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Fettes Sparschwein

Die Fraktionsgelder im Landtag und im Regionalrat sind für die großen Parteien – wie die Südtiroler Volkspartei – zu einem sich dauernd vermehrenden Geldhaufen geworden.
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Am Ende wird es viel buchhalterische Phantasie brauchen. Sehr viel.
Nur so wird man aus einer absurden Situation herauskommen, in der sich die Politik selbst hineinmanövriert hat.
Es ist eine Sackgasse. Auf der einen Seite steht eine politische Klasse, die getrieben vom Sparfuror der Wutbürger schnelle und populistische Lösungen gesucht hat. Und auf der anderen Seite stehen Parteien und Bewegungen, die unheimliche Angst vor dem Staatsanwalt haben.
Das Ergebnis: Man mästet seit zwei Jahren mit öffentlichen Geldern ein Sparschwein, das monatlich immer fetter und fetter wird, aber kaum geschlachtet werden kann. Das Sparschwein ist die Kasse der großen Fraktionen im Landtag und Regionalrat.

Doppelte Finanzierung

Es ist eine Errungenschaft der Autonomie. Fast alle Privilegien für Politiker werden in Südtirol doppelt bezahlt. Einmal im Landtag und ein zweites mal im Regionalrat. Das gilt für den Fahrtkostenzuschuss, wie auch für die Reisevergütung. Vor allem aber gilt das für die Fraktionen. Obwohl in den meisten Fällen die Fraktionen im Landtag und Regionalrat völlig deckungsgleich sind, erhalten die politischen Gruppierungen zwei völlig getrennte Finanzierungen.
Für die Parteien war diese Doppelfinanzierung viele Jahre lang ein willkommener Segen. Vor allem die großen Parteien wie etwa die SVP machten die Fraktionsgelder zu einer indirekten Parteifinanzierung. Durch einen Trick, der jahrzehntelang völlig legal und offen praktiziert wurde.
Wie man unterm Edelweiß dabei vorging, lässt sich anhand der Abrechnungen der Fraktionen aus dem Jahr 2012 nachvollziehen. 2012 erhielt die SVP-Fraktion fast eine halbe Million Euro an Fraktionsgeldern. 297.050,45 Euro vom Landtag und weitere 198.115,50 Euro vom Regionalrat.
Der Löwenanteil dieser Gelder wurde für drei Dinge ausgegeben: Personal, Aufwandsentschädigung des Fraktionsvorsitzenden und Mieten und Dienstleistungen aus der SVP-Parteistruktur.
Für das Fraktionspersonal zahlte man 2012 aus dem Fraktionstopf des Landtages 2012 98.612,51 Euro. Dazu kommen noch einmal 62.088,75 Euro an Personalkosten aus dem Fraktionstopf des Regionalrates. Die Ämter des Fraktionsvorsitzenden im Landtag und Regionalrat waren in der SVP, Teil des politischen Versorgungssystem. Denn sie wurden durch Zulagen bezahlt. So erhielt der Vorsitzende der Landtagsfraktion 2012 44.738,95 Euro an Amtsentschädigung und jener der Regionalratsfraktion immerhin 28.403,58 Euro.
Der größte Posten in beiden Fraktionsabrechnungen zusammengerechnet sind aber die „externe Dienstleistungen“. 80.000 Euro gab die Landtagsfraktion für Ausgaben für Tätigkeiten der Fraktion, die an Außenstellen erfolgen, externe Dienst- und Serviceleistungen und Miete für Räume außerhalb des institutionellen Fraktionssitzes aus. Die Regionalratsfraktion verbuchte im selben Jahr im Posten „Externe Dienst- und Serviceleistungen“ sogar 111.000 Euro.
Selbstredend, dass alle diese Serviceleistungen von der SVP-Parteistruktur erbracht wurden und die Mieten für die Parteilokale bezahlt wurden, in denen die Abgeordneten ihre Sprechstunden abhielten. So wanderte fast die Hälfte der halben Million Euro direkt in die Parteikasse der SVP.
„Vor allem die großen Parteien wie etwa die SVP machten die Fraktionsgelder zu einer indirekten Parteifinanzierung. Durch einen Trick, der jahrzehntelang völlig legal und offen praktiziert wurde.“

