Gesellschaft | Verbot?

Voll verschwommen

Burkini – ja oder nein? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Ebenso wie an der aktuellen Debatte, ob der Ganzkörper-Badeanzug der Musliminnen verboten werden soll.

Kaum ein Thema sorgt dieser Tage für derart hitzigen Gesprächsstoff wie der Burkini. Die Diskussion um das Tragen von Kleidung, die den Frauenkörper – zumeist jenen gläubiger Musliminnen – mehr oder weniger verdeckt, ist nich neu. Doch die aktuelle Debatte ist durch die jüngsten Terrorattacken und einigen Wortmeldungen von höchsten offiziellen Stellen um einiges aufgeladen. So sieht etwa die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Vollverschleierung, dem Burka, ein Hindernis für die Integration, wie sie vor wenigen Tagen verlauten ließ. In Österreich denkt Außenminister Sebastian Kurz laut über ein generelles Burka-Verbot nach. Doch auch in Südtirol haben die Freiheitlichen jüngst mit dem Vorschlag aufhorchen lassen, den Burka auf den Straßen von St. Ulrich, wo er von Touristinnen aus arabischen Ländern getragen wird, zu verbieten. Währenddessen lässt die Politik in Frankreich Taten sprechen. Nach Cannes und weiteren Gemeinden an der Côte d’Azur – aber auch im Norden des Landes – hat nun auch Nizza das Tragen des Burkini an seinen Stränden verboten.

In einer Infografik erklärt der Corriere della Sera den Burkini.


Mehr Haut – weniger Terror?

Es scheint, als wolle Frankreich damit auf die islamistisch motivierten Anschläge am 14. Juli in Nizza und am 26. Juli in Rouen, reagieren. In Cannes begründen die Lokalpolitiker das Burkini-Verbot damit, dass es sich dabei um ein Kleidungsstück handle, das “Bezug auf eine Zugehörigkeit zu terroristischen Bewegungen, die uns den Krieg erklärt haben” nehme. Wenige Kilometer weiter spricht der Vize-Bürgermeister von Nizza davon, dass das Verstecken des Gesichtes oder das Tragen eines Badeanzuges, das den gesamten Körper bedeckt, “nicht mit unserer Vorstellung von sozialen Beziehungen” vereinbar sei. Rückendeckung bekommen die französischen Bürgermeister von Ministerpräsident Manuel Valls: Der Burkini sei “unvereinbar” mit Frankreichs Werten, so der Premier.

Das Tragen des Burka ist in Frankreich bereits seit 2011 gesetzlich verboten. Drei Jahre später bestätigte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Verbot.

Doch zugleich wird auch harsche Kritik an Frankreichs Vorgehen in Sachen Burkini laut. Und das weltweit. Absurd, schräg, Teil einer Scheindebatte und nicht hilfreich, sondern kontraproduktiv sei das Burka-Verbot, tönt es dies- und jenseits des Atlantiks. Bei dem Verbot gehe es um “mehr als Religion oder Kleidung”, schreibt die ehemalige Menschenrechtsanwältin Amanda Taub in der New York Times. Nämlich darum, “die nicht muslimische französische Mehrheit davor zu schützen, sich mit der sich verändernden Welt auseinanderzusetzen”. “Die Leute meckern immer, dass sich Muslime stärker integrieren sollen, und wenn wir mit euch zum Schwimmen gehen, ist das auch nicht richtig”, empörte sich eine Hörerin des britischen Rundfunksenders BBC. Wie andere Musliminnen auch ist die Anruferin überzeugt, dass der Burkini eher bei der Integration helfe.

Einziges wirkliches Problem in dieser Sache: Wie frei entscheiden muslimische Frauen, was für sie das Richtige ist? Wir können diese Frage nur beantworten, indem wir muslimische Frauen dazu befragen, möglichst vielfältig, möglichst auch gegensätzlich, in möglichst neugieriger und lösungsorientierter Haltung.

(die Grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa in ihrem Blog)


Und was dann?

Und auch in Italien bleiben die Reaktionen auf die Burkini-Debatte nicht aus. Das Foto, das der Imam von Florenz am vergangenen Mittwoch (17. August) auf seinem Facebook-Profil postet, ging um die Welt und sorgte für derart heftige Kommentare, dass Facebook das Profil von Izzedin Elzir vorübergehend sperrte. Auf besagtem Foto sind mehrere Nonnen zu sehen, die sich am Strand im Meer vergnügen.

Kommentarlos stellte es Elzir auf sein Facebook-Seite – erst nachdem sich die Diskussion im Sozialen Netzwerk immer mehr auflud, lieferte er eine Erklärung nach: Er habe jenen antworten wollen, “die sagen, dass unsere westlichen Werte anders sind im Hinblick auf die Art sich zu kleiden und den Körper zu bedecken”. Zu Sky Tg24 sagte der Imam, er habe mit dem Foto der Nonnen darauf hinweisen wollen, dass ein Teil der abendländischen Werte dem Christentum entstammte und dass es auch in dieser Religion Menschen gebe, die sich in der Öffentlichkeit fast vollständig verhüllten.

Diritti Umani sì ma non per tutti in Francia”, diese Worte postete am selben Tag wie Elzir der Imam des Trentino, Aboulkheir Breigheche, ebenfalls auf Facebook. Das Burkini-Verbot sei falsch, “diskriminierend und unangebracht” und helfe dabei, Extremisten zu rekrutieren, warnt Breigheche, der sich fragt: “Vieteranno anche alle suore di avvicinarsi al mare? E che ne sarà della muta per i subacquei? Non è detto che bisogna essere quasi nudi per andare in piscina o in spiaggia. Ognuno segua le proprie regole morali e religiose, nel rispetto degli altri.

Doch zugleich wird auch harsche Kritik an Frankreichs Vorgehen in Sachen Burkini laut. Und das weltweit. Absurd, schräg, Teil einer Scheindebatte und nicht hilfreich, sondern kontraproduktiv sei das Burka-Verbot, tönt es dies- und jenseits des Atlantiks.

Zwischen Burkini und Burka ist ein riesiger Unterschied. Ich hab mir dazu mal ein bisschen was überlegt:
http://www.brennerbasisdemokratie.eu/?p=31306

Mo., 22.08.2016 - 14:41 Permalink