Politik | Interview

“Es gibt nichts Schwerwiegenderes”

SVP-Vizeobmann Karl Zeller über die Kandidatur von Heinrich Aukenthaler in Freienfeld, die Idee von Einheitslisten und die Schmerzgrenze der Volkspartei.
Karl Zeller
Foto: SVP

Heinrich Aukenthaler ist Geschäftsführer des Südtiroler Jagdverbands. Noch. Im Sommer wird der 67-Jährige in Pension gehen.
Heinrich Aukenthaler ist auch Mitglied der Südtiroler Volkspartei. Noch. Beziehungsweise eigentlich schon nicht mehr. Denn seit Kurzem steht fest, dass er am 26. Mai für die Freie Liste von Ex-Bürgermeister Peter Faistnauer bei den Gemeinderatswahlen in Freienfeld antreten wird. Weil er mehrmals gefragt worden sei und es “nicht sinnvoll” finde, “wenn sich in einer eher kleinen Gemeinde die Kandidaten in zwei Parteien aufspalten”. SVP-Mitglied würde er dennoch gerne bleiben, betonte Aukenthaler diese Woche. Doch er hat die Rechnung ohne seine (Ex-)Partei gemacht, wie SVP-Vizeparteiobmann Karl Zeller klarstellt.

 

salto.bz: Herr Zeller, Heinrich Aukenthaler sagt, er fürchte sich nicht vor einem Rauswurf aus der SVP. Darf man trotzdem davon ausgehen, dass die Partei seine Kandidatur für eine andere Liste nicht goutiert?

 

Karl Zeller: Es reicht, das Parteistatut anzuschauen. Die Bestimmung in Paragraf 4 besagt, wer für eine andere Partei gegen die SVP kandidiert, ist automatisch von der Partei ausgeschlossen. Das war die Praxis, die wir immer angewandt haben und deshalb braucht man in diesem Fall gar nicht mehr zu diskutieren.

Auch wenn Aukenthaler sagt, dass er gerne SVP-Mitglied bleiben möchte?

Das Parteistatut spricht eine klare Sprache. Die Mitgliedschaft geht in solchen Fällen “automatisch” verloren. Da brauchen wir gar nichts mehr zu beschließen.

Ich glaube ich nicht, dass wir für den Fall Freienfeld das Parteistatut abändern werden.

Wurde die SVP von der Kandidatur im Vorfeld in Kenntnis gesetzt?

Mir ist nichts bekannt. Ich habe aus den Medien erfahren. Mich wundert es, dass sich der Herr Aukenthaler, den ich kenne und schätze, das nicht vorher überlegt hat – jedes Parteimitglied müsste das Statut eigentlich kennen. Und ich kann mir nur vorstellen, dass er es nicht angeschaut hat. Da hätte er zuerst das Statut lesen müssen – denn es geht nicht darum, was jemand gern hätte oder möchte, sondern auch wenn die Partei wollte nachsichtig sein, kann sie das gar nicht. Weil das Statut das so vorsieht.

Gibt es Ihnen zu denken, dass sich ein SVP-Mitglied auf einer anderen als der Edelweiß-Liste wohler zu fühlen scheint?

Das ist sicherlich nicht schön für uns. Es ist nie positiv, wenn ein Parteimitglied bei einer anderen Partei kandidiert. Wobei Aukenthaler schon sagt, er sieht seine Kandidatur nicht als eine gegen die SVP. Aber laut Statut wird sie trotzdem als gegen die SVP gerichtet definiert. Die Regeln sind für alle gleich und damit auch für Herrn Aukenthaler.

 

Nicht gegen die SVP, sondern für die Gemeinde kandidiere er, sagt Aukenthaler. Er wünsche sich eine Abkehr von der Parteienlogik auf Gemeindeebene und wünscht sich vielmehr eine Einheitsliste. Was halten Sie davon?

Dafür hätte zuerst die SVP entscheiden müssen, dass sie darauf verzichtet, mit dem Edelweiß anzutreten und ein gemeinsames Projekt mit der Bürgerliste macht. Nur sind, soweit mir bekannt ist, die Rahmenbedingungen für eine Friede-Freude-Eierkuchen-Liste in Freienfeld nicht gegeben.

Bei den Gemeinderatswahlen 2015 ist in St. Ulrich das Projekt Einheitsliste zumindest teilweise gelungen. Können Sie der Vorstellung, dass alle Kandidaten parteiunabhängig auf einer einzigen Liste antreten und auf das Parteisymbol verzichten, grundsätzlich etwas abgewinnen?

Die Entscheidung liegt bei der Partei und sicherlich nicht bei einem einzelnen Parteimitglied. In gewissen, besonderen Situationen kann es von der Partei vor Ort so beschlossen werden. In Freienfeld aber wurde beschlossen, selbst anzutreten – mit dem erklärten Ziel, soweit ich weiß, den Bürgermeistersessel zurückzugewinnen.

Die Sache ist eindeutig, das ist eine klare Geschichte.

Der SVP-Landessekretär Stefan Premstaller hat angekündigt, dass der Fall Aukenthaler demnächst in den Parteigremien behandelt werden soll. Wird es eine Aussprache geben? Oder ist die Sache für Sie abgeschlossen?

Ob es eine Aussprache geben wird, weiß ich nicht. Aber das Statut ist klar. Und ich glaube ich nicht, dass wir für den Fall Freienfeld das Parteistatut abändern werden – das kann ich mir wirklich nicht vorstellen. Für eine andere Liste gegen die Partei antreten ist die schwerwiegendste Sache, die du als Parteimitglied machen kannst. Ich glaube zwar, dass wir die demokratischste Partei der westlichen Hemisphäre sind. Aber es gibt eine gewisse Grenze. Und ich glaube, das keine Partei das toleriert. Du kannst nicht beide Füße im selben Steigbügel haben.