Die Neuregelung

Im Zuge des Rentenskandals und in der Folge des Monti-Spardekretes kam es 2013 aber zu einer Neuregelung der Fraktionsgelder. Auf seiner letzten Sitzung verabschiedete der Regionalrat am 10. September 2013 eine neue „Verordnung über die Leistungen zugunsten der Fraktionen des Regionalrates und diesbezügliche Rechnungslegung“.
Dabei wurden nicht nur die Zuwendungen deutlich gekürzt, sondern auch der Verwendungszweck eingeschränkt. Die wesentlichen Punkte der Reform:
  • die Fraktionen erhalten maximal 5.760 Euro jährlich pro Fraktionsmitglied;
  • Die Personalkosten der Fraktionen werden grundsätzlich von den jeweiligen Landtagen übernommen;
  • Der Fraktionsvorsitzende kann jedenfalls pro Fraktionsmitglied die Zuweisung eines jährlichen Betrages von maximal 5.400 Euro zu Lasten des Regionalratshaushaltes beantragen, um die Ausgaben für das Personal, das mit einem Vertrag für eine befristete Zusammenarbeit oder mit abhängigem Arbeitsverhältnis oder selbständiger Arbeit eingestellt worden ist, zu decken.
  • die Gelder dürfen ausschließlich für institutionelle Zwecke, Studien-, Publikations- und Kommunikationstätigkeiten verwendet werden;
  • Die Vergütung für Fraktionssprecher und ihre Stellvertreter wurde abgeschafft.
Es ist die Regelung, die aktuell angewandt wird.

Der Rechnungshof

Die Staatsanwaltschaft am Rechnungshof aber auch die Staatsanwaltschaft am Landesgericht haben sich in den vergangenen Jahren die Abrechnungen der Fraktionen genau angeschaut. Dabei kamen einige Unregelmäßigkeiten zu Tage. Mehrere Fraktionssprecher wurden verurteilt und zur Kasse gebeten.
 
Seitdem getrauen sich die Parteien und Fraktionen fast nichts mehr. Vor allem aber ist der Trick mit dem man jahrzehntelang indirekt die Parteien finanziert hat, plötzlich obsolet geworden. So findet man in den vergangenen Abrechnungen der SVP-Fraktion keinen Cent mehr für externe Dienstleistungen, Anmietung von Parteistrukturen oder Personal. So als würden die Fraktion über Nacht jede Sprechstunde abgeschafft haben. Das Eisen scheint derzeit zu heiß.
Die Folge: Die großen Fraktionen wie die SVP und PD schaffen es nicht mehr das Fraktionsgeld auszugeben, das sie in der Region und im Land bekommen.

Die Überschüsse

Im Geschäftsjahr 2014 hat die SVP vom Regionalrat 108.528 Euro bekommen. Davon ausgegeben hat die Fraktion 3.361,74 Euro für Beratungen, Studien und Aufträge, 110,80 für Telefonspesen und 728 Euro für Bücher, Zeitungen und Veröffentlichungen. So verblieben in der Fraktionskasse der SVP-Regionalratsfraktion Ende 2014 102.314,08 Euro. 2015 ergibt sich dasselbe Bild. Einnahmen von 99.018,11 Euro stehen Ausgaben von 2.012,96 Euro gegenüber.
Allein im Regionalrat sitzt die SVP-Fraktion Ende 2015 auf einem Kassenbestand von knapp 200.000 Euro. Dazu kommt noch das Geld des Landtags. Dort zahlt die Fraktion zwar – nach dem gescheiterten Verfassungsreferendum - weiterhin das Personal, weil aber auch hier Mietkosten und Amtsentschädigungen für die Sprecher wegfallen, bleiben auch hier viel Geld übrig. Ende 2015 hat die SVP-Fraktion einen Überschuss von 158.492,90 Euro für laufende Ausgaben und von 207.421,05 Euro für Personalkosten.
Rechnet man das Ganze hoch, so wird das Sparschwein allein der SVP-Fraktion am Ende dieser Legislatur mit gut einer Million Euro gefüllt sein.
Dieselbe Rechnung gilt auch für alle anderen Landtags- und Regionalratsfraktionen. Weil diese aber bedeutend kleiner sind, geht es auch um geringer Summen.
Doch eine Frage bleibt bei allen dieselbe: Ist das Horten von Geld wirklich der Sinn der Fraktionsgelder?