Gesellschaft | Sanität

Die Facetten der Forschung

Am vergangenen Freitag fand das zehnte Südstern Health and Science Forum in der Fachhochschule Claudiana in Bozen statt. Verschiedene Aspekte, wie unter anderem die künstliche Intelligenz und die Biodiversität, wurden behandelt.
Südstern Health and Science Forum
Foto: SALTO
  • Südstern ist ein Netzwerk für Südtiroler Mediziner im Ausland. Es zählt rund 3.300 Mitglieder in knapp 80 Länder dieser Welt. „Die Südtiroler Kompetenz wird ins Ausland verlagert“, so Landesrat Messner zu Anfang seiner kurzen Ansprache. Weiter hieß es zum Thema Brain-Drain „Südstern bedeutet für mich, Südtirol in die Welt zu bringen und die Welt nach Südtirol. Wir bilden Südtiroler nicht für uns, sondern für den Markt aus. Auch wenn Junge von Südtirol weggehen, sie bringen eine gute Botschaft in die Welt hinaus und kommen hoffentlich auf wieder zurück.“ 

  • Künstliche Intelligenz

    Dem Bereich künstliche Intelligenz nahm sich Clemens Dlaska an. Nach einer kurzen Begriffserklärung folgten die Entwicklungsstadien der Technologie in chronologischer Reihenfolge. Dabei waren die unterschiedlichen Lern- und Anwendungsmethoden von KIs entscheidend. Es bedarf stets an Input und klaren Kriterien, welche dem Algorithmus als Indikatoren dienen. Zur Veranschaulichung kann man ein Auto als Beispiel heranziehen. Zeigt man der KI ein Foto eines Autos mit den Kriterien Scheinwerfer und Räder, so wird sie ähnliche Bilder auch wiedererkennen. Führt man ihr dann jedoch einen Bus vor, wird die Höhe ebenfalls entscheidend. Somit muss man die Informationen stets anpassen und den Algorithmus immer nuancierter gestalten. Die drei entscheidenden Faktoren jeder künstlichen Intelligenz lauten Rechenleistung, Algorithmen und große Datensätze. Auch wird das neuronale Netzwerk der KI in drei Ebenen unterteilt: Input, Prozessebene, Output. Input und Output kommunizieren stets mit der Außenwelt, die Prozessebene ist hingegen das Herzstück, welches die Informationen evaluiert und sie dem Output als Ergebnis ausspuckt. Dabei gilt jedoch stets der Grundsatz „Garbage in, garbage out“. Die Ziele der Verwendung von künstlicher Intelligenz sind die Ausführung von Aufgaben, welche dem Menschen nicht möglich sind, die Optimierung menschenmöglicher Prozesse und das Absolvieren vielfältiger Aufgaben.

  • Der britisch-kanadische Informatiker und Kognitionspsychologe Geoffrey Hinton gewann heuer den Nobelpreis für Physik. Aufgrund der rasanten Fortschritte in Bezug auf künstliche Intelligenz verkündete er bereits im Jahre 2016 „Wir sollten jetzt aufhören, Radiologen auszubilden.“ 

  • Ein Anwendungsbeispiel in der Kardiologie ist das Ermitteln des Herzvolumens durch die Analyse und Auswertung der minimalen und maximalen Ausdehnung des Organs. So kann man weitergesponnen auch Vorhofflimmern schneller und akkurater diagnostizieren. Auch bietet Chat-GPT ein gutes Fallbeispiel für die Vielfältigkeit der Aufgabenbereiche. Man kann sowohl mittels Text als auch mit Bildern kommunizieren und erhält somit eine kontextuelle Problemlösung. 

