Politik | Handelskammer

Michls Charmeoffensive

Handelskammerpräsident Michl Ebner hat heute die Landtagsabgeordneten in die Handelskammer geladen. Offiziell um zu erklären, wie seine Institution funktioniert.
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Foto: Foto: Salto.bz
Dem Mann braucht niemand zu erklären, wie man Politik macht.
Genau 30 Jahre lang saß Michl Ebner in Rom und Brüssel im Parlament. Er kennt damit die Befindlichkeiten und Bedürfnisse von Politikern bestens.
Ebner kennt aber auch die andere Seite.
Egal ob es darum geht im Meraner Stadttheater zusammen mit dem Staatspräsidenten 130 Jahre Antifaschismus zu zelebrieren oder das Land aus der Brennercom AG zu klagen, der Präsident und größte Aktionär des Athesia Konzerns weiß ebenso gut wie man Lobbyarbeit betreibt.
Dass Michl Ebner seit 10 Jahren als Präsident der Handelskammer Bozen auch eine institutionelle Spielwiese hat, die er leidlich auszunutzen weiß, ist eine weitere Fügung des Systems Südtirol. Nicht immer ist dabei ganz klar, wer die Wirtschaftspolitik in diesem Land macht.
Unter diesen Vorzeichen kann man auch das heutige Treffen sehen.
 

Die Einladung

 
Am 8. November, also sechs Tage bevor der Südtiroler Landtag sich zu seiner ersten, konstituierenden Sitzung trifft, erhalten die 35 Landtagsabgeordneten bereits Post vom Präsidenten der Handelskammer. Der Betreff: „Einladung zur Informationsveranstaltung für die Abgeordneten des Südtiroler Landtages“.
 
In der Einladung heißt es:
 
„Sehr geehrte Landtagsabgeordnete,
es würde mich sehr freuen, Ihnen die Dienstleistungen und die strategische Ausrichtung 2018 - 2023 der Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer Bozen und des Sonderbetriebs Institut für Wirtschaftsförderung vorstellen zu dürfen, damit Sie einen genaueren Überblick über die vielfältige Tätigkeit bekommen.“
 
Unterzeichnet: „On. Dr. Michl Ebner“.
Der Termin: 22. November von 8 bis 10 Uhr am Sitz der Bozner Handelskammer. Die Volksvertreter werden gleichzeitig gebeten sich bis zum 15. November in der Handelskammer anzumelden.
Das Timing legt zumindest eines nahe: Ohne Detailwissen über die Handelskammer kann ein Abgeordneter seine Arbeit im Landtag nicht aufnehmen.
 

Die 14 Apostel

 
Insgesamt 14 Mandatare kamen am Donnerstag der Ebner Einladung nach. Weil der Handelskammerpräsident bereits vor fünf Jahren die Abgeordneten vorgeladen hatte, waren es fast nur Mandatare, die neu in den Landtag eingezogen sind. Mit Ausnahme von Myriam Atz-Tammerle (Südtiroler Freiheit)
Maria Elisabeth Rieder, Alex und Franz Ploner, Josef Unterholzner und Peter Faistnauer vom Team Köllensperger, die drei Lega-Abgeordneten Massimo Bessone, Giuliano Vettorato und Carlo Vettori, sowie der Grüne Hanspeter Staffler, Sandro Repetto (PD) und Diego Nicolini (M5S). Von der SVP waren Jasmin Ladurner und Gert Lanz dabei.
Michl Ebner begrüßte die Volksvertreter und Generalsekretär Alfred Aberer und dessen Stellvertreter Luca Filippi erklärten die Aufgaben, das Organigramm und die Finanzierung der Handelskammer. „Es war durchaus interessant“, sagt einer der Anwesenden. Es folgte eine kurze Diskussion.
Dabei macht allein die Anwesenheit von Gert Lanz deutlich, dass es sich weniger um eine Informationsveranstaltung als um eine erbotene Ehrerbietung gegenüber den Handelskammerpräsidenten und mächtigen Verleger handelt.
 
Der LVH-Präsident und Neo-Landtagsabgeordnete Gert Lanz saß von 2012 bis 2015 im Verwaltungsrat der Handelskammer-Tochter EOS und danach bis zu seiner Wahl in den Landtag im Verwaltungsrat der IDM, an der die Handelskammer mit 40 Prozent beteiligt ist. Man darf annehmen, dass Lanz nach mehr als eine halben Jahrzehnt als Verwaltungsrat es kaum mehr nötig haben dürfte, sich über seinen Hauptgesellschafter informieren zu müssen.
 

Eine Vorbeugemaßnahme?

 
Dass Michl Ebner die Landtagsabgeordneten bereits zweieinhalb Wochen nach den Landtagswahlen zu sich einlädt, dürfte neben der Selbsteinschätzung einen weit profaneren Grund haben.
Die Region finanziert die Handelskammer jährlich mit über 4,8 Millionen Euro und das Land das Wirtschaftsförderungsinstitut (WIFO) der Handelskammer mit rund 500.000 Euro. Im Dezember steht im Landtag und im Regionalrat traditionell die Haushaltsgenehmigung an. Darin enthalten ist auch die Finanzspritze für die Handelskammer und das WIFO.
 
2012 kam es dabei zum Eklat. Weil enthüllt wurde, dass die Handelskammer Rücklagen von 40 Millionen Euro hatte, gelang es dem SVP-Arbeitnehmer Georg Pardeller mit einem Abänderungsantrag im Regionalrat die 4,8 Millionen Euro für die Handelskammer zu streichen. Die Wirtschaft und Michl Ebner tobten.
Im Mai 2013 wurde die Finanzierung mit einem politischen Handstreich im Nachtragshaushalt deshalb wieder gesichert.
Der Vorfall dürfte Michl Ebner aber eine Lehre gewesen sein. Denn die Einladung ist vor allem eine Charmeoffensive in Richtung Landespolitik.
Besser vorher reden als nachher die Feuerwehr rufen zu müssen.