Ach, diese schreckliche Hagar

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Die Anreise der Autorin Frauke Angel nach Bozen dauerte länger als angenommen. Sie saß im Zug, als die Bahnlinie im Wipptal wegen eines Murenabgangs für eine Zeitlang gesperrt war. Im Gepäck hatte Frau(ke) Angel eines ihrer vielen Bücher, für welches sie nach Bozen – die vermeintliche Hager-Stadt – anreiste. In ihrem Kinderbuch geht es allerdings um Hagar, ein Mädchen, deren antiautoritäres Tun (rund um gesunde Äpfel), gestrenge Mütter zur Verzweiflung treibt. Die Kinder zum Lachen. Dass die Autorin jahrelang als Schauspielerin auf diversen Bühnen stand und viel unterwegs war, kommt ihr bei der Buchpräsentation natürlich entgegen. Sie weiß das Publikum mitzureißen, teilt geschmackvolle Frechheiten aus, lässt Kinder reinquatschen und begeistert mit einer gehörigen Portion Selbstironie. Aus dieser schöpft und schreibt sie: unverhohlen, gerade heraus, ohne Anspruch auf Korrektheit. Hagar, eigentlich eine kongeniale Nachfahrin von Pippi Langstrumpf, ist die Heldin des Buches. Sie klettert in Angels mitgebrachter Geschichte auf einen großen Apfelbaum, stellt sich selbstbewusst der Herausforderung und entgegnet keck den pessimistischen Ängsten von Müttern und Vätern, denen beim Anblick der kletternden Hagar schlecht wird.
Am Ende verteilte die im Apfel-T-Shirt gekleidete Autorin natürlich Apfelschnitten (nur!) an die Kinder, sowie ein Rezept für Apfelkuchen, mit dem Hinweis: Krümeln erlaubt!
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Bücherwissen für alle: "Das nennt man Schmutztitel, liebe Kinder. Auf dieser Seite könnt ihr eure schmutzigen Hände abputzen" Foto: SALTO
Klar, die Welt ist gefährlich. Überall lauern Feinde. Das wissen Kinder am besten. Rundherum lungern Monster in Form von Erwachsenen. Diese sind ja auch Schuld daran, dass es in Südtirol kaum noch Apfelbäume gibt, auf die man klettern kann. Seit Jahrzehnten sind die schönen Bäume so gut wie verschwunden. Einst natürliches Klettergerüst, heute Auslaufmodell: der heuchlerisch nimmersatten Apfelindustrie sei Dank.
Am Ende verteilte die im Apfel-T-Shirt gekleidete Autorin natürlich Apfelschnitten (nur!) an die Kinder, sowie ein Rezept für Apfelkuchen, mit dem Hinweis: Krümeln erlaubt!
Und wie geht es weiter bei den Bücherwelten 2025? Über mundartliche Pflanzennamen Südtirols sprechen heute im Waltherhaus ab 18 Uhr Johannes Ortner, Angelika Ruele und Thomas Wilhalm. Und erklären mitunter, was es denn beispielsweise mit dem Begriff Huanzlgros auf sich hat, oder was die Bezeichnung G’schamige Kattele meint? Etwas später dreht sich im Filmclub alles um Hochsprache und hochklassige Lyrik. Gezeigt wird der Film Das Schreiben und das Schweigen. Es ist ein Porträt zur österreichischen Dichterin Friederike Mayröcker, von Regisseurin Carmen Tartarotti. Gezeigt wird die neu vom Deutschen Filminstitut & Filmmuseum herausgegebene digital restaurierte Fassung anlässlich des 100. Geburtstags von Mayröcker im Dezember 2024.Friederike Mayröcker: "Ich mag nicht sprechen! Und auf dieser Grundlage werden wir unseren Film aufbauen. Das machen wir!"(c) SALTOAm Mittwoch sprechen ab 18 Uhr die beiden Kunstschaffenden Imre Nagy und Jörg Reissner mit Maximilian Pellizzari zur Entwicklung ihrer künstlerischen Praxis. Im Dialog wird die 2024 im Verlag für Moderne Kunst erschienene Publikation IN CONTRO (SOLO) vorgestellt, Ausgangspunkt und Grundlage für die Ausstellung IM CON-TEXT (TUTTI) im oberen Foyer des Waltherhauses.
Am Donnerstag folgt ein Vortrag mit Ilja Steffelbauer über Identitätspolitik und Kulturkampf. Im Rahmen des Vortrags wird zudem die neue Ausgabe der Zeitschrift Kulturelemente vorgestellt. Am Freitag folgt hingegen die Erstpräsentation (ab 18 Uhr) zum Romandebüt Aufstehen von Laurenz Koler. Seine „Empörung über das gesellschaftliche und politische Auseinanderdriften der Südtiroler*innen hat ihn Anfang 2024 zum Verfassen seines Debütromans“ motiviert, heißt es dazu. Am Samstag lesen dann unter dem Stichwort Beziehungsweisen mehrere Autorinnen und Autoren aus ihren neusten Büchern: Paula Fürstenberg, Stefanie Gerhold, Behzad Karim Khani, Sara Klatt, Jessica Lind und Dominika Meindl.Die unter dem Motto Ich – du – wir stehenden Bücherwelten 2025, werfen schwerpunktmäßig den Blick auf die „Kultur des Zusammenlebens“, sei es auf „gesellschaftlicher wie auf zwischenmenschlicher Ebene.“ Zu sehen gibt es außerdem Illustrationen von Simon Röthlisberger, zu hören die Video-Hörstation poetica magica.
Zahlreiche weitere Buch-Veranstaltungen (siehe Programm) folgen noch bis zum 18. Februar. Sie finden inmitten der rund 1.000 ausgestellten Neuerscheinungen statt. Um all das zu erleben, muss man lediglich hingehen. Und dabei das Mobiltelefon auf Flugmodus stellen.Weitere Artikel zum Thema
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