Wirtschaft | Tourismus

Das Tesla-Erlebnis kommt

Olga Heuser über Künstliche Intelligenz im Hotel- und Gastgewerbe, Roboter im Gästekontakt und den Gegentrend zur Digitalisierung im Beherbergungssektor.
Olga Heuser
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  • SALTO: Frau Heuser, Sie halten im NOI Techpark heute einen Vortrag darüber, wie das Hotel- und Gastgewerbe in zehn Jahren in Hinblick auf neue Technologien und Künstliche Intelligenz aussehen wird. Wie sieht diese Zukunft aus?

    Olga Heuser: Ich sehe da vier Trends, die wir alle definitiv im Auge behalten sollten, nicht nur die Hotels, sondern wir alle. Der erste Trend ist, dass wir immer mehr mit KI sprechen werden. OpenAI hat vor zwei, drei Wochen den Advanced Voice Mode herausgebracht. Das heißt, man kann sich jetzt mit Chat-GPT ziemlich natürlich unterhalten. Es kommen auch die ersten Lösungen auf den Markt für zum Beispiel die Telefonie, also wo KI am Telefon mit Kunden, Kundinnen sprechen kann und das schon ziemlich natürlich. Man kann eigentlich fast gar nicht mehr unterscheiden, ob das jetzt eine KI ist oder ein Mensch. Und ich glaube, dass das etwas ist, das in zehn Jahren definitiv der Fall sein wird. Wir werden an verschiedenen Stellen einfach viel mehr mit KI sprechen. Das Zweite ist die Websuche, die sich verändern wird. Wir werden in zehn Jahren ganz anders Hotels suchen und ganz anders Hotels finden und vielleicht auch anders Hotels buchen. Ich könnte mir vorstellen, dass in zehn Jahren vielleicht gar nicht mehr die Menschen selbst Hotels buchen, sondern die KI das übernimmt. Dann glaube ich, dass wir in zehn Jahren viel mehr Unterstützung von Robotern bekommen werden. Ich glaube zwar nicht, dass diese in der Hotellerie Kontakt mit Gästen, zum Beispiel an der Rezeption, haben werden, aber ich denke schon, dass es Roboter geben wird, die in der Küche den ganzen Tag die Spülmaschine ein- und ausräumen oder die Zimmer putzen. Denn die Herstellungskosten für Roboter sinken zunehmend. Das nächste große Ding sind AI-Agents, also im Grunde Systeme, die sich mehr oder weniger selbstständig, autonom in einem digitalen Umfeld bewegen und auch komplexe Aufgaben ausführen können. Sie können beispielsweise selber eine Websuche machen, selber in Google Maps eine Route berechnen, können einen Teil der Aufgabe auch an einen Menschen oder ein anderes System übergeben oder können andere Tools bedienen und so weiter und so fort. Ich glaube, dass wir in zehn Jahren derartige KI-Agents im Einsatz haben werden und dass diese Prozesse ganz autonom regeln werden. 

  • Zur Person

    Olga Heuser ist die Gründerin und Geschäftsführerin von „DialogShift“. Das Unternehmen bietet KI-Lösungen für die Gästekommunikation in der Hotellerie an. Dadurch soll es den Betrieben gelingen, wiederkehrende Kommunikationsprozesse zu automatisieren. Heute (28.11.2024) hielt Berlinerin bei einer Tagung der Hoteliers- und Gastwirtejugend Südtirol einen Vortrag über die Zukunft des Gastgewerbes im NOI Techpark.

  • Welche Rolle sehen Sie für KI bei der Personalisierung von Gästebetreuung und -erlebnissen in Hotels und Restaurants?

    Eine ein bisschen andere Rolle, als viele denken. Da erzähle ich immer gern die Geschichte von einem unserer Kunden, ein Fünf-Sterne-Traditionshaus. Als unsere Zusammenarbeit begonnen hat, wurde das Ziel geäußert, dass pro Gast im Hotel ein Mitarbeiter zur Verfügung stehen soll. Sodass wirklich immer jemand Zeit hat, den Gästen die Wünsche von den Augen abzulesen. Das ist ohne Technologie natürlich nicht erreichbar. Das heißt, unser Kunde hat uns die Frage gestellt, wie man Technologie einsetzen oder Prozesse verändern kann, damit man den Zielzustand oder die Vision so gut wie möglich erreichen kann. Der erste Schritt war dann natürlich, Technologie bei allem, was repetitiv ist, einzusetzen. Also alles, was nicht Mehrwert stiftend ist, das einfach durch Technologie ersetzt werden kann. Zum Beispiel der Check-in. Dabei klickt der Mitarbeiter 18-mal auf dem Computer herum und gibt dem Gast dann die Karte. Das ist etwas, das man richtig gut mit Technologie machen kann, damit der Mitarbeiter das ganze Willkommensgeschehen anders und besser machen kann.

     

    „Heutzutage kann alles stimmen oder auch nicht stimmen.“

     

    Welche ethischen Herausforderungen sehen Sie im Einsatz von KI im Gastgewerbe, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und Datensicherheit?

    Das ist ein Thema, das sich wahrscheinlich erstmal nicht so stark ändert. Die Anforderungen an Datenschutz bleiben im Grunde die gleichen. Man muss weiterhin die personenbezogenen Daten entsprechend schützen. Ich glaube, die Herausforderung ist eher eine andere. Ich sehe sie eher auf der gesellschaftlichen Ebene, wenn wir irgendwann einmal KI-Inhalte von echtem Inhalt nicht mehr unterscheiden können, zum Beispiel eine Stimme. Wo ist dann das Echte? Gerade bei News oder diesen ganzen Deepfakes, Videos et cetera. Heutzutage kann alles stimmen oder auch nicht stimmen. Ich hoffe, in zehn Jahren haben wir das gelöst. Aber jetzt gerade ist es einfach eine große Herausforderung, damit als Gesellschaft umzugehen.

