Politik | Neues Gesetz

Patente e libretto, prego!

700 Euro soll ab 3. November bezahlen, wer mit einem geliehenen Auto unterwegs ist und dies nicht gemeldet hat. Im Amt für Mobilität gibt man Entwarnung.

Die Meldung hat am vergangenen Wochenende für viel Aufregung und Verwirrung gesorgt: 700 Euro Strafe falls man beim Fahren eines fremden Autos "erwischt" wird? Den Stein, beziehungsweise das Fahrzeug ins Rollen gebracht hat Andreas Pöder von der Bürgerunion. Am Samstag ließ der Landtagsabgeordnete aufhorchen: "Laut einem Rundschreiben des italienischen Innenministeriums drohen bereits ab dem 3. November 705 Euro Bußgeld und der Entzug des Fahrzeugscheines,wenn jemand mit dem Auto eines anderen Eigentümers fährt und dies nicht im Fahrzeugschein vermerkt ist."

"Verwirrung und Schikane"

Für noch mehr Verwirrung sorgen laut Pöder Ausnahmebestimmungen, auf die im Schreiben des Innenministeriums vom 10. Juli dieses Jahres hingewiesen wird. So sollen etwa Familienmitglieder von der Regelung ausgenommen sein und die Norm nur greifen, wenn das Auto für mehr als dreißig Tage benutzt wird. Darüber hinaus sei die Bestimmung eine "besondere Schikane für Unternehmen". Diese müssten jeden Angestellten, der ein Firmenfahrzeug benutze, bei der Motorisierungsbehörde auf dem Fahrzeugschein eintragen lassen – und das alles noch vor Inkrafttreten der Norm am 3. November.

Entwarnung und Aufklärung aus dem Amt für Mobilität

Viel Verunsicherung in Familien und Firmen im ganzen Land. Elisabeth Janes arbeitet in der Abteilung Mobilität und hat eine Fortbildung eigens zu dem angesprochenen Gesetz besucht. Im Mittagsmagazin der Rai Südtirol gibt sie am Montag Entwarnung. Und klärt auf: 

Die verpflichtende Eintragung anderer Personen in den Fahrzeugschein bei Verleih des eigenen Autos betreffe nur wenige. Denn die Regelung greift nur dann, wenn das Fahrzeug unentgeltlich und dauerhaft – das heißt mehr als dreißig Tage ununterbrochen – an jemanden verliehen wird. Nur in diesen Fällen müsse dies gemeldet werden.

Wann ist eine Meldung notwendig? Zwei Fallbeispiele

Für Familien – also jene Personen, die auf demselben Familienbogen aufscheinen – gilt das Gesetz grundsätzlich nicht. Was aber, wenn der Sohn in Mailand studiert und dort mit dem Auto der Mutter unterwegs ist? "Der Sohn muss das Fahrzeug ununterbrochen – an mehr als dreißig aufeinanderfolgenden Kalendertagen benützen, dann muss eine Eintragung gemacht werden", erklärt Janes. Die am Schalter ausgestellte Etikette muss im Fahrzeugschein eingeklebt werden und dann darf aber auch nur mehr der Sohn in dem angegebenen Zeitraum mit dem Fahrzeug fahren.

Und wie schaut es bei den Unternehmen aus? Was, wenn die Firma einem Angestellten dauerhaft ein Auto leiht? "Wenn den Mitarbeitern ein Firmenfahrzeug unentgeltlich für mehr als dreißig aufeinanderfolgende Kalendertage zur Verfügung gestellt wird, muss eine Meldung bei uns gemacht werden." Janes legt die Betonung auf unentgeltlich – dem Angestellten darf kein Cent für Benützung des Fahrzeugs abgezogen werden. Ist die Meldung dann einmal erfolgt, darf nur der Angestellte, aber nicht seine Familienmitglieder mit dem Auto fahren. Wie das überprüft werden soll, steht – noch – in den Sternen. Janes: "Im Fall der Firmenautos wird keine Etikette gedruckt, sondern der Fahrer erhält von uns eine Erklärung, die er nicht verpflichtet ist, im Fahrzeug mitzuführen." 

Den "ganz Schlauen" das Handwerk legen

Im Mittagsmagazin kommt man zum Schluss: Es wird nicht viele Südtiroler Firmen geben, bei denen nun Handlungsbedarf besteht. Und auch nicht viele Familien. Die allermeisten werden gar nichts unternehmen müssen. Nicht Schikane sei die Absicht des Gesetzes, sondern man ziele darauf ab, die "ganz Schlauen" zu erwischen. Jene etwa, die bei Rot über die Ampel fahren und es dann nicht gewesen sein wollen. In Zukunft werden bei Anzeige Aussagen wie: "Ich hatte mein Auto verliehen" wohl nur mehr in den seltensten Fällen gültig sein.

