Umwelt | Kommentar

Weltrettungsprogramm im Kleinformat

Lieber Herr Landeshauptmann, Ihre Landestour für Nachhaltigkeit vergangenes Jahr war ein netter Versuch. Aber Climate Action und die OEW können das mit der Klimashow eindeutig besser.
Marc Zebisch, Verena Dariz
Foto: Anna Mayr
  • Eineinhalb Stunden geballte Informationen zur Klimakrise – das war die erste Vorstellung der Klimashow im Bozner Waltherhaus, organisiert von der OEW, dem Bündnis Climate Action und dem Klima Club Südtirol. Ob Energie, Bauen, Mobilität, Artenvielfalt oder Ernährung – die Handlungsmöglichkeiten sind viele, wir müssen sie nur zu wissen nutzen. Verena Dariz (OEW – Bereichsleitung Bewusster Konsum) und Marc Zebisch (Head of Center for Climate Change and Transformation, Eurac) leiteten durch den Abend, der mit Kurzvideos von Expert*innen aufgelockert wurde und mit einem Theater-Sketch auf der Leinwand auch zum Schmunzeln brachte. 

    Die Klimashow wird heute (21.11.2023) und in den nächsten Tagen durch ganz Südtirol touren, Stationen sind in Brixen, Schlanders, Seis, Algund, Sterzing, Kaltern und Bruneck geplant. Jeden Abend bringen stellvertretend für das gesamte Team andere Speaker*innen die Klimashow über die Bühne. Mit im Gepäck hat das Team keine leichte Kost, die einmal verdaut aber zu langfristig positiven Auswirkungen für unser Land führen könnte. Vorausgesetzt wir probieren auch mal etwas aus, was wir noch nicht kennen, was ungewohnt schmeckt und möglicherweise Blähungen verursacht. Schließlich sollen wir nicht nur einmal probeweise ein Buffet aus veganen Häppchen verkosten, sondern insgesamt weniger Fleisch essen und stattdessen mehr Hülsenfrüchte und Gemüse. 

    Da ist es mehr als verständlich, dass einige im Publikum froh sind, wenn die Show endlich zu Ende ist. Durchgehalten – mein Sitznachbar, ein älterer Herr mit weißem Bart, sagt „fertig“, steht auf, klopft auf meine Schulter und geht. Doch jetzt fängt die eigentliche Show erst an. Denn nach der Vorstellung der Fakten und Lösungen ist das Publikum gefragt, wer mag, kann sich an der Diskussion beteiligen. 

  • Erste Ausgabe in Bozen: Die Veranstaltungsreihe wird von der öffentlichen Hand und Sponsoren finanziert. Foto: Anna Mayr
  • Nach einigen Meldungen aus dem Publikum wird in den ersten Reihen der Klimawandel in Frage gestellt. „Ihr habt euch ja bemüht, aber stimmen eure Fakten überhaupt“, wird da gefragt. Es macht sich Ensetzen und Frust im Publikum breit. Schon wieder wird lieber die Wirklichkeit angezweifelt, als sie zu verändern. Internet, Fake News, der Streit um die Wahrheit, der Kampf um Deutungshoheit ist auch hier im Bozner Waltherhaus zu spüren. 

    Ich schlucke, weiß nicht, ob ich aufstehen und flüchten oder mir das lauter werdende Wortgefecht weiter ansehen soll. Es ist faszinierend, wie emotional Menschen auf eine recht düstere Zukunftsprognose reagieren, auch ich weine manchmal wegen der Klimakrise. Andererseits ist es ebenso beschämend, weil uns die Zeit davon zu laufen scheint. Ich bleibe sitzen, höre nicht mehr zu, bin überwältigt von den Informationen, die gemeinsam ein sinnvolles Bild für den Weg in eine lebenswerte Zukunft ergeben könnten. 

    Am Tag darauf höre ich die Stimme von Verena Dariz am Telefon. Wir sind beide aufgeregt, wollen wissen, was die Menschen da draußen über den Klimawandel wirklich denken. Ich frage sie, wie sie den Abend als Moderatorin erlebt hat – trotz der Kritik. Das hier ist ihr Statement: „Wir sind sehr froh, dass die Klimashow zum Austausch und zur Diskussion anregt. Die Zeit zum Handeln ist wirklich jetzt, deshalb müssen wir mit allen Mitteln die Themen rausbringen und mit wissenschaftlichen Fakten informieren. Dass bei den vorgestellten Lösungsansätzen auch kritische Stimmen zu hören sind, ist ok. Wichtig ist uns, den Fokus auf die Handlungsmöglichkeiten zu lenken und, dass wir mit Zusammenhalt Vieles erreichen. Dazu sind manche Maßnahmen wirklich konkret und einfach und können direkt umgesetzt bzw. eingefordert werden.“

    Der Saal des Waltherhauses war gestern bis auf den letzten Platz besetzt. Die Menschen sind hellhörig geworden. Schließlich bestimmt die globale Erderwärmung auch die Südtiroler Wetterverhältnisse und jedes Zehntel Grad weniger gibt uns mehr Spielraum dafür, eine schönere Zukunft zu bauen. Ich bin gespannt. 

  • Foto: OEW/Climate Action South Tyrol
  • Die Klimashow

    Hitzesommer, Dürren und Sommertage im Herbst, Schneestürme, Windböen: Die Folgen des Klimawandels sind längst spürbar. Seit 1980 ist die Jahresdurchschnittstemperatur in Südtirol um zwei Grad gestiegen. Wissen ist notwendig und Handeln angesagt. Aus diesem Grund laden Climate Action South Tyrol und OEW-Organisation für Eine solidarische Welt zur „Klimashow“ ein. Bürger und Bürgerinnen haben die Möglichkeit, sich bei der 90-minütigen Veranstaltung über die Auswirkungen der Klimakrise in Südtirol und ihre Handlungsoptionen zu informieren. Hier geht’s zur Anmeldung.