Corona raubt Kräfte
Das Coronavirus hat Südtirol fast ein Jahr nach dem ersten Fall fest im Griff. Vor allem die Krankenhäuser. 32 Covid-Patienten werden aktuell auf den eigens dafür eingerichteten Intensivstationen betreut, 217 Patienten auf den Covid-Normalstationen. Doch auch abseits davon steigt die Sorge: Wie viel Druck können die Spitäler noch aushalten? “In den Nicht-Covid-Abteilungen sind wir an den Grenzen angelangt, die wir als Mediziner nicht mehr akzeptieren können, ohne sie mitzuteilen.” Diesen Hilferuf lanciert Reinhold Perkmann, Vorsitzender der Primar-Gewerkschaft ANPO. “Es wird immer schwieriger, Nicht-Covid-Patienten zu behandeln, wie es sein sollte”, so die Warnung des Primars an der Abteilung für Gefäß- und Thoarxchirurgie am Landeskrankenhaus Bozen. Dort werden zwei Drittel aller Covid-Patienten betreut. Das dafür notwendige Personal, vor allem Pflegekräfte, wurde aus anderen Abteilungen abgezogen. Infolge wurden Betten reduziert, Abteilungen zusammengelegt.
Dieser akute Personalmangel, der sich zum chronischen Mangel an medizinischem Personal dazu kommt, führt dazu, dass die Versorgung gefährdet ist: stationäre Aufnahmen sind kaum möglich, OPs müssen verschoben werden, weil die Pflegekräfte fehlen. “Es ist ein täglicher Tanz auf Messers Schneide, und wir sehen derzeit kein Licht am Ende des Tunnels”, zitiert die Dolomiten Perkmann.
Tief besorgt zeigt sich Alfred Ebner, Generalsekretär der Rentnergewerkschaft im AGB/CGIL. Wenn die Nicht-Covid-Stationen in den Krankenhäusern, so wie aktuell, auf Sparflamme liefen, seien besonders ältere Menschen und chronisch Kranke betroffen. “Die Gesundheit jener Menschen wird beeinträchtigt, die eine fristgerechte Behandlung ihrer akuten und chronischen Krankheiten benötigen”, befürchtet Ebner. Er fordert, “dass Lösungen für die Wiederaufnahme der zur Zeit, eingeschränkten Tätigkeiten gesucht werden”.
Die Rentnergewerkschaft im CGIL sei mit den Beschäftigten im Sanitätsbereich solidarisch. Es sei “inakzeptabel, dass angesichts der Alarmstimmung im Gesundheitsbereich dieses Thema im Moment kaum als Problem wahrgenommen wird”, prangert Ebner an. Und weiter: “Wir verstehen die zahlreichen Forderungen eines Teils der Wirtschaft, um arbeiten zu können. Ebenso wichtig sind aber auch die Sorgen des Gesundheitspersonals, das an vorderster Front tätig und im Dauerstress ist, angesichts der vielen Neuinfektionen, die nicht auf ein absehbares Ende der Pandemie hindeuten. Die zeitliche Verschiebung notwendiger Leistungen kann nicht zum Dauerzustand werden. Man muss endlich allen Gesundheitsleistungen mehr Aufmerksamkeit widmen. Deshalb sollte man bei den zu treffenden Entscheidungen nicht nur die Infektionszahlen von Covid19, die natürlich der wichtigste Aspekt sind, berücksichtigen, sondern die Gesamtsituation im Gesundheitsbereich.”