Umwelt | Artenschwund

Sie waren dann mal weg

Derzeit sei das “größte Artensterben seit Verschwinden der Dinosaurier” im Gange, warnt der WWF zum Jahreswechsel. Es liegt am Menschen, die Krise zu stoppen.
Arche Noah
Foto: Pixabay

Die Südtiroler Paläontologin Evelyn Kustatscher hatte es schon im salto-Gespräch im April auf den Punkt gebracht: “Wir sprechen heute über das sechste Massenaussterben der Weltgeschichte – jenes, das der Mensch verschuldet.” Nun belegt die Umweltstiftung WWF in ihrem Jahresrückblick für 2019 mit Zahlen: Die Rote Liste der Weltnaturschutzunion IUCN umfasst mittlerweile mehr als 30.000 gefährdete Tier- und Pflanzenarten. So sind etwa 41% der Amphibienarten, 34% der Nadelbäume, 33% der Riffbildenden Korallen, 25% der Säugetiere und 14% der Vogelarten vom Aussterben bedroht.
Hauptverantwortlich für Artenschwund und -sterben ist der Mensch, der “immer sichtbarere Schneisen in die biologische Vielfalt der Erde” schlage, so der WWF. Dort spricht man vom “größten Artensterben seit Verschwinden der Dinosaurier”.

In einem Blick zurück benennt der WWF – stellvertretend für das globale Artensterben – die tierischen Verlierer 2019. Dazu zählen die Natur- und Tierschützer das Sumatra-Nashorn, Jaguar und Koala, Kaiserpinguine und Eisbären. Kaum einen Funken Hoffnung mehr gebe es für die Jangtse-Riesenweichschildkröte. Das letzte bekannte Weibchen verstarb 2019 in einem Zoo. “Allerdings konnten 2019 auch einige Erfolge verzeichnet werden”, meldet der WWF: In Myanmar würden kaum noch Elefanten gewildert. Die Saiga-Antilopen, im vergangenen Jahr noch ein großer Verlierer, hätten sich von einer Seuche erholen können. Und womöglich könne der Bestand des Sehuencas-Wasserfroschs durch den Fund eines Weibchens gerettet werden.

Klimakrise und Artensterben sind Zwillingskrisen. Beides hängt zusammen und beschleunigt sich gegenseitig. Die Erderhitzung verändert Ökosysteme in dramatischem Tempo. Viele Tiere und Pflanzen können sich nicht schnell genug anpassen. Wir müssen diese gefährliche Entwicklung auch um unserer Selbstwillen stoppen, denn die Biodiversität ist unsere entscheidende Lebensgrundlage”, warnt der deutsche WWF-Vorstand Eberhard Brandes. “Wilderei, Lebensraumzerstörung und immer mehr Plastikmüll in den Ozeanen kommen zu den Folgen der Klimakrise noch einmal oben drauf.”

Doch der Mensch könne das Schicksal bedrohter Arten zum Positiven verändern, zeigt Brandes auf – “durch konsequenten Natur- und Artenschutz”.
“Wir haben es in der Hand. Wir können einen Unterschied bewirken. Wenn wir denn dazu bereit sind”, so Brandes, der die im Dezember stattgefundene Klimakonferenz in Madrid als “gruseligen Fehlstart” in das für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens so entscheidende Jahr 2020 bezeichnet. “Wir stehen vor einem Jahr der Entscheidungen. Nach Madrid gilt: Jetzt erst recht!”, so Brandes’ Appell. “Die internationale Staatengemeinschaft hat 2020 die Chance beim Klimaschutz und dem Erhalt der biologischen Vielfalt große, entscheidende Schritte voranzukommen.” Dabei, so Brandes, müsse vor allem Europa seiner Schlüsselrolle auf internationaler Ebene “endlich gerecht werden”.