     

  • Biodiversität

    Ulrike Tappeiner: „Der empfindlichste Teil des Menschen ist seine Brieftasche.“ Foto: Alexander Alber

    Zum Thema Biodiversität führte Ulrike Tappeiner aus. Das Motto ihres Vortrags lautete „Warum wir Vielfalt brauchen“. Im Zuge dessen wurde ein Fallbeispiel im Kaukasus behandelt. Dort hat sich die Flora durch den Mangel an menschlichen Einflüssen von selbst erholt. Die Gründe für den Verlust der Biodiversität sind die Landnutzung, welche zu 50 bis 70 Prozent für landwirtschaftliche Zwecke genutzt wird, die Übernutzung, bedingt durch Ernährung, Abholzung und die stetig schwindende CO₂-Aufnahmekapazität, die Existenz invasiver Arten, die Umweltverschmutzung und der Klimawandel als übergeordnetes globales Problem. Weiters benötigen 75 Prozent der pflanzlichen Nahrungsmittel Bestäubung, welche vorrangig von Insekten übernommen wird. Deren Biomasse schwindet jedoch ebenfalls. Deshalb führt man das sogenannte Monitoring durch. Dabei werden Habitate auf die Diversität der Landflächen und dem Vorkommen bestimmter Arten überprüft. Ökologische Systeme würden sich zwar laut Frau Tappeiner von einem Massenaussterben stets von selbst erholen, jedoch sei es ungewiss, welche Spezies überleben würden. 

    „Der empfindlichste Teil des Menschen ist seine Brieftasche“, weshalb es einer guten Begründung für Veränderung bedarf. Ethik, Ökologie und der Nutzen für den Menschen selbst, wurden im Zuge dessen angeführt. Am Ende verbleibt die Referentin mit drei Tipps für die privaten Haushalte. Man sollte Unordnung im eigenen Garten zulassen, seine Ernährung umstellen und die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs nach oben schrauben.

  • Minimalinvasive Herzchirurgie

    Auch konnte man durch Markus Kofler spannende Einblicke bezüglich der minimalinvasiven Herzchirurgie gewinnen. Diese kann riskante Operationen vermeiden und bietet zudem zahlreiche Vorteile. Der Krankenhausaufenthalt wird verringert, die Rehabilitation wird beschleunigt und man erhält ein gutes kosmetisches Ergebnis.

    Zwei Klappen können aktuell auf diese Weise behandelt werden. Die Mitralklappe, welche sich zwischen linkem Vorhof und linker Kammer des Herzens befindet, und die Aortenklappe, welche zwischen linker Kammer und der Hauptschlagader sitzt. Beide Klappen können minimalinvasiv behandelt werden, wobei man den Brustkorb nicht gänzlich öffnen muss. Denn man ersetzt das Gewebe nicht vollständig, sondern rekonstruiert nur einen Teil, wodurch das eigene Klappengewebe erhalten bleibt. Besonders ältere Patienten leiden vermehrt an Aortenklappenstenose oder einer degenerativen Mitralklappenerkrankung und können somit von dieser Behandlungsmethode profitieren.

     

  • Claudiana

    Der erste Teil der Tagung wurde mit einem Überblick über die Claudiana beendet. Insgesamt gibt es 14 Studiengänge, von denen 13 aktiv sind. Die Geburtenrate unseres Landes erweist sich jedoch als ein großes Problem für die Gewinnung von Nachwuchs. Daher sei die Migration ein geeignetes und gar notwendiges Mittel, um die mangelnden Fachkräfte zu ersetzen. Zudem weist Italien die höchste Rate von Ärzten mit einem Alter von über 55 Jahren auf. Das primäre Ziel der Ärzte sei die Teamarbeit und die bestmögliche Ausübung ihrer Tätigkeit, die Forschung sei sekundär. Deshalb kollaboriert Bozen mit der Università Cattolica. Die beste medizinische Universität Italiens belegt auf der internationalen Rangliste den 37. Platz.

    Ebenso sind die Ausgaben zu berücksichtigen, da Pensionierte die meisten Spesen beanspruchen. Bei den Arzneimitteln deckt ihr Verschleiß 75 Prozent des Budgets, bei Fachärzten entspricht dies 60 Prozent. Die Provinz erstattet zudem Studiengebühren mit einem Budget, welches sich auf maximal 22.000 Euro im Jahr beschränkt. Dieses ist an den Besitz der Zweisprachigkeitsprüfung mit dem Ergebnis von B2 und einem vierjährigen Dienst im Südtiroler Gesundheitswesen innerhalb der ersten zehn Jahre nach Abschluss der Ausbildung geknüpft. Die medizinische Fachschule soll ebenfalls physisch erweitert werden, was einen Kostenaufwand von 35 Millionen Euro mit sich bringen wird.