Umwelt | Europäische Union

Das neue alte Energielabel

Seit 1. März 2021 gelten für einige Elektrogeräte neue Energielabel. Die alte Vergleichsskala von A bis G wurde wieder eingeführt. Doch wie lange hält sie diesmal?
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Energielabel EU
Foto: EU
Das EU-Energielabel hilft als Kennzeichnung für Haushaltsprodukte wie Glühbirnen, Fernsehgeräte oder Waschmaschinen seit mehr als 25 Jahren bei Kaufentscheidungen. Einer Umfrage zufolge kannten und schätzten 93 Prozent der Befragten im Jahr 2019 das Energielabel und 79 Prozent berücksichtigten es beim Kauf energieeffizienter Produkte.

Das Energielabel wurde 1994 für eine Reihe von Haushaltsgeräten eingeführt und enthält eine Vergleichsskala von A (höchste Effizienz) bis G (geringste Effizienz). Zusätzlich können auf dem Label auch genaue Daten zu anderen wichtigen Nutzungsmerkmalen wie den Geräuschemissionen oder dem Wasserverbrauch aufgeführt sein. Den Herstellern ist es wichtig, dass ihre Produkte in möglichst hohe Effizienzklassen eingestuft werden. Deshalb haben sie starke Anreize, ihre Produkte ständig zu verbessern und so waren 2017 bereits 90 % der verkauften Geräte in den Klassen A+, A++ oder A+++, weil die Klasse A nicht mehr ausgereicht hat. Die Produkte werden nun wieder neu eingereiht, wobei die Klasse A anfänglich leer sein wird, um Raum für die Entwicklung energieeffizienterer Modelle zu lassen. 

Was auf den ersten Blick sinnvoll erscheint, entpuppt sich auf den zweiten als Schildbürgerstreich.

Ein Kühlschrank mit 160 Liter Inhalt und einem Energieverbrauch von 66 kWh (Kilowattstunde) pro Jahr ist eines der energieeffizientesten Geräte am Markt. Bisher in der Klasse A+++ landet dieses Gerät nun in der Klasse C. Wenn nun ein Verbraucher sein 20 Jahre altes Gerät wechseln muss, das damals bereits in Klasse A war, so wird er derzeit kein Gerät mehr finden, das seinen Ansprüchen genügt, auch wenn es effizienter ist.

Dabei wäre die Lösung für das Problem so einfach: die besten Produkte verbleiben immer in der Klasse A und die schlechtesten in der Klasse G. Die Klassen sind einem Energieverbrauch zugeordnet und dieser wird laufend der Entwicklung der Geräte angepasst, so dass immer wieder nur die besten in der Klasse A verbleiben. Das Energielabel selbst müsste nie mehr umgestellt werden, es ändern sich nur die Werte im Hintergrund und der Verbraucher könnte sich immer gleich orientieren.

Wie weit sich Schilda, sorry, die EU auch sonst noch von Land und Leute entfernt hat, erkennt man an der Definition der Ziele.
Die Europäische Kommission schreibt dazu: "Schätzungen zufolge werden die EU-Rechtsvorschriften zu Energielabels und zum Ökodesign bis 2030 zu Energieeinsparungen von rund 230 Mio. t RÖE (Millionen Tonnen Rohöläquivalent) führen. Für die Energiekosten der Verbraucher/innen bedeutet dies durchschnittliche Einsparungen von bis zu 285 Euro pro Jahr. Darüber hinaus werden die europäischen Unternehmen durch Energieeffizienzmaßnahmen zusätzliche Einnahmen in Höhe von 66 Milliarden Euro haben." 

230 Millionen Tonnen Rohöläquivalent klingt nach richtig viel, doch wie viele Bürger können damit etwas anfangen? Haushaltsgeräte verbrauchen Strom und der wird in kWh angegeben und auch so verrechnet. Man hätte sich die Mühe machen können, das umzurechnen. Bin gespannt, ob sich in der Community jemand dafür findet. 

Auch die durchschnittliche Energiekosteneinsparung von 285 Euro pro Jahr klingt nach viel und entspricht einer Energieeinsparung von 1.500 bis 2.000 kWh. Ein hoch gestecktes Ziel, wenn man bedenkt, dass ein Haushalt heute durchschnittlich 3.000 kWh pro Jahr verbraucht. 

Einzig bei der Höhe der Einnahmen für die Unternehmen wird man wohl richtig liegen und zwar deshalb, weil Geräte nicht mehr repariert werden, sondern immer gleich ausgetauscht. Ist es Ihnen, liebe Leser auch passiert, dass Sie einen Techniker für ein defektes Haushaltsgerät rufen mussten, dieser dann einen so horrenden Kostenvoranschlag für die Reparatur vorgelegt hat, dass Sie das gute alte Gerät dann doch zähneknirschend ausgetauscht haben? 

Die energieeffizientesten Geräte sind dann meistens auch jene, die am meisten kosten. Dafür gibt es dann sicherlich Anreizsysteme, wie Steuerbegünstigungen oder dergleichen, möchte man meinen. Doch weit gefehlt. Einen “Bonus elettrodomestici” gibt es nur wenn man gleichzeitig eine Haussanierung durchführt. Logisch oder? Ist aber auch egal, weil eh nur Geräte ab der Klasse A gefördert werden und die findet man derzeit ja nicht mehr. Dass sich das Energielabel zwei Monate nach Verabschiedung des Haushaltsgesetzes 2021 ändern würde, konnte ja niemand wissen. 

Genug gelästert, zum Schluss aber doch noch eine Bemerkung.

Im Grunde ist das Energielabel so gar nicht mehr zeitgemäß, denn nur den Energieverbrauch während des Gebrauchszyklus zu bewerten ist einfach zu wenig!

Was es bräuchte, wäre ein Ökolabel! Ein Label, das bei einem Produkt die Herstellung, den Gebrauchszyklus und die Entsorgung bewertet. Dadurch könnten lokale und nachhaltige Unternehmen, die nachhaltige und langlebige Produkte herstellen, belohnt werden.