Wirtschaft | Verbraucherschutz

Eingestürztes Kartenhaus

Der Immobilienfonds „Obelisco“ aufgelegt von der italienischen Post ist ein Totalausfall. Auch Südtiroler und Südtirolerinnen haben dabei viel Geld verloren.
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Foto: Fabio Petrini
Die Südtiroler Verbraucherzentrale (VZS) bemüht ein aussagekräftiges Wortspiel: „Dieser Obelisk ist ein Kartenhaus, keine Steinsäule“.
Besser gesagt ein eingestürztes Kartenhaus. „Oblisco ist nur das jüngste einer ganzen Reihe von skandalösen Ereignissen im Bereich der Geldanlage, bei der tausende KleinsparerInnen auf der Strecke blieben. Es hilft nichts, dauernd von Transparenz und Schutzregelungen zu sprechen, wenn dann die mit der Aufsicht Betrauten nicht überwachen und die entsprechenden Stellen keine Strafen verhängen“ fasst VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus die unrühmliche Geschichte zusammen. 
 

Verpufftes Geld

 
Das Ganze beginnt im Herbst 2005, als die Poste Italiane an ihren rund 14.000 Schaltern die Quoten zu je 2.500 Euro des Fonds „Oblisco“ der Investire SGR platziert, und in Summe 172 Millionen Euro von den Sparern einsammelt. Die Post selbst erhält dabei Kommissionen in Höhe von rund 10 Millionen Euro. 
Ende Juni 2019 hat nun die Verwaltungsgesellschaft des Fonds den Liquidierungsplan desselben genehmigt, in welchem man unter anderem die lakonische Aussage „... in Anbetracht des sich auf Null belaufenden Nettovermögens des Fonds bleibt keinerlei Ausschüttung weder von Gewinnen noch von Kapital übrig“ findet. Die Anleger und Anlegerinnen erhalten damit keinen müden Euro, und der Verlust beläuft sich auf 100 Prozent. „Berücksichtigt man die ausbezahlten bescheidenen Gewinne sowie vorzeitigen Kapital-Rückzahlungen während der Laufzeit (in etwa 300 Euro je Quote), sprechen wir von einem Reinverlust von knapp 90 Prozent“, heißt bei der Verbraucherzentrale.
Auch Südtiroler Anleger habem sich bereits in den letzten Jahren besorgt an die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) gewandt, da die laufenden Quotierungen des Fonds wenig Gutes erahnen ließen. Die Laufzeit des Fonds war mit Ende 2015 angegeben, doch die Verwaltungsgesellschaft hatte sich 3 weitere Jahre eingeräumt, um die Schieflage des Finanzinstruments in den Griff zu bekommen. Ende 2018 ging der Fonds in Liquidierung, und im Juni kam dann die endgültige, bittere Überraschung: von den 2.500 Euro, welche die Sparer für eine Quote bezahlt hatten, werden sie keinen einzigen Euro wiedersehen. 
 

Die einzige Hoffnung ist nunmehr ein Eingriff der Italienischen Post, analog zu den Maßnahmen bei der Liquidierung zweier verlustbehafteter Immobilienfonds in der Vergangenheit (IRS und Europa Immobiliare 1); man hofft darauf, dass diese den Unterzeichnern, welche an den Postschaltern die Quoten zeichneten, aus ihrer misslichen Lage hilft.
 

Überbewertete Immobilien

 
2005 hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Post beim Verkauf des Finanzinstruments jährliche Renditen von 5,5% in Aussicht gestellt. 
Wie ist es dann möglich, dass ein Immobilienfonds dann ein so katastrophales Resultat erzielt? 
Walter Andreaus: „Es fällt schwer, hier nicht das x-te Täuschungsmanöver zu Lasten der SparerInnen zu vermuten.“ Denn von Anfang an enthielt das Obelisco-Paket deutlich überbewertete Immobilien und Assets. Die Wirtschaftszeitung „Il Sole 24 Ore“ berichtetet bereits im Herbst 2018 über ein solches Musterbeispiel: Eine Immobilie in Rom  in der Via Mazzola 66 war für 45,3 Millionen Euro erworben worden, und wurde 2017 für gerade mal 7,3 Millionen Euro wieder verkauft. Bei Verkauf waren gerade mal 34% der Flächen vermietet, schreibt das Wirtschaftsblatt. 
 
 
Auch “La Repubblica” berichtet am 25. Juli 2019 über die Immobilienfonds, die in Italien in den Jahren 2002 bis 2005 platziert wurden (unter ihnen auch Obelisco). Mit diesen Fonds, so Repubblica, hatte das italienische Bankensystem versucht, die Bauindustrie anzuregen. Die Fonds (mindestens 24 Fonds für eine Gesamtsumme von 5 Milliarden Euro) waren dabei jedoch vor allem ein Weg, um den Baulöwen zu Liquidität zu verhelfen, da diese zugleich die größten Schuldner der Banken selbst waren. Praktisch eine große Risiko-Umschichtung von einem Bankkunden auf andere. Und Obelisco und die anderen Fonds erhielten Immobilien mit diskutablem Wert. „Es stellt sich die Frage, ob diese Angelegenheit nicht die Aufmerksamkeit der Staatsanwaltschaft verdienen würde, um zu klären, wie die Geschichte genau ablief, wer dieses „geldvernichtende“ Anlageprodukt erdachte und schuf – und wer es verabsäumte, ordnungsgemäß darüber zu wachen und einzugreifen“, sagt der SVZ-Vorsitzende.
 

Schriftliche Beschwerde

 
Die große Frage ist jetzt: Was können die Südtiroler Zeichner von Obelisco-Quoten jetzt unternehmen? 
In Erwartung der Maßnahmen des gütlichen Schadenersatzes, welche die Post als Platzierer der Quoten vorschlagen sollte, rät die VZS zur formellen schriftlichen Beschwerde. Darin fordert man den Ersatz der erlittenen Schäden, da sich diese nunmehr eindeutig quantifizieren lassen. Eine solche Beschwerde ist unabdingliche Voraussetzung für einen eventuellen Rekurs vor dem Anlegerschiedsgericht (Arbitro per le controversie finanziarie – ACF), das sich in der Vergangenheit bereits einige Male zugunsten der Sparern, die in Immobilienfonds investiert hatten, aussprach.
In Rom sind bereits einige Zivilverfahren in der Sache anhängig; Zeichnerinnen und Zeichner des Fonds haben gegen Poste Italiane geklagt, da sie der Meinung sind, dass bei der Platzierung die Normen des Finanzeinheitstexts und der Consob verletzt wurden, sowohl in Bezug auf das Risiko als auch in Bezug auf das Ausmaß der Geldanlage im Verhältnis zum Ersparten. Walter Andreaus rät aber zu Vorsicht: „Das Einreichen einer Klage ist auf alle Fälle gut abzuwägen, vor allem in Hinblick auf Kosten im Verhältnis zum investierten Betrag, aber auch hinsichtlich der durchschnittlichen Dauer eines Gerichtsverfahrens.