Grund zur Sorge?
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Seltene Haustierrassen, deren Bestand eine Obergrenze von 7.500 Tieren nicht überschreitet, werden laut EU-Gesetz mit finanziellen Beiträgen gefördert. In Südtirol sind dies beispielsweise 200 Euro pro GVE bzw. erwachsenem Tier. Beim Grauvieh, das zu den autochthonen Rinderrassen Südtirols gehört und seit jeher als Doppelnutzungsrind gehalten wird, ist diese Grenze mit 13.486 im Herdebuch eingetragenen Tieren allerdings deutlich überschritten.
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Das bereitet inzwischen auch dem Rinderzuchtverband große Sorgen, wie Matthias Wenter auf Nachfrage bestätigt. Der Rinderzuchtverband kümmert sich nicht nur um die korrekte Eintragung und Führung der verschiedenen Herdebücher, sondern in der Folge davon auch, dass die Züchter Ansuchen um den Förderbeitrag für seltene Haustierrassen stellen können. Laut Wenter drehen sich die meisten Fragen der Züchter um die Eintragung in besagtes Register; Sorgen darum, dass die Beiträge irgendwann nicht mehr fließen könnten, mache sich derzeit noch niemand. Dass die Rasse bis heute überleben konnte, ist vor allem den Bauern im Passeiertal, Sarntal, Ultental, Tschögglberg und Regglberg (Deutschnofen und Welschnofen) zu verdanken bzw. ihrer Liebe zur Tradition. Das Grauvieh ist vor allem wegen seiner Weidetauglichkeit in extremen Gebieten, seiner Widerstandsfähigkeit, Fruchtbarkeit, Nutzungsdauer und der unkomplizierten Haltung bei den Bauern beliebt. Wie Wenter berichtet, ist die Gefahr allerdings groß, dass insbesondere Milchbauern auf andere Doppelnutzungsrassen umsteigen, wenn die Förderungen eingestellt werden.
„Mittlerweile ist die Zahl der Kühe, die unter die Milchleistungskontrolle fallen und mit denen man Zucht betreiben kann, nicht mehr so groß“, erklärt Wenter mit Verweis auf die Zuchtziele. Die Größe der Population, wo viele phänotypische Merkmale zur Auswahl stehen, sei dabei das Um und Auf. Verringert sich der Gen-Pool noch weiter, weil Förderungen wegfallen, dann wird langfristig auch der Zuchterfolg infrage gestellt.
Findige LösungWie EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann auf Nachfrage erklärt, liegt eines der Ziele der Europäischen Union in der Erhaltung seltener Haustierrassen, weshalb vor rund zwei Jahrzehnten beschlossen wurde, diese Prämien einzuführen. In Südtirol zählen neben dem Grauvieh noch einige weitere dazu, wie beispielsweise die Pustertaler Sprinzen, Pinzgauer, Noriker-Pferde oder die Villnösser Brillenschafe. „Es freut mich, dass sich der Grauvieh-Bestand so gut erholen konnte“, so Dorfmann, der betont, dass die Förderungen einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet haben, dass die Rasse bis heute erhalten werden konnte. Insofern sei der Erhaltungszustand das Ergebnis dieses Erfolges. Anlass zur Sorge, dass die Prämien gestrichen werden könnten, gebe es zurzeit nicht. Denn einerseits sinke der Viehbestand südtirolweit, andererseits habe man diese Diskussion bereits vor einigen Jahren geführt, als die Grenze noch bei 5.000 Tieren lag. Seinerzeit ist man zur Erkenntnis gekommen, dass diese Bestandsgröße für einen guten Erhaltungszustand nicht ausreiche und hat die Grenze neu festgelegt auf die eingangs erwähnten 7.500 Tiere. Weit größere Sorgen bereiten dem EU-Politiker vor diesem Hintergrund die Wolfsrisse, die beispielsweise den Erhalt der Villnösser Brillenschaf bedrohen.