Wertvoll oder überflüssig?

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Im Zentrum der Diskussionen steht dabei vor allem die steigende Zahl älterer Menschen. Doch Senioren sind weit mehr als nur eine Herausforderung – sie bergen erhebliche Potenziale und Chancen für unsere Gesellschaft.
Auch nimmt die Verlässlichkeit demografischer Prognosen mit zunehmender zeitlicher Entfernung vom Basisjahr ab. Langfristige Vorhersagen gleichen manchmal einem Blick in die Glaskugel, während kurzfristige Einschätzungen deutlich verlässlicher sind. Diese Einschätzungen wurden von der parlamentarischen Untersuchungskommission in ihrem Bericht zu den wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des demografischen Wandels ausführlich dargelegt.
Es gilt allerdings als sicher, dass in den nächsten Jahren mehr als ein Drittel der Bevölkerung älter als 65 Jahre sein wird – ein Anteil von über 30 Prozent. Dieses bedeutende Segment darf keinesfalls aus dem gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt werden. Gerade diese Menschen werden gebraucht, um die negativen Folgen der demografischen Alterung abzumildern.
Prognosen sprechen von einem Verlust von 700.000 Arbeitsplätzen bis 2030 und mehr als vier Millionen in den kommenden drei Jahrzehnten. Auch wenn die älter werdende Erwerbsbevölkerung tendenziell mit einem geringeren Produktivitätswachstum in Verbindung gebracht wird, da die Arbeitsproduktivität mit zunehmendem Alter abnimmt, muss man das Potenzial älterer Menschen ausschöpfen. Denn ältere Menschen verfügen oft über einen reichen Schatz an beruflicher und persönlicher Erfahrung, der Wirtschaft und Gemeinwesen zugutekommt.
Bereits heute bleiben immer mehr ältere Menschen dem Arbeitsmarkt erhalten, was den Verlust an Arbeitskräften abmildern kann. Um dies zu fördern, sind jedoch gezielte Anreize und gute Rahmenbedingungen unabdingbar. Altersgerechte Arbeitszeitmodelle sowie die Berücksichtigung der körperlichen Verfassung im Alter sind hierbei entscheidend.
Ein Schlüsselkonzept zur Bewältigung dieser Herausforderungen ist das aktive Altern. Das Ziel ist, ältere Menschen weiterhin aktiv an wirtschaftlichen, kulturellen, sozialen und bürgerschaftlichen Aktivitäten teilhaben zu lassen – ohne dabei ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu gefährden. Das aktive Altern soll die demographische Entwicklung von einer vermeintlichen Belastung zur wertvollen Ressource umwandeln, das Humankapital älterer Menschen stärken und ihre gesellschaftliche Teilhabe fördern. In diesem Zusammenhang sind politische Maßnahmen, die den generationenübergreifenden Austausch unterstützen, von großer Bedeutung. Besonders Bildungs- und Kulturprojekte, an denen Jung und Alt gemeinsam teilnehmen, leisten hier einen wertvollen Beitrag.
Mit steigender Lebenserwartung gewinnen Senioren auch als Konsumentengruppe zunehmend an Bedeutung. Insbesondere in den Bereichen Freizeit, Gesundheit und Dienstleistung wächst ihre Kaufkraft kontinuierlich. Dies muss mit altersgerechten Angeboten ausgeschöpft werden.
Senioren nur als Empfänger von Sozialleistungen zu betrachten ist falsch. Viele ältere Menschen leisten unverzichtbare Ehrenamtsarbeit in Vereinen, der Nachbarschaftshilfe oder sozialen Projekten. Dieser Einsatz stärkt den sozialen Zusammenhalt und das Gemeinwesen insgesamt. Gleichzeitig sollte der Fokus verstärkt auf präventive Gesundheitsmaßnahmen und die Förderung eines gesunden Lebensstils gelegt werden, um die Sozialsysteme langfristig zu entlasten.
Eine weitere, vergleichsweise neue Entwicklung ist der Einsatz digitaler Technologien und Automatisierungen in der Betreuung älterer Menschen. Solche Innovationen können die Lebensqualität signifikant verbessern und die Selbstständigkeit fördern. Digitale Alphabetisierungsprojekte helfen älteren Menschen, technologische Barrieren zu überwinden und erleichtern ihnen den Zugang zu Dienstleistungen, sozialen Kontakten und Arbeit. So kann vielen Senioren, die sonst in Pflegeeinrichtungen leben müssten, ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden.
Langfristig können jedoch nur eine steigende Geburtenrate und ein positives Wanderungssaldo die demografische Alterung verlangsamen. Zugewanderte Menschen können kurzfristig als demografisches „Schutzschild“ fungieren und die anstehenden Probleme abmildern. Zwar wird der natürliche Bevölkerungsrückgang durch Migration meist nicht vollständig kompensiert, doch trägt sie entscheidend dazu bei, den demografischen Wandel zu gestalten.
Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten, dem oft übertrieben pessimistisch dargestellten Szenario der demografischen Alterung wirksam entgegenzuwirken. Doch dafür ist ein rasches und konsequentes Handeln notwendig.
Ein Beitrag von Alfred Ebner