Wirtschaft | Aspiag
Renzos Schutzengel

Foto: aspiag
Das Leben kann manchmal ungerecht sein.
Virna Bussadori, Direktorin des Landesamtes für Landschaftsplanung hatte alle Voraussetzungen, um neue Bozner Chefurbanistin zu werden. Sie hat sich auch am Auswahlverfahren der Gemeinde Bozen beteiligt. Doch sie wurde nicht einmal zu einem Gespräch eingeladen. Am Ende wurde mit Paolo Bellenzier ein Mitarbeiter im Landesamt für Hochbau Ost zum neuen neuen Direktor der Abteilung für Raumordnung und Entwicklung in der Gemeinde Bozen ernannt.
Bussadoris Scheitern lag vor allem an einem persönlichen Ultimatum des Bozner Bürgermeisters Renzo Caramaschi. „Alle, nur nicht die“, gab Caramaschi in der Regierung von Anfang an eine klare Losung aus.
Der Grund für den eklatanten Schritt des Bozner Bürgermeisters ist der Konflikt um das neue Großkaufhaus des Konzerns Aspiag in Bozen Süd. Hier stehen sich Land und Gemeinde Bozen als Kontrahenten gegenüber. Während die Gemeinde Bozen eine Baugenehmigung für das Shoppingcenter erlassen hat, hat das Land die Baukonzession annulliert. Land und Aspiag kämpfen seitdem vor Gericht. Wobei die Gemeinde und Bürgermeister Renzo Caramaschi sich in die Verfahren auf Seiten des Handelsriesen eingelassen haben.
Die harte Gangart des Landes wird technisch und fachlich vor allem durch Virna Bussadoris Amt untermauert. Denn das Amt für Landschaftsplanung ist für dieses Großbaustelle zuständig. Die resolute 51jährige Bozner Architektin und Urbanistin zeichnet sich dabei nicht nur durch ihr Fachwissen aus, sondern auch durch Courage. So hat Bussadori vor Monaten, als der begründete Verdacht aufkam, der Bauherr Aspiag hätte beim vorgelegten Verkehrsplan geschwindelt, eine Eingabe bei der Staatsanwaltschaft Bozen gemacht.
Ein Schritt, den man in der Gemeinde Bozen, absolut nicht goutiert.
Mögliche Schadenersatzklage
Inzwischen ist der Fall Aspiag aber um ein Kapitel reicher. Vergangene Woche hat der römische Staatsrat gleich drei Urteile in Sachen Bozner Großkaufhaus gefällt. Alle Urteile geben dem Land und dem Nebenkläger, der Podini Holding, Recht.
Es ging in diesen drei Fällen nicht um die Rechtmäßigkeit der Baukonzession, sondern um die Frage, ob jene Detailhandelslizenz gültig ist, auf die sich die Aspiag bei ihrem Kaufhausprojekt beruft.
Der Handelsriese hatte 2012 die Erweiterung seiner Lizenz in Bozen Süd auf mehr als 5.000 Quadratmeter Handelsfläche beantragt. Die Gemeinde Bozen lehnte diesen Antrag ab. Er verstoße gegen das Landesgesetz, das den Detailhandel in Gewerbezonen verbietet. Aspiag ging vor der Bozner Verwaltungsgericht und bekam an Ende Recht.
Der Handelsriese Aspiag hatte sich auf die neue Regelung der zertifizierte Meldung des Tätigkeitsbeginns (segnalazione certificata d’inizio attività – SCIA) berufen. Diese Meldung war ursprünglich in Südtirol nicht eingeführt worden. Das Verfassungsgericht entscheid 2014 aber, dass die SCIA auch in Südtirol gelten muss. Auf diese Weise kam die Aspiag zu ihrer erweiterten Detailhandelslizenz und zur Baukonzession für das Großkaufhaus. Der Staatsrat kam jetzt aber zum Schluss, dass die Aspiag keine solche SCIA machen darf, sondern den normalen Genehmigungsweg hätte gehen müssen.
Damit aber steht auch ein mögliches Fehlverhalten der Gemeinde Bozen und eine Schadenersatzklage des Bauherrn im Raum. „Wir sind dabei die Urteile zu prüfen“, sagt Aspiag-Manager Paul Klotz dem „Corriere dell´Alto Adige“. Die Bozner Tageszeitung schrieb am Mittwoch über eine mögliche Schadenersatzklage der Aspiag gegen die Gemeinde. Der Titel des Artikels: „Ora il comune trema“.
Der Lokalaugenschein
Am Mittwochnachmittag stellte die Gemeinde Bozen gegenüber dem Corriere dann richtig, „dass sie nicht zittere“. Die Leseart der Anwaltschaft der Landeshauptstadt: Der Staatsrat hätte die Aussetzung der Urteile verfügt, bis sich das Verfassungsgericht zum Südtiroler Handelsgesetzt geäußert hat.
Dass die Gemeinde Bozen aber auch dann, sollte der Handelsriese eine solche Schadenersatzklage anstrengen, kaum etwas zu befürchten hat, sagt man in der Amtstube nicht.
Der Hintergrund: Zwischen Mai 2016 und Januar 2017 hatte die Aspiag die Baustelle in der Bozner Buozzistraße eröffnet und einige Bauarbeiten durchgeführt. Noch heute steht ein Kran.
Im September 2016 machte das Land einen Lokalaugenschein auf der Baustelle. Im offiziellen Protokoll, das salto.bz vorliegt, heißt es, „dass die ermittelten Bauarbeiten nur einen geringen Teil des Logistikzentrum der ASPIAG betrafen“. Der Großteil des Gebäudes diente damals und auch heute noch als Logistikzentrum. Die Landebeamten konnten mehrere Lastkraftwagen sowohl im Bereich des Parkplatzes als auch beim Be- und Entladen von Gütern beobachten.
Dieses Erhebungsprotokoll ist jetzt eine Art Lebensversicherung für die Gemeinde. Denn die Aspiag wird sich schwer tun, nach dieser amtlichem Feststellung einen konkreten Schaden geltend zu machen.
Die Ironie der Geschichte: Es war Virna Bussadori, die diesen Lokalaugenschein im Herbst 2016 durchgeführt und auch das Protokoll unterzeichnet hat.
Ausgerechnet jene Beamtin die Renzo Carmaschi vergangene Woche in die Wüste geschickt hat, könnte demnach am Ende dem Bozner Bürgermeister und seine Kommune vor gröberem Unheil bewahren.
So ist es manchmal im Leben.
So ist es manchmal im Leben.
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