Politik | SVP Bozen

"Dann müssen wir es lassen"

Am Mittwoch wird die SVP entscheiden, wie es weitergehen soll. Klaus Ladinser will nicht mehr kandidieren. Auch Luis Walcher scheint müde.

Trotz der herbstlichen Temperaturen durchlebt die Bozner SVP nach dem Rücktritt Luigi Spagnollis heiße Zeiten. Wie genau die Volkspartei weiter vorgehen wird, welche Lehren und Konsequenzen sie aus dem Abgang des Bürgermeisters zieht, und wie sie sich angesichts der anstehenden Neuwahlen aufstellen wird, über all das wird am Mittwoch im SVP-Koordinierungsausschuss diskutiert und entschieden werden. Bis dahin will der Stadtobmann der Bozner Volkspartei Dieter Steger keine öffentliche Stellungnahme abgeben. Er wolle die Sachlage zuerst mit seinen Kollegen bewerten, lässt Steger wissen.


Müde SVPler

Eine Entscheidung, die der Koordinierungsausschuss in zwei Tagen auch treffen wird, ist, wann die SVP-Stadträte zurücktreten werden. Für Klaus Ladinser wird es wohl ein endgültiger Abschied aus dem Bozner Stadt- und Gemeinderat werden. Wie er salto.bz bestätigt, wird der Bozner Vize-Bürgermeister bei den anstehenden Neuwahlen im Frühjahr 2016 nicht mehr kandidieren. Als Spitzenkandidat könnte die SVP Luis Walcher ins Rennen schicken. Bei den Gemeinderatswahlen im Mai hatte der Bauernvertreter nur um 200 Stimmen weniger bekommen als Ladinser und war als zweitmeist gewählter SVPler in den Bozner Gemeinderat eingezogen. Doch so angetan von der Idee scheint Walcher nicht zu sein. “Diese Entscheidung wird das SVP-Gremium treffen. Zweitens habe ich auch einen Erbhof und eine Familie, die wegen der Politik häufig auf mich verzichten muss. Und drittens ist meine persönliche politische Motivation derzeit nicht die größte. Die letzten drei, vier Monate haben mir einiges von meiner Politiklust genommen”, teilt Walcher auf Nachfrage mit. Er müsse sich generell überlegen, ob er überhaupt noch einmal antreten will.

Die zehn Jahre in der Politik und die Ereignisse der vergangenen Monate haben an Luis Walcher gezehrt. “Wir haben es nicht einmal geschafft, 22 Leute an einen Tisch zu bringen, um die Kompetenzen im Stadtrat zu verteilen”, resümiert der Noch-Gemeinderatspräsident. Daher habe er auch mit dem Rücktritt Spagnollis gerechnet. Und zeigt Verständnis: “Ich war immer einer jener, die gesagt haben, wenn wir nichts auf die Füße stellen und es keine Mehrheit gibt, dann müssen wir es lassen. Und man hat gesehen, dass es ganz ganz schwierig wurde.” Weniger Verständnis bringt Walcher für den Stadtrat auf, der immer noch im Amt ist. Geht es nach ihm, hätte sein Parteikollege Klaus Ladinser und mit ihm der gesamte Stadtrat schon vergangene Woche ihren Rücktritt einreichen müssen. Eigentlich sei es auch so angekündigt gewesen, berichtet Walcher. “Jetzt schaut es allerdings so aus, als ob sie nicht zurücktreten würden.” Klaus Ladinser teilt indes mit, dass er noch nicht wisse, wie lange er noch im Amt bleiben wird. Im Laufe des Montags stehen für den Vize-Bürgermeister intensive Gespräche an. Er trifft sich mit den politischen Vertretern der Stadt, um zu verstehen, welche Richtung die einzelnen Parteien einzuschlagen gedenken. “Selbstverständlich trete ich auch mit den Vertretern meiner Partei in Kontakt”, erklärt Ladinser, der inzwischen die Amtsgeschäfte des Bürgermeisters übernommen hat. “Erst dann werde ich über meine Zukunft als Stadtrat entscheiden.”