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pérvasion Mo., 27.10.2014 - 17:08

Ein völliger Schmarrn... warum soll die Ausrede, man habe das Auto verliehen, der Vergangenheit angehören? Ich kann ja einfach behaupten, ich hätte das Fahrzeug jemandem für fünf (oder 29) Tage geliehen und deshalb auch nicht eintragen lassen. Dieses Gesetz bietet wieder einmal nichts anderes als Verunsicherung und öffnet der Willkür Tür und Tor — aber das sind wir ja inzwischen gewohnt. Und lehnen uns auch niemals auf.

Mo., 27.10.2014 - 17:08 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Mo., 27.10.2014 - 17:25

So ein Blödsinn kann es nur in Italien geben. Bei jeden stärkeren Unwetter gibt es Schäden in Millionenhöhe und oft muss sogar jemand sterben, aber anstatt dort für mehr Sicherheit die geeigneten Gesetze und Verordnungen zu schaffen, geht man wieder mal den Autofahrern auf den Keks. Sahnehäubchen der ganzen Geschichte: das neue Gesetz ist so bescheuert geschrieben (30 Tage Nutzung ohne Meldepflicht), dass die Ausreden von vorher genau so genutzt werden können.

Mo., 27.10.2014 - 17:25 Permalink
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Stephan Kerschbaumer Mo., 27.10.2014 - 17:55

Die Regelung empfinde ich - fürwahr - als unsinnig, wenngleich deren Anwendungsbereich sehr klein sein dürfte und die konkrete Anwendung an der Realität scheitern wird. Dennoch steht es außer Frage, dass es besser gewesen wäre, den eigentlichen Grund dieser Regelung zu beseitigen, nämlich jene Norm, die besagt, dass jemand, dessen Auto bei einer Gesetzesübertretung beobachtet, aber nicht sofort von einem Polizeiorgan aufgehalten wurde (z.B. beim Überfahren einer Kreuzung trotz Rotzeichen), sich durch die vermeintliche Unwissenheit ob der fahrenden Person dem Punktentzug entzieht kann.
Trotzdem, ich bezweifle, dass diese Art der Regelung nur ein italienischer Gesetzgeber erfinden kann. Schließlich existiert bereits eine ähnliche Regelung auf EU- Ebene, die vorschreibt, wann jemand, der seinen Wohnsitz in ein anderes EU- Land verlegt, sein Auto auch in diesem Land anzumelden hat (v.a. zwecks der Straßenbenutzungs- bzw. Autosteuern).

Hierzu folgender Link: http://europa.eu/youreurope/citizens/vehicles/registration/taxes/index_…

Kurz gesagt: Wer seinen Wohnsitz länger als 6 Monate (am Stück) in ein anderes EU- Land verlegt muss sein Auto in diesem Land anmelden. Problem: dieser Regelung kann man sich leicht entziehen, indem man das Auto einer anderen Person "überschreibt" (z.B. ich ziehe für 9 Monate nach Österreich, möchte mir aber nicht die Mühe antun mein Auto mit italienischem Kennzeichen auch in Österreich anzumelden um es nach meiner Rückkehr wieder in Italien anzumelden; Lösung: ich übertrage mein Auto an ein Familienmitglied, dass in Italien ansässig ist; jetzt muss ich nur noch aufpassen, dass die österreichische Polizei mich nicht andauernd aufhält und draufkommt, dass ich 6 Monate, ohne Unterbrechung, in Österreich, mit demselben Auto, gefahren bin; gibt's nicht? Falsch! Z.B. die Kärntner Polizei und italienische Arbeitnehmer in Kärnten wissen ein Lieb davon zu singen).
Und nun der Hammer: Wer für weniger als 6 Monate seinen Wohnsitz ins EU- Ausland verlegt, muss sein Auto nicht im Gastland anmelden. Aber, in diesem Fall darf man sein Auto nicht einer Person leihen, die selbst ihren Wohnsitz in diesem EU- Land hat (außer man sitzt selber mit im Auto).

