael Alber zufolge werden Banner in der Gemeinde grundsätzlich abgelehnt, um dem besagten „Plakatwildwuchs“ vorzubeugen: „Auch andere Gruppen, wie z. B. die Veranstalter des Stelvio Trailrun oder des Giro Dolomiti, haben in der Vergangenheit Banner ohne Genehmigung aufgehängt“, diese seien anschließend von der Ortspolizei entfernt worden, so Alber. Die Ablehnung empfindet Maurer dennoch als Schikane: „Zwei Banner, die für das öffentliche Interesse auf Verkehrsberuhigung hinweisen, und das wird verhindert? Das ist schwer vermittelbar.“ Der Bürgermeister weist den Vorwurf der Ungleichbehandlung zurück, die Umweltschutzgruppe Vinschgau betont angesichts des landesweiten Rufs nach Sensibilisierung für die Verkehrsproblematik, die hier vonseiten der Umweltschützer geleistet würde, fraglich bleibe.
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Starke Sogwirkung von Pass-Events
Dabei verweist Maurer, der selbst ehemaliges Mitglied der Gemeindeabteilung für Mobilität in Prad war, auf die zunehmende Belastung insbesondere durch den Ausflugsverkehr auf der Stilfser-Joch-Straße: „An Wochenenden ist es hier kaum auszuhalten, wie mir auch immer wieder von der Lokalbevölkerung mitgeteilt wird“, so Maurer, der selbst an der Straße wohnt. Vor allem die zahlreichen Events am Pass hätten eine „Sogwirkung“, die den Verkehr im ganzen Tal verstärke. „Während bei Sport- oder Gedenkveranstaltungen breite Polizeipräsenz herrscht, fehlen im Alltag jegliche Kontrollen“, so Maurer.
„Die Landesregierung verweist immer auf die Verantwortung Roms, aber diese Dinge können jetzt schon in Angriff genommen werden.“
In anderen Teilen Südtirols fänden größere Bemühungen statt, Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung durchzusetzen. „Selbst Tourismusvereine im Dolomitenraum fordern mittlerweile konkrete Schritte“, erklärt er. „Hier in Prad spricht man von nachhaltiger Mobilität, aber in der Realität sieht man davon wenig. Vor allem fehlt es an Kontrollen und baulichen Maßnahmen. Die Landesregierung verweist immer auf die Verantwortung Roms, aber diese Dinge können jetzt schon in Angriff genommen werden.“
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