Nichts Neues aus Trient

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„Nein, wir haben leider noch nichts gehört“, teilt Andreas Colli, Vorsitzender des „Signa-Spendenausschusses“ auf Nachfrage von SALTO mit. Der U-Ausschuss wurde im Zuge der Ermittlungen gegen den Signa-Konzern und den Wirtschaftsberater Heinz Peter Hager auf Antrag der Abgeordneten der Oppositionsparteien (mit Ausnahme von Thomas Widmann und Andreas Colli) eingerichtet und hat im Januar seine Arbeit aufgenommen. Der U-Ausschuss soll die Ermittlungen gegen den Signa-Konzern und Heinz-Peter Hager, den Einfluss von Privatpersonen und Unternehmen auf politische Entscheidungen sowie den damit verbundenen Spendengeldern an die SVP untersuchen. Wie berichtet, hat sich Colli mit der Staatsanwaltschaft in Trient in Verbindung gesetzt, um auszuloten, ob und welche Dokumente dem U-Ausschuss zur Verfügung gestellt werden können. Doch was ist, wenn die Trientner Staatsanwaltschaft die Unterlagen nicht aushändigt? Hat es dann noch einen Sinn, weiterzumachen? SALTO hat bei den Ausschuss-Mitgliedern nachgefragt. Dabei zeigten sich alle – sowohl die Vertreter der Regierungsmehrheit als auch jene der Opposition – überzeugt davon, dass der Untersuchungsausschuss weitermachen soll, auch wenn diese wichtigen Unterlagen fehlen.
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Andreas Colli: Der Vorsitzende des „Signa-Spendenausschusses“ erwartet sich von den Anhörungen durchaus interessante neue Erkenntnisse. Foto: Privat
Vorsitzender Colli erhofft sich von den Anhörungen – die Liste und die Reihenfolge der anzuhörenden Personen soll heute festgelegt werden – „durchaus interessante neue Erkenntnisse“. Sein Stellvertreter Harald Stauder (SVP) meint dazu, dass der Ausschuss die Arbeiten mit jenen Mitteln fortsetzen wird, die ihm zur Verfügung stehen. „Je mehr, desto besser. Im Laufe der nächsten Wochen wird man sehen, wie sich die Arbeiten gestalten lassen.“ Für Anna Scarafoni (Fratelli d‘Italia) ist das Thema Untersuchungsakten noch nicht abgeschlossen, schließlich habe man von der Justiz in Trient noch keine negative Antwort erhalten. Auch wenn der bürokratische Iter, um Zugang zu den Dokumenten zu erhalten, sich in die Länge ziehen könnte, will man abwarten und dann eine Entscheidung über die vorhandenen Unterlagen treffen. Laut Landesrat Christian Bianchi, der sich ebenfalls für eine Fortsetzung der Arbeit ausspricht, sei es von Anfang an klar gewesen, dass der Untersuchungsausschuss in einem sehr delikaten und heiklen Umfeld operiere, in dem sich die Aufgaben des Ausschusses mit jenem der Justiz kreuzten.
