Politik | Klimaschutzidee

Die Brennerautobahn als Stromlieferant?

Ein Drittel der CO2-Emissionen des Verkehrs in Südtirol stammen von der Brennerautobahn. Sie ist damit Teil des Problems, könnte in Zukunft aber Teil der Lösung werden.
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Die Überdachung von Autobahnen mit Photovoltaik bietet auch in Südtirol ein gewaltiges Potenzial für die Stromerzeugung. 120 Kilometer Brennerautobahn liegen auf Südtiroler Gebiet und könnten an geeigneten Abschnitten mit Solarzellen (PV-Paneelen) überdacht werden. Die auf Metallkonstruktionen installierten Paneele könnten allein auf dem Abschnitt Bozen-Salurn der A22 (38 km) Strom für alle 250.000 Haushalte in Südtirol (ASTAT-Prognose für 2030) erzeugen. Das Unterland ist relativ sonnenreich und die Gefahr von Schneelast auf solchen Konstruktionen kann gerade aufgrund des Klimawandels ausgeschlossen werden. Zudem wäre dadurch der Eingriff in die Kulturlandschaft, etwa durch PV-überdachte Freiflächen, vermieden. Ähnliche Projekte sind in Wallis und bei Zürich geplant. Auch in den Niederlanden, Belgien und Deutschland will man demnächst mit Pilotprojekten starten.

Ein internationales Pilotprojekt des Austrian Institute of Technology (AIT) prüft derzeit diese Möglichkeit in der Praxis. Das AIT geht davon aus, dass die Überdachung von Autobahnen nicht nur der Mehrfachnutzung einer schon versiegelten Fläche für die Energiegewinnung dienen könnte, sondern weitere positive Auswirkungen hätte: die Straße wäre vor Niederschlägen geschützt und hätte eine längere Lebensdauer. Zudem würde die Überdachung einen zusätzlichen Lärmschutz schaffen. Die Fläche könnte von der für weitere 30 Jahre in Konzession von öffentlichem Träger geführte A22 kostenlos zur Verfügung gestellt werden. PV-Flächen sind an der A22 bereits an Lärmschutzwänden zwischen Trient und Rovereto angebracht worden. In Form einer Überdachung mit PV-Zellen wäre die Stromausbeute weit größer.

Mit einer solchen Konstruktion könnte Südtirol seine Stromerzeugung aus Solarenergie wesentlich erhöhen und den wachsenden Strombedarf klimafreundlich decken. Der zusätzliche Strom wird benötigt, um die wachsende Nachfrage aufgrund der notwendigen Elektrifizierung von Verkehr, Gebäudeheizung und anderer Prozesse zu decken. Dabei ist die Wasserkraft und das Biogas in Südtirol für die Stromerzeugung schon weitestgehend ausgeschöpft. 2020 waren in Südtirol laut Umweltagentur erst 257,2 MW an Produktionskapazität von Photovoltaik-Strom installiert, während der alte Klimaplan 2011 für 2020 das Ziel auf 400 MW und für 2050 auf 600 MW gesetzt hatte. Doch die Investitionen der Privaten in die Solarenergie sind in den letzten Jahren ins Stocken geraten.

Land und Gemeinden hätten zwar noch unzählige Dächer von öffentlichen Gebäuden und Flächen, z.B. Parkplätze, zur Verfügung. Im Entwurf für den neuen Klimaplan des Landes wird angekündigt, dass die „Landesenergiegesellschaft innerhalb 2022 ein attraktives Angebot zur Anmietung geeigneter gewerblicher und privater Dachflächen für die Errichtung von PV-Anlagen ausarbeiten wird.“ Die für PV-Anlagen geeigneten Dächer der öffentlichen Gebäude des Landes und der Gemeinden sollen erhoben werden. Innerhalb 2025 wird eine Ausschreibung für die Nutzung dieser Dächer als Standorte für PV-Anlagen durch einen Energiedienstleister durchgeführt, steht im Klimaplan zu lesen. Doch stellt sich in den besiedelten Gebieten immer wieder der Konflikt mit dem Landschaftsschutz, mit dem Stadt- und dem Dorfbild. Mit einer Überdachung der Autobahn wäre dieser Konflikt minimiert, denn das Asphaltband durchs Unterland besteht schon und dem Blick auf die endlose LKW-Schlange trauert sicher niemand nach.