Politik | Bozen

Verbannte Kleidung

Nach dem SS-Sweatshirt im Bozner Gemeinderat haben sich die Fraktionssprecher auf einen Verhaltenskodex geeinigt. Andrea Bonazza reagiert hämisch.
Andrea Bonazza sieht sich zuweilen auch als Opfer
Foto: Facebook

Mittlerweile beschäftigt sich die Spezialeinheit der Carabinieri Digos mit dem Sweatshirt von Andrea Bonazza. Wie berichtet, erschien der Vertreter von CasaPound am 13. Dezember mit einem Pulli zur Sitzung des Bozner Gemeinderates, auf dem die Aufschrift “Charlemagne” prangte. Weil es sich dabei um eine Division der Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg handelt, hatte sich Bonazza den Ärger zahlreicher Kollegen im Gemeinderat, aber allen voran der antifaschistischen Organisationen im Land eingehandelt. “Ein weiteres Beispiel dafür, dass ein vorbestrafter Gemeindevertreter keinen Hehl aus seiner neofaschistischen Ideologie macht”, schrieb die Antifa Meran in einer Stellungnahme. Und die Partisanenvereinigung A.N.P.I. prangerte neben Bonazzas Kleiderwahl auch das Stillschweigen der übrigen Gemeindevertreter an: “Abbiate il coraggio di non essere indifferenti!
Im Rathaus hat man sich die Aufforderung zu Herzen genommen. Am Abend des gestrigen Dienstag (20. Dezember) traten die neun Fraktionssprecher des Bozner Gemeinderates zusammen. Gemeinderatspräsident Silvano Baratta (PD) hatte die Sitzung einberufen, um die Räte anzuhalten, ein “respektvolleres Verhalten den Institutionen und den diversen Empfindsamkeiten gegenüber” an den Tag zu legen. Am Ende einigte man sich auf einen – vorerst mündlichen – Verhaltenskodex, der künftig für alle in den Gemeinderats- und Kommissionssitzungen gelten soll.

“So wie es verpönt ist, mit tiefem Ausschnitt oder Minirock zu erscheinen, so sollen auch Kleidungsstücke, die an eine für viele hässliche Vergangenheit erinnern, aus dem Sitzungssaal verbannt werden”, erklärte Baratta im Anschluss an die Sitzung den Journalisten. Einen besonders harten Tonfall schlugen vor allem die Fraktionssprecher der Grünen und der SVP an. “Aufgrund seiner schwerwiegenden Provokation, die Millionen von Opfern beleidigt, kann dieses Sweatshirt nicht mit einem Minirock verglichen werden”, kritisierte der Grüne Tobe Planer im Gespräch mit dem Corriere dell’Alto Adige. Die Bozner Grünen hatten nach den Medienberichten über das SS-Sweatshirt in einer Aussendung “jegliche Form von Verharmlosung von Kriegsverbrechen und Gräueltaten” verurteilt und Bonazza ein “beschämendes Vorgehen” vorgeworfen.

“Inakzeptabel” ist das Sweatshirt auch für Sebastian Seehauser. Der SVP-Vertreter hofft, “dass sich Bonazza an die heute (gestern, Anm. d. Red.) getroffene Vereinbarung hält”, ist aber zugleich überzeugt, dass sich an der Ideologie des CasaPound-Rates auch künftig nichts ändern wird. Wie recht er damit hat, zeigt der Post, den Andrea Bonazza nach der Fraktionssprechersitzung auf Facebook veröffentlicht. Hämisch freut er sich darüber, dass im Gemeinderat “ab heute niemand mehr Kleidungsstücke oder Lätzchen der Partisanen tragen wird – auch dank der Polemiken des A.N.P.I.”.

Renzo Caramaschi, der als Bürgermeister von Bozen bisher selbst an zahlreichen Veranstaltungen des Partisanenverbandes teilgenommen hat, hat für Bonazza nur mahnende Worte übrig. Er bezeichnet den CasaPound-Rat als “einfachen Provokateur, der mit seinem Verhalten der ganzen Stadt Schaden zufügt indem er Polemiken hervorruft, die einzig dazu dienen, für sich selbst Werbung zu machen”. Und weiter: “Warten wir ab, wie die Digos weiter vorgehen wird, aber falls es zu einer Verurteilung kommen sollte, ist das mit dem Amt eines Gemeinderates nicht vereinbar.”