Gesellschaft | Polizei

Die Polizei, dein Freund und Helfer !

Die unglaublichen Erfahrungen, die ein in Südtirol lebender Schweizer mit der römischen Polizei und Justiz gemacht hat. Ein Tatsachenbericht.
PS
Foto: upi
Den Slogan: „die Polizei, dein Freund und Helfer“ kennt in der Schweiz jedes Kind. In Italien müsste es wohl heissen„ die Polizei, dein Feind und Ankläger“.
 
Im November 2012 hielt ich mich in Rom auf. Während eines Spazierganges mit meiner betagten Schwiegermutter wurde ich in der Nähe der Fontana di Trevi Zeuge des folgenden Geschehens.
 
Ein nordafrikanischer Handtaschenverkäufer, wie es sie in Rom zu Hunderten gibt, wird von vier oder fünf Männern angegriffen. Der Eine hält den Strassenverkäufer fest, ein Zweiter reisst ihm die Handtaschen aus den Händen, ein Dritter bemächtigt sich der auf dem Boden stehenden Taschen. Ich gehe davon aus, dass dieser junge Afrikaner von einer Strassenbande überfallen wird. Die Angreifer sind mit Jeans, T-Shirts und Lederjacken bekleidet. Ergo fasse ich all meinen Mut zusammen und mische mich ein. Nachdem ich einen der Angreifer etwas angerempelt habe, ziehen die „vornehmen“ Herren aus ihren Hosentaschen eine Plakette: POLIZEI !
Nachdem ich einen der Angreifer etwas angerempelt habe, ziehen die „vornehmen“ Herren aus ihren Hosentaschen eine Plakette: POLIZEI !
Zu viert eskortierten mich die Polizisten wie einen Schwerverbrecher zur Galleria Sordi, bei der ich mit meiner Ehefrau verabredet bin. Dort erwartet mich nebst meiner Frau bereits ein Polizeifahrzeug. Meine Personalien werden aufgenommen und ich gebe wahrheitsgetreu sämtliche gewünschten Auskünfte. Adresse meines Wohnsitzes in der Schweiz usw. Da ich der italienischen Sprache nicht mächtig bin, fungiert meine italienische Ehefrau als Uebersetzerin.
 
In jedem anderen Land der Welt wäre damit der Fall erledigt gewesen und ich hätte Stolz auf meine Zivilcourage sein können.
 
Nicht so in bella Italia !
 
Meine Freunde in Rom empfahlen mir einen italienischen Anwalt (Strafverteidiger) zu nehmen, da ich mit einer Anklage rechnen müsste, was für mich nur schwer zu verstehen war. Ich bin 65-jährig, Schweizer Staatsbürger und in keinem Land dieser Welt je mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Ich wollte einzig einem jungen Afrikaner helfen, von dem ich annahm, dass er überfallen wird. Wie hätte ich wissen können, dass es sich bei den in zivil gekleideten Männern um Polizisten handelte ?
 
Und in der Tat. Einige Wochen später wurde ich auf Grund der Anzeige der Polizisten von der Staatsanwaltschaft Roms angeklagt.
Beleidigung und Behinderung der Polizisten bei ihrer Arbeit. Widerstand gegen die Staatsgewalt undsoweiter und sofort. Das Verfahren zieht sich nun seit fünf Jahren hin und das Dossier dürfte mittlerweile auf dutzende A4-Seiten aufgebläht sein.
Einige Wochen später wurde ich auf Grund der Anzeige der Polizisten von der Staatsanwaltschaft Roms angeklagt.
Beleidigung und Behinderung der Polizisten bei ihrer Arbeit.
Im Herbst 2016 wurde ich zur persönlichen Anhörung ans Tribunal nach Rom vorgeladen. Selbstverständlich bin ich der Aufforderung nachgekommen und habe nach zehnstündiger Reise meine Sicht der Dinge erläutert.
 
Nun ist ein weiteres Jahr ins Land gegangen und endlich nach fünf Jahren war der Prozesstag am 20. September anberaumt.
 
Also reise ich erneut zusammen mit meiner inzwischen 83-jährigen Schwiegermutter und meiner Frau, welche als Zeuginnen vorgeladen sind, nach Rom.
 
Pünktlich erscheinen wir vor Gericht, um von meinem Anwalt zu erfahren, dass der Richter, welcher am Vorabend noch gesund war, heute krank sei und der Prozess verschoben werden müsse.
Zu dritt insgesamt zehn Stunden Zugfahrt, Hotel-, Taxikosten usw. umsonst. Kein Wort einer Entschuldigung.
 
Meine Hilfeleistung an den Strassenverkäufer kommt mich inzwischen teuer zu stehen. Die angefallenen Auslagen haben mittlerweile 5.000 Euro überschritten.
 
Seit 20 Jahren bin ich als Invalidenrentner ohne Erwerbseinkommen, ergo für mich eine starke Belastung.
 
Dies hindert die römischen Polizisten jedoch nicht daran noch eine persönliche Entschädigung zu fordern.
 
Geht in diesem Land alles mit rechten Dingen zu ? Der nächste Prozesstag ist am 4. Dezember anberaumt. Das Urteil steht aus.