Recht(s) begehrte Ware aus dem Netz
Immer mehr Menschen bestellen heutzutage im Internet. Beinahe alles ist erhältlich und kann bequem vom Computer aus geordert werden. Ein durchaus erfolgreicher Online-Versandhandel ist OPOS Records. Wer noch nie davon gehört hat, kann beruhigt sein. Denn OPOS Records bietet vor allem in der Neonazi-Szene beliebte Ware an. Doch zumindest einigen dürfte der Webshop mit Sitz in Dresden hierzulande sehr wohl ein Begriff sein. Denn unter den über 2500 Namen auf der Liste der Kunden finden sich auch acht Südtiroler. Das geht aus der von Hackern geleakten Kundendatei hervor, die salto.bz über Umwege zugespielt wurde.
Nun scheint nichts Verbotenes daran zu sein, Waren aus einem anscheinend legal betriebenen Versandhandel zu beziehen. Und doch hat sich salto.bz die acht Männer (die vollständigen Kundendaten liegen der Redaktion vor) etwas genauer angeschaut – auch auf den zweifelhaften Ruf von OPOS Records und seines Inhabers hin.
OPOS – “Ein Volk, ein Kampf”
Seit 2007 vertreibt der Dresdner Musikproduzent Sebastian Raack unter dem Label OPOS Records einschlägig bekannte Musik und vertritt zahlreiche Bands, die in der rechten Szene aktiv sind. In einem Onlineshop werden entsprechende Fanartikel sowie Kleidung von bei Neonazis beliebten Modemarken angeboten – sogar als Familienkollektion.
Zwar weist der Anbieter im OPOS-Onlineshop ausdrücklich auf ein Detail hin: “Verbotene oder indizierte Artikel sind nicht erhältlich.” Vermerkt wird das allerdings gleich mit einem auffälligem Nachdruck: “Nachfragen zwecklos.”
Während der Online-Shoppingtour finden sich dann doch recht rasch einige Artikel, die das Prädikat zweifelhaft verdienen. Neben Buttons und Aufnähern mit Aufschriften wie “Odin statt Allah” oder “Odin statt Jesus”, werden etwa auch Feuerzeuge angeboten, deren Verkaufserlös an das Thinghaus in Grevesmühlen geht. Das Gebäude in Mecklenburg-Vorpommern gilt als bekannter Versammlungsort der deutschlandweiten Neonazi-Szene.
Das Logo
Über OPOS erhältlich ist auch “Mäxchen Treuherz”, ein juridischer Ratgeber, der Neonazis in Deutschland Hilfestellung geben soll – für alle, die die bestehenden Rechtsgrenzen voll ausnutzen möchten. Und mit dem Verkauf von Kalendern finanzierte OPOS Records einen Teil der Gerichtskosten für das Medienprojekt MUPINFO, eine der NPD nahe stehenden Plattform. Die Betreiber waren bzw. sind wegen Hetzartikel und Veröffentlichung zahlreicher Adressen von Wahlkreisbüros demokratischer Abgeordneter – infolge der es 2010 zu zahlreichen Anschlägen auf Sitze der SPD und der Linken gekommen ist – angeklagt.
Die Verbindung zum NSU
OPOS-Records-Inhaber Raack selbst ist bereits seit langem kein Unbekannter in der deutschen Neonazi-Szene. Gemeinsam mit seinem Mitbetreiber Michael Lorenz war er bis zu dessen Verbot im Jahr 2000 Mitglied des “Blood & Honour”-Netzwerks. Das Ziel: Nazi-Ideologie durch Musik verbreiten und einen führerlosen Widerstand organisieren. Laut Medienberichten in Deutschland gelten das Netzwerk und seine Aktivisten heute als wichtige Verbindungsstellen zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). Sie unterstützten das später untergetauchte Terror-Trio Beate Zschäpe, Uwe Börnhardt und Uwe Mundlos mit Papieren, Wohnungen, Waffen und Sprengstoff.
