Duett in variablem Rhythmus
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Auf dem Weg nach Schloss Runkelstein begegnen einem derzeit entlang des Schlossweges eigentümliche Gestalten aus den Händen des Eppaner Künstlers Martin Hell, der derzeit und generell immer, ein Vielproduzierender ist. Das Credo des Künstlers lautet „Wiederverwertung“, bis hin zu den Farben für einzelne Bilder, die aus einer Atelierauflösung stammen. Treibholz, Reste eines Lagerfeuers, Teile vom Schrottplatz, das alles verfängt sich in Gitterstrukturen um eine oft, wenn auch nicht immer, menschliche Gestalt.
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Treten die Kunstwerke Hells auf einer angemessenen Bühne in Erscheinung, wie am Schlossweg und in Innenräumen vor stimmig bunten Fresken, so fällt ihre Wirkung ungleich stärker aus. Die Werke Hells haben wir am Wochenende auch in den Gärten des Kränzelhofs gesehen (ein Text zur neuen Gruppenausstellung „Metamorphose“ folgt), die sicher auch eine schöne Bühne bieten, wenngleich weniger wie eine maßgeschneiderte.
Hells Kunst begrüßt uns, holt uns ab und bringt uns auf die „Bilder-Burg“, vorbei auch an Wölfen, die - bald ist Sommer und das Thema blüht von allein wieder auf - in beiden Dauerausstellungen, „Metamorphose“, wie auch „Upcycling Music 2.0“ einen sicheren und festen Stand haben dürften. Was genau uns der Künstler mit seinen vor Runkelstein eingezäunten und in den Gärten entlang eines Waldwegstücks schlendernden Tierskulpturen sagen will, bleibt bei dem Thema mit ungleichem Polarisierungspotential besser vage, offen und augenzwinkernd. So verscherzt man es sich mit keinem.
Zu einem gutem Teil separat stellen in mehreren Räumen auf der Burg (hauptsächlich im ersten Stock) Hell und Castlunger ihre geistig verwandten Werke aus. Mit Castlungers Sammlung aus Trommeln, bespielbaren Möbelstücken und Selbstkreiertem, wie einer Fahrradfelge mit Schlüsselbehang, die als Spieluhr fungiert, ist auch die handwerkliche und hörbare Spielberkeit - mit den meisten Instrumenten darf gespielt werden - oft beeindruckend ob der zweckentfremdeten Materialien. Aber auch ein traditionelles, ausgesprochen einfaches Instrument gehört sicher zu den auffälligsten: Der ausgehölte, halbierte und getrockneter Kalebassenkürbis zeigt, dass die Instrumentenproduktion nicht immer komplex sein muss. Oft findet sich der gesuchte Klang an einem unerwartetem Ort. Viele der durchexperimentierten Materialien bringen ihren eigenen, unperfekten Sound mit und sind damit Unikate. Ähnlich ist es bei den Kunstwerken - nicht, dass man nicht auch Castlungers Schaffen als eine Art Kunst(hand)werk klassifizieren könnte - von Martin Hell: Die Vorgeschichten der einzelnen Komponenten eines Werks werden nicht als Mängel betrachtet, sondern als eine bestimmende Eigenheit, die ihren Charme zu einem guten Teil daraus schöpfen kann, wie sie gehandhabt werden.
Da wird nicht übermalt oder überklebt, was eine Delle aufweist und die Familienkonstellationen aus rostendem Alteisen augenzwinkernd neben die Nachbildungen von Harnisch und Kettenhemd im fabrikneuem Glanz gestellt und es zeigt Wirkung. Überhaupt ist die Art und Weise, wie sich gerade Hell der Räume annimmt, eine Freude mitanzusehen. Davon zeugen auch zwei abstrakte Gemälde die, das eine in den Kamin gestellt, das andere in eine Nische gehängt, perfekt die altersbedingt pastellenen Farben durch kräftiges, auf stimmige Weise buntes Farbchaos steigert und den „horror vacui“ des Freskenzyklus, der keine Wand auszulassen scheint, noch einmal hochtreibt. Ein schönes, heilloses Durcheinander.
Für die katalogierende, mehr durch die Zahl der Exponate als durch ein spezielles Arrangement beeindruckende Taktik für die sich Castlunger entschieden hat, muss man sich das Durcheinander selber mitbringen und sich einfach trauen, Hand oder Schlägel an die verschiedensten Schlagwerk-Instrumente Marke Eigenbau zu legen, was bei unserem Besuch der vor Ort oft anzutreffende Max Castlunger auch selbst übernommen hat, mit einer eindrucksvollen Live-Improvisation an seinem Tecno-Schlagzeug. Dabei zeigt sich, dass der Künstler selbst Vertrauen in die Widerstandsfähigkeit seiner Schöpfungen hat und ohnehin gilt, wenn etwas kaputt geht dann lässt es sich reparieren, vielleicht sogar „upcyceln“.
„Upcycling Music 2.0“ kann bis 9. Juni, von Dienstag bis Sonntag immer zwischen 10 und 18 Uhr besucht werden, Schulführungen werden von Dienstag bis Freitag, um 9.30 und 11 Uhr angeboten und dauern je 50 Minuten.
Am Donnerstag, 2. Mai, findet auf Schloss Runkelstein ein Konzert der Upcycling Band bei freiem Eintritt statt. Unterstützt beim Spiel auf Ausstellungsstücken wird Max Castlunger dabei von Mirko Pedrotti, Manni Gampenrieder und Georg Malfertheiner. Beginn der Veranstaltung ist um 20.30 Uhr, eine Vormerkung wird erbeten (über [email protected] oder telefonisch unter 0471 329808).