Wirtschaft | start Europe up
Die Zahlen hinter der Serie
Foto: Per Loov/Unsplash
In der Artikelreihe Start Europe Up beleuchten junge Autorinnen und Autoren jede Woche ebenso junge und innovative Unternehmungen und Initiativen. Ob sichere Zyklus-Apps, Faktenchecks mittels künstlicher Intelligenz, gemeinnützige Boutiquen und Supermärkte, sowie revolutionäre Straßen- und Stadtviertelinitiativen. Die Bandbreite schöpferischen Einfallsreichtums in Europa ist groß.
Doch wie sieht es eigentlich mit dem Gesamtbild eben jener kleinen und größeren Realitäten im europäischen Kontext aus? In welchen Städten tummeln sich die meisten Gründerinnen und welche sind die beliebtesten? Wie hat sich der Markt für Start-up-Unternehmen in den letzten Jahren entwickelt und wie steht es um die Geschlechterverhältnisse?
Rekordjahr 2021
Die Bezifferung nicht-profitorientierter kultureller und sozialer Initiativen ist mangels verfügbarer Daten nur eingeschränkt möglich. Startups im unternehmerischen Sinne werden jedoch breit statistisch erfasst. Etwa durch das Startup-Barometer von Ernst & Young (EY). Und die diesjährige Erhebung zeigt: noch nie wurde in Europa so viel in Startups investiert, wie 2021 (rund 88 Milliarden Euro).
Im Vergleich zu 2015, als in Europa laut EY noch 12,6 Milliarden an Investitionen in Startups geflossen ist, bedeutet dies eine Zunahme von fast 600%. Im Hinblick auf die einzelnen Branchen lässt sich vor allem für die Bildungs-, Gaming- und Haushaltsbranche ein großes Wachstum im Vergleich zu 2020 feststellen.
Der Löwenanteil des Investitionsvolumens fließt mit mehr als 30 Milliarden Euro hierbei in das Vereinigte Königreich. Deutschland (17,3 Milliarden €) und Frankreich (11,5 Mrd. €) kommen auch gemeinsam nicht an diese Marke heran. Italien ist unter den 15 Ländern mit dem größten Finanzierungsvolumen das einzige Land, das 2021 im Vergleich zu 2020 einen Rückgang verbuchte und weniger als eine Milliarde (rund 925 Millionen) investierte.
Mit dem Startup-Markt schlechthin, jenem der USA, kann es Europa insgesamt kennzahlenmäßig zwar noch nicht aufnehmen. In einigen Sparten jedoch konnten europäische Unternehmen einiges an Boden gut machen. Im Bereich des Quantencomputing etwa gelang es den Staaten der Europäischen Union, zumindest was die Anzahl an Startups angeht, zu den USA aufschließen. Auch die Sparte der sogenannten grünen Startups, also Unternehmen an, die explizit die Reduktion von Treibhausemissionen als Ziel ausgegeben haben, verzeichnete in Europa Zuwächse. Der Großteil der Investitionen fließt aber nichtsdestotrotz nach wie vor nach Nordamerika.
Beliebtes Berlin
Anders als etwa den USA, spielt sich Europas Startup-Szenerie vor allem in den Hauptstädten ab. Wirft man einen Blick auf die wichtigsten Startup-Städte, so liegt London, zumindest was die Anzahl getätigter Investitionen und deren Volumen angeht, wenig überraschend weit vor den Hauptkonkurrenten Berlin und Paris.
Im Beliebtheitsranking unter Gründern muss sich London der deutschen Hauptstadt allerdings geschlagen geben. In einer von Startup Heatmap durchgeführten Befragung erreichte Berlin bereits das zweite Mal in Folge den ersten Platz unter Europas Startup-Zentren. Auf die Frage, wo Menschen ihr Unternehmen gründen würden, hätten sie die freie Wahl, gaben 37 Prozent der Befragten Berlin an. London würden 33 Prozent, Barcelona noch 20 Prozent als Geburtsort ihres Unternehmens wählen.
Deutschland stellt mit München einen weiteren Standort der besten zehn Startup-Städte, Italien hingegen hat mit Mailand (Platz 12) und Rom (Platz 19) immerhin zwei Städte unter den besten zwanzig. Einen Achtungserfolg im Heatmap-Ranking erzielte hingegen Trient, das als Nummer 43 im Ranking Städte wie Oslo, Istanbul, Köln und Zagreb hinter sich lässt.
Die Gründer
In Sachen Geschlechterparität hat unter den Großstädten Wien die Nase vorne: dort sind 19,2 Prozent der Startup-Gründer weiblich. Damit liegt Österreichs Hauptstadt über dem europäischen Durchschnitt von 16,9 Prozent. Tendenziell haben kleine bis mittelgroße Städte, wie Lissabon (23,2 Prozent) oder Dublin (23,1 Prozent) hinsichtlich des Gründerinnenanteils den Großstädten jedoch etwas voraus.
Auf Länderebene stechen die Niederlande (13 Prozent), Weißrussland (12.9 Prozent) und Lettland (12 Prozent) aufgrund ihres relativ hohen Frauenanteils unter Gründern gemessen an der gesamten weiblichen Bevölkerung hervor. Rund jede achte Frau aus diesen Ländern ist in irgendeiner Form an Unternehmensgründungen beteiligt. Einziges Land, in welchem prozentuell mehr Frauen (5.6 Prozent) Startups gründeten als Männer (5,4 Prozent), ist Spanien.
Auch ein Blick auf die Bildungsklassen bietet interessante Erkenntnisse über Startup-Gründer. Daten aus Deutschland verdeutlichen, dass mehr als ein Drittel (38 Prozent) der Unternehmensgründer mit akademischem Hintergrund ein Studium im Bereich Wirtschaft (etwa Betriebswirtschafts- oder Volkswirtschaftslehre) abgeschlossen hat. Rund ein Viertel (24 Prozent) hat Ingenieurswissenschaften und mehr als jeder Fünfte Gründer Informatik, Mathematik oder Naturwissenschaften (22,6 Prozent) studiert. Nur etwa 6 Prozent der Unternehmensgründer sind Absolventen der Geistes-, Kultur- oder Sozialwissenschaften.
Unabhängig vom Studienfach, wird ein Startup in Deutschland tendenziell jedoch eher von Menschen mit einem höheren Bildungsabschluss aus der Taufe gehoben. Mehr als 87% der Startup-Gründer hat eine Hochschule absolviert.
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