In einem Kaufhaus im Stadtzentrum von Dresden betreibt OPOS-Records-Inhaber Raack einen einschlägigen Tattoo- und Bekleidungsladen und organisiert regelmäßig Kundgebungen. Dresden ist nicht nur Dreh- und Angelpunkt der islamfeindlichen PEGIDA-Bewegung und ihrer montäglichen “Abendspaziergänge” (aufgrund begründeter Terrorgefahr wurden diese am vergangenen Montag von der Polizei verboten). Die Elbestadt ist auch Schauplatz des Todes eines jungen Asylanten, der nach der PEGIDA-Demo vom 12. Jänner erstochen aufgefunden wurde. Die Ermittler haben die Gewalteinwirkung bestätigt, vermutet wird ein rechtsextrem motivierter Mord.
Inmitten der tagesaktuellen Ereignisse deutscher Islamfeindlichkeit also, vertreibt Sebastian Raack ungestört hetzerische Musik, völkisches Material und andere bei Neonazis beliebte Artikel.
OPOS liefert nach Südtirol
Doch nicht nur Deutsche bestellen in Sebastian Raacks Webshop, auch in Südirol werden seine Artikel bestellt. salto.bz liegt die Liste der hiesigen OPOS-Records-Kunden vor – offenbar wurde Raacks Kundendatei von Hackern geleakt.
Auffällig ist die Zahl 18, die in einigen der Südtiroler E-Mailadressen vorkommt: 18 steht in Neonazi-Kreisen für den 1. und 8. Buchstaben des Alphabets – AH, als Abkürzung für Adolf Hitler. Doch damit nicht genug der Zweideutigkeiten. Denn während einer der Südtiroler OPOS-Records-Kunden die 18 in seiner E-Mailadresse an den Übernamen einer der Feldmarschälle Hitlers anhängt, verwendet ein anderer die 18 in Verbindung mit der Zahl 14. Diese steht für die “14 words” (englisch: “We must secure the existence of our people and a future for white children”, bedeutet: “Wir müssen die Existenz unseres Volkes und eine Zukunft für weiße Kinder sichern”). Diese Bezeichnung wurde ursprünglich von US-amerikanischen Rassisten verwendet.
Aufnäher, Buttons und – Balladen, vertont von “Arische Jugend”
Unter den Nutzern dieser E-Mailadressen – und damit in Raacks Kundenkreis – finden sich Personen, die den Südtiroler Sicherheitskräften spätestens seit der Aktion “Odessa” bekannt sind oder bekannt sein dürften. Wegen Besitz von rechtsradikalem Propagandamaterial, Verbreitung rechten Gedankenguts sowie physischer und psychischer Gewalt wurde im Zuge von “Odessa” gegen zahlreiche Südtiroler ermittelt. Einige von ihnen wurden später zu Haft- und Geldstrafen verurteilt.
Ein Blick auf den Facebook-Auftritt eines der Südtiroler OPOS-Records-Kunden lässt keinen Zweifel an seiner politischen Gesinnung. Als Profilbild verwendete er für einige Zeit das Logo der Bekleidungsmarke Thor Steinar, die als Erkennungsmerkmal der rechtsextremen und neonazistischen Szene gilt und deren Tragen unter anderem im Deutschen Bundestag sowie in zahlreichen deutschen Fußballstadien verboten ist. Neben einem “Gefällt-Mir” für PEGIDA finden sich explizit völkische Inhalte auf seiner Facebook-Seite. Ein anderer Südtiroler OPOS-Kunde versteckt sich im Internet hinter Pseudonymen germanischer Mythologie-Figuren. Ein weiterer ließ sich die bestellte Ware sogar an seinen Arbeitsplatz liefern.
Die Frage, die sich aufdrängt: Wenn nun also ein mutmaßlicher pakistanischer IS-Sympathisant des Landes verwiesen wird, weil “potentiell gefährlich” – was spräche angesichts der angespannten Situation dagegen, dass die Sicherheitskräfte hierzulande auch an die Tür jener klopften, die eine zumindest bedenkliche ideologische Kultur pflegen? Und sich offenbar ganz legal mit hetzerischem und rechtsradikal angehauchten Material aus Dresden versorgen?
N.B. Die vorliegenden Kundendaten erlauben keinen Rückschluss auf den Zeitpunkt, zu dem die Bestellungen aufgegeben wurden, noch über die gelieferte Ware, den bezahlten Preis oder die Anzahl der Bestellungen.