Kultur | Lichtverschmutzung

Lichtquellen

Eine Foto-Ausstellung über Sternfotografie und zwei Vorträge über Lichtverschmutzung machen auf ein wichtiges Thema aufmerksam, das nicht nur dem Menschen Schaden zuführt
Lichtverschmutzung
Foto: SALTO
  • „Augen auf!“ meinte am Ende eines vor kurzem durchgeführten Nachtspaziergangs der Lichtexperte David Gruber, Direktor im Naturmuseum. Er hatte unter dem schmissigen Titel Nachtlicht-Bühne feat. Planetarium South Tyrol @ Foto Forum zu Vortrag und kleinem Rundgang in Bozen geladen. Der Wissenschaftler und Aktivist (und begnadete Erzähler) sprach wo und wie Südtirol "leuchtet" und brachte im Rahmen der aktuellen Foto-Forum-Ausstellung Skyglow die von Politik und Gesellschaft gern abgetane Thematik Lichtverschmutzung näher. 

  • Blick in den Sternenhimmel: Arcturus [Alpha Boötis]. Ein Foto von Francesco del Conte Foto: Francesco del Conte

    Auch wenn "Leuchten" in Politik und Gesellschaft gegenwärtig eher Mangelware sind, geht es im Foto-Forum-Projekt Skyglow dennoch um Leuchten, oder besser gesagt ums Leuchten von künstlichen Lichtern am Nachthimmel, die Grund dafür sind, dass viele Sterne durch Lichtverschmutzung einfach unsichtbar geworden sind. Skyglow nennt sich die erhellende Einzelausstellung von Francesco Del Conte im Foto Forum (16. 1 bis 24.2.2024) in der er zwei Fotoserien präsentiert. Es sind zum einen Aufnahmen des Sternenhimmels an fünf verschiedenen Standorten (Naturpark Rieserferner-Ahrn, Colle dell’Agnello, Bozen, Eppan und Turin), zum anderen eine Serie aus Stillleben von fotooptischen Messinstrumenten aus der Sammlung des Astronomie- und Weltraummuseums von Pino Torinese
    Umrahmt von den Sternenbildern der Ausstellung erläuterte David Gruber in seinem rund einstündigen Vortrag, was Lichtverschmutzung ist und wie man das Problem lösen könnte. „Licht zur falschen Zeit, am falschen Ort“, ist ein Satz, den er mehrmals fallen ließ, den man sich nach seinen Ausführungen dick hinter die Ohren schreibt. Gruber nahm die Besucherinnen und Besucher auf (s)eine Lichtreise mit, zog bildhaft erzählerisch im Zeitraffer über die Alpen hinweg und machte lokale Lichtverschmutzung an vielen Ecken erkennbar. 

  • Die vom Vortragenden exemplarisch aufgezeigten Lichtquellen sind Belege für tagtägliche – oder besser nachtnächtliche – Lichtverschmutzung. Für unnützes Licht, für Schäden an Flora und Fauna.
    Ob Flutlicht bei Sportanlagen oder entlang von Nachtskilaufpisten, ob Skybeamer oder das Satellitennetzwerk Starlink: nicht nur Astronomen und Astronominnen können sich darüber dumm und dämlich ärgern, sind ja vor allem sie es, die wegen Lichtverschmutzung in ihrer Arbeit und in ihren Beobachtungen stark eingeschränkt werden. Das wird auch anhand einer lokalen Beobachtung deutlich. Sollten am klaren Bozner Nachthimmel eigentlich rund 4000 Sterne sichtbar sein, sind es dank  Lichtverschmutzung lediglich ein paar hundert.

  • Aktivist und Direktor: David Gruber bei seinem Vortrag im Foto-Forum Foto: SALTO
  • Stattdessen setzen Wirtschaft, Sport und Tourismus – geschehen etwa beim Licht- und Wasserfestival in Brixen – auf Lichtspektakel, wollte ein Lichtkünstler doch eine Lichtinsel im Himmel entstehen lassen, die bis ins Ahrntal leuchtete. Ohne Rücksicht auf Verluste. 
    Des einen Freud, des andern Leid. Nicht nur Insekten und Vögel werden durch „falsches“ und zu starkes Licht gestört, auch die biologische Uhr des Menschen leidet an Lichtverschmutzung. Das Argument, dass viel unnütze Belichtung gute Medizin gegen Kleinkriminalität sei, ließ Gruber nicht gelten und belegte seine These durch wissenschaftliche Studien und praktische Tipps.

  • Sinnvolle oder sinnbefreite Beleuchtung: Von Lichtquelle zu Lichtquelle durch Bozen Foto: SALTO

    Während sich die Ausstellung im Foto-Forum an der Grenze zwischen zeitgenössischer Kunst, Astronomie und Umweltwissenschaften bewegt und das fotografische Medium hinterfragt, bewegte sich die Gruppe der an Lichtverschmutzung interessierten Himmelsbeobachter*innen im Anschluss an den Vortrag auf eine kleine Runde durch Bozen und hielt (den Licht-Ball flach haltend) Ausschau nach unnützen Lichtquellen im Stadtraum. Es gibt sie genug.

  • Flutlicht, Sonnenlicht, Gegenlicht: Seit kurzem können Literaturliebhaber*innen der Lichtverschmutzung auch poetisch entgegenwirken, etwa mit dem eben erschienen Gedicht-Licht-Band der Südtiroler Autorin Vera Vieider. Mit ihrem Buch Wer trägt das Licht in den Tag geht es zwar nicht um Lichtverschmutzung, doch das Licht steht – wie bei der Fotografie – im Fokus. 
    Wer es weniger poetisch und mehr wissenschaftlich haben möchte, kann am 2. Februar 2024 – genau passend am kirchlichen Feiertag Lichtmess – hingegen erneut ins Foto-Forum kommen, um ab 18 Uhr dem Vortrag über Lichtverschmutzung von Sabrina Bernhard (Mitarbeiterin im Planetarium) zu lauschen. Im Anschluss schaut die Welt dann sicher ganz anderes aus, gilt doch der gleiche Leitsatz wie bei verknappender Poesie: Weniger ist mehr!