Politik | Neuwahlen

Alles neu im Mai?

In Bozen formiert sich eine parteiübergreifende Liste um Freiheitliche und Bürgerunion. Es gibt eine klare Vision, konkrete Pläne allerdings noch nicht.

Die Freiheitlichen und die Bürgerunion lassen den Motor für die Neuwahlen in Bozen warm laufen. Denn das wollen sie sein: ein Motor. “Bozen bedeutet Stillstand. Spagnolli, Ladinser, Steger, die SVP insgesamt und der PD sind Bremser”, sind sich der Freiheitliche Parteiobmann Walter Blaas und Andreas Pöder von der Bürgerunion selten einig. Sie wollen bei den Neuwahlen im kommenden Frühjahr mit- und die Stadt aufmischen. Ein erster Schritt wurde bereits gesetzt. Auf einer Pressekonferenz präsentierten die beiden Oppositionsvertreter ihre Vision von einem neuen Bozen.


Bürgerliche deutsche Mitte

Ihr Credo: “Bozen muss bürgerlicher, mehr aus der Mitte und deutscher regiert werden.” Ihre Idee: “Eine gemeinsame überparteiliche Vorgangsweise der deutschen Oppositionsparteien und all jener Bürger, die die Notwendigkeit einer Alternative zur SVP in Bozen sehen.” Konkrete ausgereifte Ideen oder gar Namen von möglichen Kandidaten können Blaas und Pöder noch nicht vorweisen. Doch haben sie bereits eine erste Liste mit Themen erstellt, die den Wählern präsentiert werden soll: Arbeitsplätze, Sicherheit, öffentliche Flächen, Verkehr stehen unter anderem drauf. “Bozen braucht Impulse”, ist Walter Blaas überzeugt. Bereits Anfang Oktober appellierte er an die Bozner. “Jeder weiß, wo er mich findet.” “Wenn nicht jetzt, wann dann?”, wiederholt Blaas seinen Aufruf, für die deutschsprachigen Wähler in Bozen eine wählbare Alternative zu schaffen.

Unsere Idee ist nicht, als Koalition aus Parteien anzutreten, sondern eine deutsche Liste ins Leben zu rufen, die auf die Unterstützung unserer Landtagsabgeordneten zählen kann. (Blaas und Pöder)

Pöder und Blaas sehen ihre Zeit reif. Das große Interesse, das ihr Projekt in der Zwischenzeit erfahren habe, scheint ihnen Recht zu geben. “Es sind viele Bürger an uns herangetreten, die überzeugt sind, dass sich etwas ändern muss”, berichten Pöder und Blaas. Darunter auch einige, die der SVP nahe stünden, “ehemalige aber auch amtierende Parteimitglieder”, wird verraten. Die beiden Oppositionspolitiker schließen nichts aus. Auch nicht, dass sie eventuell den Bürgermeisterkandidaten der SVP unterstützen könnten. Oder gar mit der Volkspartei gemeinsame Sache machten – unter einer Bedingung: “Dafür muss sich die SVP dezidiert blockfrei erklären.” Denn obwohl alle Türen noch offen stünden, ein No-Go gibt es für Pöder und Blaas: “Gemeinsame Sache mit dem PD machen wir ganz bestimmt nicht.” Der Bozner Ableger der Demokratischen Partei sei mittlerweile weder regierungs- noch autonomiefähig.


Knackpunkt Wahlgesetz

Und da wäre noch ein Tabu, dass fallen müsse, damit in Bozen der Weg für einen “sauberen Neustart”, wie es Pöder nennt, frei werden kann. “Wenn schon eine Ad-Hoc-Wahlrechtsreform für Bozen, dann nur mit einer Reduzierung der Anzahl der Gemeinderäte auf 35. Alles andere hat keinen Sinn”, sagt er. Dadurch würden “natürliche” Zugangshürden geschaffen. Denn jene, die Sepp Noggler in seinem Gesetzentwurf zum neuen Wahlrecht vorschlägt – 7 Prozent für Koalitionen und 3 Prozent für einzelne Parteien – seien vor allem eines: “Ausreden”, meint Pöder. Und gefährlich für eine deutschsprachige Liste, wie sie ihm und Walter Blaas vorschwebt. Er rechnet vor: “Die 7-Prozent-Hürde würde zu einer 27-Prozent-Hürde und die 3-Prozent-Hürde zu einer 12-Prozent-Hürde. Weil eine deutsche Liste aus einem Wählerbecken von nur 20.000 Wählern fischt.”

Chancen, dass auch ein deutschsprachiger Kandidat den Bürgermeistersessel der Stadt erklimmen könnte, sind durchaus gegeben. Allerdings nur, wenn die Stichwahl abgeschafft wird. (Andreas Pöder)

Sowohl Freiheitliche als auch Bürgerunion sind unzufrieden mit dem Gesetzentwurf Nogglers. “Die SVP hat sich dem Veto des PD gebeugt und aus Angst, ihren Partner zu verprellen, auf eine Reduzierung der Gemeinderäte verzichtet. Dabei wäre auch Dieter Steger selbst dafür gewesen”, so ihre Kritik. Noggler hat seinen Gesetzentwurf am gestrigen Montag im Regionalrat eingereicht. “Es ist noch zu früh, um über Obstruktion zu sprechen”, kommentiert Walter Blaas. Allerdings werde er in der Gesetzgebungskommission, in der der Entwurf behandelt wird und in der er, Blaas, sitze, das gemeinsame Beharren auf eine Senkung der Anzahl der Räte noch einmal einbringen. Bereits im April dieses Jahres hatten die Freiheitlichen in einem eigenen Gesetzentwurf die Reduzierung der Anzahl der Gemeinderäte gefordert. “Dieser Entwurf steht immer noch auf der Tagesordnung”, erinnert Blaas. Doch er  stellt eine Vermutung in den Raum, die auch andere wie zum Beispiel Paul Köllensperger, haben: “Es besteht die Möglichkeit, dass Noggler den Gesetzentwurf zurückziehen und ankündigen wird, in einem Jahr eine allgemeine Lösung zu präsentieren.” Dann würde man im Frühjahr mit dem alten Gesetz zu den Urnen schreiten. Alles beim Alten also in Bozen, zumindest was das Wahlgesetz anbelangt. Denn darf man Pöder und Blaas glauben, wird sich in der Parteienlandschaft doch einiges ändern.