Benko spukt weiter

“Aber man muss jetzt aufpassen”, warnt Luis Walcher, “denn es kommt schon die langfristige Planung, wo Leute wie die Lega herkommen und sagen, ‘wir werden nun dem Stadtrat das Misstrauen aussprechen, weil die uns noch einmal ‘umiheben’ wollen’.” Offiziell lautet der Grund für den hinausgezögerten Rücktritt der sechs übrig gebliebenen Stadträte, dass sie noch vieles aufzuarbeiten hätten. Doch was ist dran an den Gerüchten, dass etwa Klaus Ladinser nur im Amt geblieben sei, um zu verhindern, dass ein Luciano Giovanelli, der bei einem Rücktritt des Vize-Bürgermeisters die Amtsgeschäfte als ältester Stadtrat übernehmen würde, das letzte Dekret Spagnollis aufheben könnte? Mit diesem hat der Ex-Bürgermeister bekanntlich die Dienststellenkonferenz zur Neubewertung des Benko-Projekts wieder eingesetzt. “Das ist alles Blödsinn”, widerspricht Ladinser. “Ich bin sicher nicht im Amt geblieben, um das zu verhindern.” Rückendeckung gibt ihm Luis Walcher: “Ich glaube fast nicht, dass das Benko-Projekt der Hauptgrund ist, warum der Stadtrat noch im Amt ist. Aber ich weiß es nicht.”

Einer, der ursprünglich nur den Vize-Bürgermeister, mittlerweile aber den gesamten Stadtrat auffordert, in Sachen Benko-Bis tätig zu werden, ist Rudi Benedikter. Er verlangt ein Gegen-Dekret zum letzten Spagnolli-Akt, mit dem dieser als nichtig erklärt werden soll. “Das, was Benedikter sagt, hat überhaupt keine rechtliche Grundlage”, erwidert Klaus Ladinser. Für ihn ist Benedikters Vorstoß “eine politische Forderung, die recht interessant ist.” “Überhaupt von jemandem, der dem Bürgermeister die Unterstützung gegeben und dann nicht eingehalten hat”, fügt er hinzu.


Mastella hat entschieden, SVP ist am Mittwoch dran

Während die Stadträte also weiterhin auf ihren Posten bleiben, hat Nicol Mastella angekündigt, ein Zeichen setzen zu wollen. Sie werde ihren Rücktritt einreichen, kündigte die “Io sto con Bolzano”-Rätin am Wochenende an. Und fordert gleichzeitig die anderen Gemeinderäte auf, es ihr gleich zu tun. “In den drei Monaten, in denen die Stadträte nun im Amt sind, haben sie nicht einmal einen einzigen Beschluss auf den Tisch gelegt”, kritisiert sie. “Und jetzt sagen sie, sie können nicht zurücktreten, weil sie ihre Projekte abschließen müssen?” Ihr Rücktritt alleine reicht aber nicht aus, um den Gemeinderat aufzulösen und die Stadt sofort in die Hände eines kommissarischen Verwalters zu übergeben. Dazu müssten über die Hälfte der Gemeinderäte, also insgesamt 23, zurücktreten. “Ich kann mir schon vorstellen, dass insgesamt 23 Räte in absehbarer Zeit ihren Rücktritt einreichen werden”, gesteht Luis Walcher. Wobei er sich gewünscht hätte, dass sich Mastella an das, was auf der von ihm einberufenen Fraktionssprechersitzung am Donnerstag Abend vereinbart wurde, gehalten hätte. “Mit meinem Vorschlag, am 1. Oktober wie gewünscht eine Sitzung zum Müllverbrennungsofen einzuberufen und dann am 8. Oktober eine Sitzung zur politischen Situation, waren ausnahmslos alle – auch Nicol Mastella – einverstanden”, informiert Walcher. “Wir waren alle mit dieser Lösung einverstanden, weil alle der Meinung waren, erst einmal mit der eigenen Partei zu reden.”

Mit der eigenen Partei reden Klaus Ladinser und Luis Walcher wie erwähnt am Mittwoch. Was wünschen sich die beiden von der SVP? Personelle Konsequenzen, wie etwa den Rücktritt von Stadtobmann Steger? Blockfreiheit bei den kommenden Wahlen? Luis Walcher übt sich in Zurückhaltung: “Die Themen, die gerade in den Medien zirkulieren – blockfrei, nicht blockfrei – kommentiere ich nicht. Weil wir immerhin noch in Amt und Würden sind. Es geht erst einmal darum zu schauen, in welcher Situation sich Bozen befindet und dann wird entschieden, wie die Partei in eine neue Wahl geht.” Er ist überzeugt: “Wir werden uns schon gut aufstellen”, erinnert aber auch: “Die SVP darf die Wahlschlappe im Mai nicht vergessen, sondern sich überlegen, wie man sich aufstellt, um Wahlen wieder gewinnen zu können.” Der scheidende Vize-Bürgermeister Klaus Ladinser hingegen hat einen klaren Wunsch für die Zukunft der Volkspartei: “Ich wünsche mir Einigkeit der deutschsprachigen Bevölkerung von Bozen. Es darf einfach nicht sein, dass aufgrund einer Projektentwicklung die Idee von Südtirol über den Haufen geworfen wird.”