Die Angst vor noch mehr Lärm
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Eigentlich hätte der Beschluss für eine Abänderung des Bauleitplanes von Gewerbegebiet in ein Sondernutzungsgebiet bzw. in eine Zone für Energieerzeugung bereits auf der letzten Sterzinger Gemeinderatssitzung getroffen werden sollen, welche Ende September abgehalten wurde — doch es kam alles anders. Nach einer hitzigen Diskussion wurde die Entscheidung mit den Stimmen der Regierungsmehrheit schließlich vertagt. Einzig Bürgermeister Peter Volgger sprach sich dagegen aus. Offensichtlich ist es Volgger aber in der Zwischenzeit gelungen, die Abweichler auf Kurs zu bringen: Der Tagesordnungspunkt wurde in einer geheimen Abstimmung mit 13 Ja, vier Nein und einer Enthaltung angenommen. Auch dieser Entscheidung ist wiederum eine Diskussion vorausgegangen, die sich im Anschluss an die Sitzung auf die Straße verlagerte – mit Beteiligung einiger Anrainer, die ihren Unmut über diese Entscheidung ausdrückten, sowie Bürgermeister Volgger und Unternehmer Peter Paul Mader, der mittlerweile bei jenem Unternehmen federführend tätig ist, welches das neue Fernheizwerk in der Gewerbezone errichten möchte, und zwar der Thermo Wipptal AG. Die Anrainer fürchten insbesondere einen Anstieg der Lärmbelastung sowie eine Wertminderung ihrer Immobilien, schließlich wolle niemand so eine Anlage vor seiner Haustür haben. Auch wurden die möglichen Synergien, die sich im Zusammenhang mit dem Milchhof Sterzing ergeben würden, in Frage gestellt. Dies sei jedoch ein wesentlicher Punkt, entgegnete Mader im Laufe des Gesprächs, denn durch eine direkte Anbindung wäre der Milchhof in der Lage, jährlich eine Million Liter Schwer-Öl einzusparen. Je weiter die Entfernung bzw. je länger die Leitungen, umso höher der Energieverlust. Auch versprach er den Anrainern, alles zu tun, um die Situation in ihrem Sinne zu verbessern. Man ging zwar nicht im Konsens auseinander, aber friedlich und auf Augenhöhe.
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In der Gemeinderatssitzung selbst betonte insbesondere SVP-Gemeinderat Werner Graus, dass er den gewählten Standort für nicht geeignet hält. Dieser liegt in unmittelbarer Nähe zu einer Wohnsiedlung und zu einer Tourismuszone. Ins Feld führte Graus vor allem die zu erwartende Verkehrszunahme, denn bereits jetzt seien die Anrainer durch den Verkehr auf der Staatsstraße, die Richtung Ratschings führt, hohen Lärmbelastungen ausgesetzt. Das Thema Lärm wurde auch in einem offenen Brief angesprochen, den rund 80 Anrainer an die Gemeindeverwaltung und an die Medien weitergeleitet hatten. Ihrer Meinung nach sei das Lärmgutachten, welches im Zusammenhang mit der Bauleitplan-Änderung erstellt worden war, unvollständig und nicht ausreichend. Diese Aussagen sollten mit der Stellungnahme eines Vorarlberger Ingenieurbüros untermauert werden. Dem hielt Volgger entgegen, dass bei Vollauslastung mit maximal vier LKW-Fahrten pro Tag zu rechnen sei, Ladetätigkeiten mittels Radladern werde es nicht geben, da die Anlage automatisch betrieben würde, auch Lärmbelästigungen aufgrund von Betriebs- und Notkühlern sowie Gasfackeln seien nicht zu erwarten, da es sich nicht um ein mit Öl betriebenes Kraftwerk handle. Im Zuge seiner Ausführungen verwies Volgger auch auf die vor Kurzem von der Geschäftsführung des Milchhofes getroffene Entscheidung, die Energieversorgung in den kommenden Jahren von Schwer-Öl auf eine nachhaltigere umzustellen. Das dafür benötigte 105 Grad heiße Wasser könne nur geliefert werden, wenn sich die entsprechende Anlage in unmittelbarer Nähe befindet. Dies sei durch das Land überprüft worden, welches bereits seine Zustimmung signalisiert habe, so Volgger. Die Entscheidung des Gemeinderates werde nun an die Autonome Provinz Bozen weitergeleitet, welche ihrerseits einen Beschluss fassen wird, anschließend gehe es an die Änderung des Durchführungsplanes. Wie die Gemeinderäte der regierenden Bürgerliste „Für Sterzing Wipptal“, Heinrich Forer und Verena Debiasi, erklärten, überwiegen bei dieser Entscheidung die Vorteile, die auch im Sinne des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit zu sehen seien. „Unser Ziel ist es, die Situation für die Anrainer zu verbessern und nicht zu verschlechtern", betonte Bürgermeister Volgger abschließend.