Die unsichtbare Krankheit
-
Eine Diagnose von 5-7 Jahren
Bis eine Endometriose diagnostiziert wird, dauert es durchschnittlich fünf bis sieben Jahre, obwohl es die zweithäufigste Frauenkrankheit ist. Woran das liegt erklärt Martin Steinkasserer, Primar der Gynäkologie im Krankenhaus Bozen: „Die Wahrnehmung im medizinischen Bereich bei Ärzt:innen in Bezug auf schmerzhafte Erkrankungen bei Frauen ist unterentwickelt. Schmerzen werden als Normalzustand abgetan.“ Diese Wahrnehmung sei historisch bedingt, denn mit dem Zyklus verbundene Schmerzen seien im Leben einer Frau normal. Regelschmerzen können laut Steinkasserer durchaus normal sein; allerdings muss das Bewusstsein im Bezug auf quälende Schmerzen bei Frauen bei Ärzt:innen steigen.
-
Endometriose
Endometriose ist eine chronische, unheilbare – aber nicht unbehandelbare – Frauenkrankheit. Zu den Symptomen zählen Menstruationsschmerzen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Übelkeit und ein unerfüllter Kinderwunsch. Die Symptome können in ihrer Ausprägung stark variieren und sind von Frau zu Frau unterschiedlich.
Bei einer Endometriose wächst Gebärmutterschleimhaut-ähnliches Gewebe (lat. Endometrium) außerhalb der Gebärmutter (in seltenen Fällen sind auch andere Organe betroffen). Die Gebärmutterschleimhaut verändert sich während des Zyklus und wird bei der Menstruation abgestoßen. Dieses Gewebe verändert sich mit dem Zyklus; es wächst und wird abgestoßen. Da sich die Endometriosezellen aber außerhalb der Gebärmutter befinden, können sie nicht mit der Regelblutung abfließen und bleiben somit im Körper. Das kann zu Entzündungen und Verwachsungen führen. Die Ursache für Endometriose ist noch unbekannt. Nach der Menopause haben die meisten Frauen keine Beschwerden mehr.
-
„Bei Frauen mit starken, immer wiederkehrenden Menstruationschmerzen muss nicht unbedingt eine Endometriose dahinterstecken", so Steinkasserer. Aber es ist auf alle Fälle ein Grund sich eingehend untersuchen zu lassen. Wenn es als quälend oder als Einschränkung der Lebensqualität erlebt wird, zahlt es sich auf alle Fälle aus, sich eingehend untersuchen zu lassen und sich nicht abwimmeln zu lassen, mit der Aussage, jaja, das ist der normale Zustand.“ Besonders wichtig sei außerdem, dass sich Betroffene, bei denen eine Symptomatik vorliegt und von Ärzt:innen abgewiesen wurden, sich trauen, andere Ärzt:innen aufzusuchen.
-
Aufklärung in Südtirol
Wichtig bei Endometriose ist die Aufklärung und die Sensibilisierung für das Thema – im Fachbereich und in der Gesellschaft. In Südtirol werden Fortbildungsveranstaltungen für Ärzt:innen angeboten, in denen über die Krankheit aufgeklärt wird. Zudem wurde 2022 der Endometrioseverein „Noi con Voi" gegründet, dessen Mitglieder regelmäßig Veranstaltungen zur Aufklärung über Endometriose organisieren und auch an Schulen in deutscher und italienischer Sprache aufklären. Außerdem unterstützt der Verein Selbsthilfegruppen – ebenfalls zweisprachig.
-
Behandlung der Krankheit
In der klassischen Medizin gibt es drei Methoden zur Behandlung von Endometriose: die Schmerztherapie, hormonelle sowie operative Therapie. Bei der Auswahl der richtigen Behandlung kommt es auf die Beschwerden an, wegen denen eine Frau sich Hilfe sucht. Ist Schmerz der Grund, kann eine Schmerz- oder Hormontherapie angewandt werden. Aber nicht alle Frauen mit Endometriose haben auch Schmerzen; ca. die Hälfte der Frauen, die an Endometriose leiden sind davon betroffen. Liegt allerdings ein unerfüllter Kinderwunsch vor, kann keine hormonelle Behandlung vorgenommen werden, da diese einer Verhütung gleichkommt. Durch die hormonelle Behandlung wird der Zyklus unterbrochen, womit die Entstehung von weiteren Endometriosezellen verhindert werden soll. Operativ kann die Endometriose durch eine Bauchspiegelung entfernt werden.
Zusätzlich zu den drei klassischen Behandlungsmethoden gibt es Möglichkeiten die Symptome der Endometriose zu erleichtern; dazu gehören Ernährung, Bewegungs- und Physiotherapie. Es muss dabei aber darauf geachtet werden, dass diese zusätzlichen Therapieformen nicht für alle Frauen gleich gut funktionieren.