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  • Wie digital werden die Zimmer der Zukunft sein? Wird jedes Zimmer mit smarten Technologien wie Sprachsteuerung ausgestattet sein?

    Ich glaube schon, dass das kommt. Diese Multisensorik kann den Aspekt Gebäudemanagement betriebswirtschaftlich verbessern, indem man beispielsweise Energiekosten, Wasserverbräuche und so weiter sehr gut optimieren kann. Auf der anderen Seite steht die Sensorik am Gast, sprich der adaptive Raum oder das adaptive Hotelzimmer. Ich glaube schon, dass wir irgendwann mal das Tesla-Erlebnis auch im Hotelzimmer haben werden. Wenn ich in meinen Tesla einsteige, dann erkennt dieser schon, dass ich komme, stellt den Sitz und das Lenkrad richtig ein. Alles ist auf mich angepasst und meine aktuelle Playlist auf Spotify läuft automatisch. Völlige Personalisierung. Auch in der Hotellerie werden wir dahin kommen, dass mir eine KI sagt, welches Zimmer meines ist und wenn ich dann eintrete, läuft da vielleicht auch schon meine Playlist oder Ähnliches. Hinzu kommen auch Anpassungen an Wetter, Tageszeiten und so weiter. Ist jetzt draußen kalt und regnerisch, dann ist das Licht vielleicht besonders warm oder die Temperatur zwei Grad wärmer. 

    Werden diese Technologien eines Tages von den Gästen vorausgesetzt?

    Ja, wenn das normal wird, wir das auch zu Hause einbauen und die Menschen daran gewöhnt sind, werden sie das in gewisser Weise auch im Hotel voraussetzen. Diese adaptive Technologie gibt es ja nicht nur in den Hotels, jeder kann es zu Hause installieren.

     

    „Man muss ohnehin immer auf dem Laufenden bleiben.“

     

    Entstehen durch die Digitalisierung im Alltagsleben also neue Bedürfnisse bei den Gästen?

    Ja, definitiv. Wenn ich zu Hause in einem Apple-System lebe und alles funktioniert nahtlos, dann habe ich in gewisser Weise die Erwartungshaltung, dass das an anderen Stellen auch so funktioniert.

    Ist das eine große Herausforderung für einen Hotelier? 

    Man muss ohnehin immer auf dem Laufenden bleiben. Stillstand ist in jeglicher Hinsicht schlecht, egal ob es um Essenstrends geht, um Designtrends, um Digitalisierung. Man muss sich immer an die aktuellen Bedürfnisse und Trends anpassen und sich darauf einstellen.

    Wird es zum Trend der Technologisierung auch einen Gegentrend im Sektor geben?

    Davon bin ich überzeugt. Ich glaube, dass es zwei Extreme geben wird. Auf der einen Seite das Extrem der komplett digitalen, KI gesteuerten Hotels und auf der anderen Seite das komplette Gegenteil, viel Service und ein ganz persönliches Erlebnis. Das wird dann auch ein Alleinstellungsmerkmal dieser Hotels sein, diese zwischenmenschliche Begegnung. Was ich nicht glaube, ist, dass es Hotels geben wird, die komplett auf Technologie verzichten, also auch im Hintergrund, einfach aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Irgendwann kannst du ein Hotel einfach nicht mehr betreiben, wenn du nicht gewisse Dinge einfach mit Technologie automatisierst oder eben an Technologie abgibst. Zudem kostet Personal eigentlich immer mehr als Technologie.

  • Roboter am Gast: Heuser findet das „spooky“. Foto: Alex Knight / Pexels
  • Wie wird KI und Technologie heute schon in Hotels verwendet? 

    Die Adaption ist stärker, als viele denken. Vor allem jetzt im Jahr 2024 haben wir als Unternehmen gemerkt, dass die Nachfrage enorm hoch ist. Was mir halt zeigt, dass die Hoteliers dafür offen sind, dass sie tatsächlich auch bereit sind, mit Technologie zu optimieren, um mit dem gleichen Team in der gleichen Zeit einfach mehr zu schaffen. 

    Welche konkreten KI-Systeme werden heute schon in der Hotellerie verwendet? 

    Vor allem im Bereich Customer Service oder Guest Service wird KI heute schon stark genutzt. Ein Hotelier kann zum Beispiel eine KI einsetzen, die seine eigene ist. Die das Haus kennt und alle möglichen Fragen beantworten kann. Das geht weit über herkömmliche FAQs hinaus. Diese KI ist dann ganz unterschiedlich einsetzbar. Man kann sie als Chatbot auf der Webseite oder auf WhatsApp, Instagram und weiteren implementieren. Die KI kann zum Schreiben von E-Mails verwendet werden oder sogar ganze Telefongespräche führen. Also der Bereich Customer Service ist der, in dem KI im Moment am stärksten Anwendung findet. Aber es gibt auch andere Anwendungen. Viele Hotels nutzen zum Beispiel Chat-GPT für ihren Marketing-Content. Oder was auch genutzt wird, das sind jetzt alte Modelle, aber eben algorithmische Modelle für zum Beispiel Revenue Management. Oder auch Warenwirtschaftssysteme, die auch auf Künstlicher Intelligenz basieren. Diese können viele unterschiedliche Datenquellen analysieren, Muster erkennen und dann Vorhersagen für die Planung treffen.