Geburtenabteilungen: Wer hat das Sagen?
Am kommenden Freitag, den 30. Jänner, will Gesundheitslandesrätin Martha Stocker dem SVP-Parteiausschuss ihren überarbeiteten Vorschlag für die Sanitätsreform vorlegen. Fünf Minuten vor Zwölf wird deshalb noch einmal alles dran gesetzt, den bislang größten Zankapfel der Reform zu retten: die Geburtenabteilungen an den Kleinspitälern. Im Mittelpunkt stehen in diesen Tagen einmal mehr die Interpretation der mittlerweile berühmten Vorgaben der Staat-Regionen-Konferenz zur Mindestanzahl von 500 Geburten und dem 24-Stunden Aktivdienst von drei FachärztInnen und einer Hebamme.
„Rom als Ausrede ist zu billig“, behauptete der Wipptaler Anwalt und Rechtsberater der Initiativgruppe Sterzing Alexander Kritzinger bereits Mitte der Woche auf RAI Südtirol. Am Freitag wurde in den Morgennachrichten der ehemalige Gerichtspräsident Guido Bruccoleri nachgereicht. Auch er weise in einem Gutachten nach, dass die Staat-Regionen-Konferenz keinerlei gesetzgeberische Befugnis habe. Die Vorgabe von 500 Geburten pro Jahr sei deshalb rechtlich nicht verpflichtend, sondern nur als politische Absichtserklärung zu sehen.
Trotz dezidiertem Widerspruch von Gesundheitslandesrätin Stocker und ihrem Ressortchef Thomas Mathà springt am Samstag nun auch SVP-Arbeitnehmerchef Helmuth Renzler auf diese Interpretation auf. Wie er, ebenfalls auf RAI Südtirol, erklärt, seien die Vorgaben der Staat-Regionen-Konferenz nur als Leitlinien zu sehen. „Verpflichtend ist nur, dass die Leistung unter Einhaltung bestimmter Qualitätsprinzipien garantiert wird“, sagte Renzler. „Wir haben jedoch ohne weiteres die Möglichkeit, auch andere Standards einzusetzen, die unseren Gegebenheiten angepasst sind.“ Laut dem Arbeitnehmerchef kann auch das Gesundheitsministerium Südtirol in diesem Bereich keinerlei Vorgaben geben, sondern kontrolliere nur die Einhaltung der klinischen Standards. Für eine mögliche Umwandlung der Kleinspitäler in Tageskliniken sei deshalb „ausschließlich die Landesregierung verantwortlich“, so Renzler.