Sandro Repetto: Der PD-Politiker, der seinerzeit den Vorsitz im Untersuchungsausschusses „WIRNEUSNOI“ führte, erwartet sich auch vor diesem Hintergrund neue Erkenntnisse. Foto: SeehauserfotoEtwas fordernder und bestimmter klingen die Stimmen aus den Reihen der Opposition, auch setzt man hier große Hoffnungen in die Anhörungen. So erklärt Sandro Repetto (PD), dass die Fortführung der Arbeiten durchaus sinnvoll seien, schließlich laute eine der Aufgaben, die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses „WIRNEUSNOI“ einfließen zu lassen – Repetto war seinerzeit Vorsitzender dieses Ausschusses, in welchem ebenfalls versucht wurde, die Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft unter die Lupe zu nehmen. Eine weitere Aufgabe sieht der PD-Politiker in einer offenen Diskussion bzgl. Privat-Investitionen im öffentlichen Raum, schließlich gebe es auch positive Aspekte bzw. bringe dies Wohlstand, Beschäftigung und Wachstum. Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) zufolge, habe der Untersuchungsausschuss die Aufgabe, die politische Bewertung rund um Benko-Hager und die Spendenpraxis der SVP zu untersuchen, genauso wie die Indizien auf Einflussnahme von finanzstarken Unternehmern mit ganz klarem Eigeninteressen auf Südtirols Politik und Medien. „Je mehr Unterlagen dem Ausschuss zur Verfügung stehen, desto genauer können wir arbeiten. Angesichts des großen Umfangs der zu untersuchenden Gegenstände bleibt genug zu tun und vielleicht werden uns die Unterlagen von der Staatsanwaltschaft zu einem späteren Zeitpunkt doch noch zur Verfügung gestellt“, so Leiter Reber.
„Je mehr Unterlagen dem Ausschuss zur Verfügung stehen, desto genauer können wir arbeiten.“
Brigitte Foppa von den Grünen ist von der wesentlichen politischen Bedeutung der Untersuchungen überzeugt. „Wir sind nicht die Staatsanwaltschaft und verfügen nicht über deren Mittel und Ausstattungen, die Staatsanwaltschaft wird ihre Arbeit tun, wir unsere“, so Foppa. Die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft seien sicher ein wichtiger Bestandteil, aber nicht allein ausschlaggebend für die Arbeiten des Ausschusses, glaubt auch Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit und erklärt: „Dieser hat ja vor allem die politische Verantwortung zu klären. In diesem Sinne soll und muss der Ausschuss auch ohne Einblick in die Ermittlungsergebnisse arbeiten.“ Jürgen Wirth Anderlan (JWA) will den U-Ausschuss nutzen, um Erfahrung zu sammeln und um die Vorgangsweise und Abläufe zu verstehen. „Mir war natürlich auch klar, dass, solange laufende Ermittlungen stattfinden, wahrscheinlich nur die wenigsten zu einer Anhörung kommen werden und dass auch eine Akteneinsicht nicht genehmigt wird. Nichtsdestotrotz ist es trotzdem unsere Aufgabe, alles zu versuchen, um politische Zusammenhänge zu verstehen, und da gibt es dann doch noch gar einige Akteure, die uns darüber Auskunft erteilen können und gegen die nicht ermittelt wird. Allerdings bin ich der festen Überzeugung, dass ein Corona-Untersuchungsausschuss weit mehr gebracht hätte, auch aufgrund der Tätigkeit dieser Corona-Aufwärmgruppe bei der rein gar nichts weiter geht.“
Nächste SchritteZu der bereits festgelegten Zeugenliste wurden heute weitere Namen hinzugefügt, insgesamt sind es nun 30 Personen, die angehört werden sollen. Während man noch immer auf Nachricht von der Staatsanwaltschaft von Trient und den betroffenen Gemeinden wartet, in denen Bau-Projekte umgesetzt wurden, die in Zusammenhang mit den Untersuchungen stehen, wurde ein Antrag um Aushändigung der Ermittlungsergebnisse zu den Wahlkampfspenden 2018 seitens der Carabinieri abgelehnt – diese Akten liegen nämlich bei der Staatsanwaltschaft. „Wir werden deshalb auch die Staatsanwaltschaft kontaktieren und um Aushändigung der Unterlagen ersuchen“, so Colli, der berichtet, dass man hingegen den Abschlussbericht der Finanzpolizei in dieser Causa zugestellt bekommen habe. Weiters will man mit den NEOS in Wien Informationen austauschen, denn auch in Österreich laufen die Ermittlungen zu René Benko. Die nächste Sitzung wird Ende April stattfinden, am übernächsten Termin (23. Mai) fällt der Startschuss zu den Anhörungen bzw. der eigentlichen Arbeit.
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