Mo., 27.10.2014 - 17:55 Permalink
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Profil für Benutzer Mensch Ärgerdichnicht
Mensch Ärgerdi… Mo., 27.10.2014 - 18:49

Antwort auf von Stephan Kerschbaumer

Obwohl mich bei der EU dass auch nicht sonderlich wundert, glaube ich aber schon dass es irgendwo Sinn macht wenn es eine Regelung für Leute gibt die in ein anderes Land ziehen. Es stellt sich mir da schon die Frage ab wann ich mein Auto ummelden muss. Vielleicht wäre ein Jahr besser als sechs Monate darüber kann man streiten.
Wer verlegt den seinen Wohnsitz im Ausland für weniger als 6 Monate? Da kann ich die Regel gut verstehen, denn das stinkt gewaltig nach Steuerflucht. Bei einem Ferrari, oder fetten Jaguar könnte ich so ohne Probleme mein Auto im billigsten Land anmelden und munter bei mir zu Hause weiterfahren.

Mo., 27.10.2014 - 18:49 Permalink
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Profil für Benutzer Stephan Kerschbaumer
Stephan Kerschbaumer Mo., 27.10.2014 - 19:16

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Natürlich ist die EU- Regelung v.a. auf die Straßenbenutzungssteuern ausgelegt (wer mehr als 6 Monate seinen Wohnsitz in ein und demselben EU- Land hat, der benutzte in jenem Jahr mehrheitlich die Straßen dieses Landes und sollte daher auch an der Instandhaltung derselben teilnehmen (daher die Frist der 6 Monate, die nicht willkürlich ist)). Des weiteren liegt auch das Interesse vor Vergehen gegen die Straßenverkehrordnung effektiver zu ahnden (dies ist leichter wenn das Auto in jenem Land angemeldet ist, in dem das Vergehen begangen wurde).
Ich bemängele nicht, dass die EU diese Regelung getroffen hat (sie ist notwendig), sondern die Art und Weise wie sie formuliert ist und daher an der Realität scheitert. So z.B. wüsste ich aus dem Stegreif (die Sache ist also rein subjektiv) ein Dutzend Autos mit ausländischem Kennzeichen, die seit Monaten in Brixen unterwegs sind (und daher eigentlich in Italien anzumelden wären). Die Regelung ist schwierig anzuwenden, da sie große Schlupflöcher bietet. Z.B. hat die Kärntner Polizei über Wochen hinweg Autos mit italienischen Kennzeichen aufgehalten und kontrolliert, um feststellen zu können ob deren "effektive Halter" nicht bereits seit 6 Monaten in Österreich unterwegs sind und somit ihr Auto eigentlich anmelden mussten. Das ist dann eben eine Sache der Relation zwischen Aufwand und Erfolg.
Hinzu kommt, dass vielleicht so mancher Polizist (ob Gemeinde- oder Staatspolizist, aber auch Carabiniere) von dieser Regelung gar nichts weiß.
So ähnlich trifft das auch auf die neue italienische Regelung zu. Sie ist unsinnig, meiner Meinung nach. Sie ist es zu allererst, weil die Regelung, auf der sie aufbaut (also das mit dem Punkteabzug), sinnlos ist. Sie ist es aber auch, weil es für die Polizeiorgane schwierig sein dürfte den Nachweis zu erbringen, dass eine Person dasselbe Auto an 30 darauffolgenden Tagen benutzte, obwohl sie nicht dessen Halter ist, es sei denn man macht flächendeckende Kontrollen (wie oben beschrieben) oder man hat es auf auf jemand ganz bestimmten abgesehen (hierzu die Willkür, die bereits pervasion angesprochen hat).

PS: Es dürfte viele Menschen geben, die für weniger als 6 Monate ihren Wohnsitz in ein anderes EU- Land verlegen. Am Beispiel Südtirols könnte man bei den vielen ErntehelferInnen anfangen, die auch in diesem Herbst an der Südtiroler Apfelernte mitgearbeitet haben; dazu kommen die vielen Saisonkräfte, die Winter wie Sommer in den hießigen Hotels, Restaurants, Almhütten und anderen Gastbetrieben arbeiten; aber auch Lehrende und ProfessorInnen, die - für wenige Wochen - an der Uni Bozen unterrichten und/oder forschen, ...

Mo., 27.10.2014 - 19:16 Permalink
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Profil für Benutzer gorgias
gorgias Mo., 27.10.2014 - 19:44

Immer wieder diese hirnlosen Gesetze, die sich nicht korrekt umsetzen lassen oder leicht zu umgehen sind. In Italien gibt es das Sprichwort "Fatta la legge, trovato l'inganno".

Anscheindend trifft dieser Erfindungsreichtum nur für den "durchschnittlichen" Italiner zu. Jene die die Gesetzte machen müssen dermaßen ehrliche und schlichte Gemüter sein, dass ihnen nicht vorher auffällt was sie dabei sind zu verzapfen.

Mo., 27.10.2014 - 19:44 Permalink