Gesellschaft | Simone spendet:

„Meine Organe für andere“

Simone, 19, über Organspende, ihre Motive, Überlegungen und warum sich darüber jede/r Gedanken machen sollte.
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Foto: LPA/Jörg Seehauser

Simone ist 16 als ihre Freundin die Diagnose Knochenmarkkrebs bekommt. Bis dahin waren sie immer gemeinsam unterwegs: sechs Mädls aus Kaltern, alle etwa im gleichen Alter. Sie hatten sich in der Schule gefunden, zusammen eine unzertrennliche Bande. „Das hat uns alle sehr mitgenommen“, erzählt Simone heute, nach drei Jahren. Damals stand für sie fest: „Wenn ich sterbe, will ich meine Organe schenken“. Das italienische Gesetz untersagte ihre dieses Vorhaben zunächst; erst mit 18 und einem Gewicht von 50 Kilos darf gespendet werden.

Widerspruchsregelung in Italien

„Nach der Diagnose von Susanne waren wir alle voller Zuversicht“, erzählt die schwarzhaarige Schülerin. „ Sie bekam eine Knochenmarkspende aus Deutschland und alles sah gut aus...Dann hatte sie einen Rückfall, es ging ganz schnell und im November 2011 ist sie dann gestorben.“ Das war der Auslöser für Simone und ihre Entscheidung stand bald fest: Ihre Volljährigkeit würde sie zur Organspenderin machen.

In Italien gilt zwar die sogenannte Widerspruchslösung, die besagt, dass generell jede/r Organspender ist, außer es liegt ein zu Lebzeiten abgegebener, schriftlich dokumentierter Widerspruch vor. Hausärzte gehen trotzdem lieber auf Nummer sicher und binden die Angehörige zu Lebzeiten in die Diskussion um die Organentnahme mit ein. Die Provinz Bozen formuliert es auf ihrer Homepage zum Gesundheitswesen folgendermaßen: "Das Bestreben des Gesetzgebers liegt darin, möglichst alle Bürger zur dokumentierten Zustimmung oder Ablehnung zu bewegen.“

Abklären bis ins Detail

Die Durchführungsbestimmungen zum Organspendegesetz von 1999 wurden in Italien nur teilweise erlassen. Das bedeutet: Wer sich weder ablehnend noch zustimmend zur Organspende äußert, für den entscheiden im Fall der Spende die nächsten Angehörigen wie Ehepartner, Lebensgefährten, volljährige Kinder oder Eltern. Simones Ärztin nimmt den Willen ihrer jungen Patientin deshalb sehr ernst. „Ich war bei meiner Hausärztin, hab mich dort informiert. Sie hat mir ein Formular mitgegeben zum Ausfüllen, dann braucht es noch zwei Zeugen, die meinen Willen bestätigen“, erklärt die Kaltererin. Eine davon ist ihre Mami, die sie immer unterstützt hat. „Meine Eltern haben volle guat reagiert, haben mein Anliegen immer voll mitgetragen."  Abgeklärt werden musste mit der Ärztin auch, wie viele Tage die lebenserhaltenden Maschinen eingeschaltet werden bleiben. Detaillierte Besprechungen und Informationen, um im Notfall nichts dem Zufall zu überlassen. Auch andere Länder, wie die Schweiz, befürworten klare Absprachen, zu Lebzeiten.

Simone freut sich auf den Sommer, auf Spaziergänge mit dem Hund, auf ihre Arbeit bei der Kindersommerbetreuung und sie ist überzeugt - ihre Entscheidung war richtig und wichtig: „Es gibt so viele Menschen, die meine Organe brauchen könnten. Aber ja, so lange es einen nicht betrifft, oder man nicht jemanden direkt kennt, denken viele nicht daran.“ Das sollte sich ändern.