Umwelt | Tiertransporte

Recht auf guten Transport

Die Grünen werfen Herbert Dorfmann vor anstatt der Tiere die Transporteure zu schützen. Der SVP-Europaparlamentarier wehrt sich: Brigitte Foppa & Co seien unredlich.
Tiertransporte
Foto: Animal Angels
Herbert Dorfmann ist kategorisch: „Die Aussagen in der Aussendung der Grünen über meine Rede im Plenum des Europäischen Parlaments zum Abschlussbericht des Sonderausschusses über Tiertransporte sind schlichtweg falsch und damit politisch unredlich.“ Dann legt der SVP-Europaparlamentarier noch einmal nach: „Hätten die Grünen sich 1,5 Minuten Zeit genommen, um meine Rede anzuhören, bevor sie eine Pressemitteilung eines österreichischen Kollegen abschreiben, hätten sie dies wahrscheinlich auch verstanden.“
Der Angriff des Eisacktaler SVP-Bezirksobmannes richtet sich direkt gegen die Südtiroler Grünen. Der Anlass dafür ist die aktuelle Debatte im EU-Parlament zu den Tiertransporten.
 

Bestürzte Grüne

 
Die Südtiroler Grünen prangern in einer Aussendung die Haltung Dorfmanns an. ‘Der Südtiroler Vertreter im Europäischen Parlament, Herbert Dorfmann, der sich gerne als Beschützer der Landwirtschaft und der Südtiroler Landwirtinnen in Europa inszeniert, hielt im Zuge der Debatte, in der es um Tierschutz ging, eine Verteidigungsrede für die…Transportunternehmen! Laut Dorfmann sind nämlich sie die Hauptleidtragenden, wenn wir vom Schutz des Tierwohls auf LKW und Schiffen sprechen“, schreiben Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba und Hanspeter Staffler.
 
 
 
Die Grünen Landtagsabgeordneten sind bestürzt: ‘Was ist das für eine Agrarpolitik, die zuerst die Transporteure und dann die Tiere schützt?“.
Thomas Waitz, Grüner EU-Parlamentsabgeordneter aus Österreich hat die Europäische Kommission aufgefordert, eine strengere Tiertransportverordnung zu erlassen. Das derzeitige System behandelt die Tiere schlecht. Kleine und mittlere Landwirtschaftsbetriebe sind so dem Untergang geweiht.
Das ist nicht das Europa, das wir wollen. Wir Grünen unterstützen die lokale Produktion, die eine gute Lebensqualität für die Tiere garantiert, eine Produktion, die sich an den Möglichkeiten des jeweiligen Landes orientiert, und eine lokale Schlachtung. Nur diese Art von Landwirtschaft und Züchtung kann das Überleben und die Entwicklung der kleinen und mittleren Betriebe, auch in Südtirol, garantieren", so Foppa, Dello Sbarba und Staffler.
 
 

Wohl der Transporteure

 
Herbert Dorfmann will diese Kritik so nicht stehen lassen. „Ich habe in meiner Rede ausdrücklich unterstrichen, dass die Tiere ein Recht auf einen guten Transport haben und dazu den Transporteuren auf die Finger geklopft werden muss, wenn sie Auflagen nicht einhalten“, kontert der SVP-Politiker jetzt in einer Aussendung.
 
 
Im Untersuchungsausschuss des EU-Parlamentes, dem Dorfmann angehört und der eineinhalb Jahre lang getagt hat, sei mehrmals vor allem auch von Tierschutzorganisationen, die Tatsache aufgeworfen worden, dass die heute bestehende Gesetzgebung in den Mitgliedstaaten unzureichend kontrolliert wird. Damit könnten unseriöse Transporteure Transporte billig anbieten und diese auch noch schlecht ausführen.
Dorfmann: „Das führt dann zu Tierleid und bringt jene Transporteure in Bedrängnis, welche ordentlich arbeiten. Das habe ich in meiner Rede gesagt und dazu stehe ich auch. Ich habe in keiner Weise das Wohl der Tiere gegen das Wohl der Transporteure ausgespielt, wie es die Grünen behaupten.“
 

Dorfmanns Rede

 
Was aber hat Herbert Dorfmann in seiner 1,5 Minuten langen Stellungnahme im EU-Parlament wirklich gesagt.
Urteilen Sie selbst.
 
 

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Hans Tsrigauner Di., 25.01.2022 - 14:40

Dorfmann der Aal!

Tiere werden von Spanien über das Mittelmeer in die Türkei gebracht (das haben die Recherchen vom letzten Jahr gezeigt). D.h. die Tiere fahren über einen langen Zeitraum unter schlechtesten Bedingungen übers Mittelmeer bei hohen Temperaturen. Anschließend werden sie brutal nach ilamischen Methoden geschlachtet.
"Große, seriöse Transporteure" Come on Dorfmann, wer soll das noch glauben!

Di., 25.01.2022 - 14:40 Permalink
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Herta Abram Di., 25.01.2022 - 14:51

Fakt ist: der derzeitige Rechtsrahmen für einen ausreichenden Tierschutz beim Tiertransport ist nicht gewährleistet. An Land, wie am Wasser. Darüber kann keine schwammige Rede eines Herbert Dorfmanns hinwegtäuschen.
Mut und ein weiterentwickeltes Weltbild hätte Herr Dorfmann gezeigt, wenn er sich für Tierwohlgesetze und Tierschutzrechte eingesetzt hätte. - Kontrollen alleine sind zu wenig Herr Dorfmann....

Di., 25.01.2022 - 14:51 Permalink
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Martin.M. Lintner Di., 25.01.2022 - 17:30

Die verabschiedete recommendation P9_TA(2022)0015 zum Schutz von Tieren beim Transport (https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2022-0015_DE.pdf) enthält viele wichtige Punkte, die umzusetzen längst an der Zeit sind, z.B. die Aufforderung, „in abgelegenen Gebieten, insbesondere in Berg- und Inselgebieten, mobile Schlachtanlagen zu fördern“. Ich lese aber auch viele Punkte, die ich kritisch sehe und wo ich mir definitiv mehr erhofft habe.
Die Höchsttransportdauer von Schlachttieren wird in der recommendation auf 8 Stunden festgelegt. (In welcher Gegend Europas liegt der nächstgelegene Schlachthof 8 Stunden entfernt?) Bei den anderen Tieren wird überhaupt nur eine „Überarbeitung der Bestimmungen über die maximale Transportdauer“ gefordert, „damit Erkenntnisse aus abgeschlossenen und laufenden wissenschaftlichen Studien aufgenommen sowie tierspezifische Erkenntnisse und Bedürfnisse im Zusammenhang mit der Tierart, dem Alter und der Kategorie berücksichtigt werden können“. Auch der Transport von nicht abgesetzten Tieren bleibt erlaubt. Gefordert wird lediglich, „dass mehr Forschung betrieben werden muss, um das Wissen über die besonderen und konkreten Bedürfnisse von jungen und von noch nicht abgesetzten Tieren während des Transports zu verbessern“. Schließlich ist die Rede von der „Ansicht, dass der Transport von nicht abgesetzten Tieren vermieden und bei weniger als vier Wochen alten Kälbern nicht genehmigt werden sollte“, von der „Auffassung, dass die Transportbeschränkungen für diese Tiere in der künftigen Verordnung ernsthaft in Betracht gezogen werden sollten“. Das sind im Grund genommen, zumindest von der Formulierung her unverbindliche Absichtserklärungen. Ebenso unverbindlich von „der Ansicht sein“ und „der Auffassung sein“ ist in Bezug auf den Transport trächtiger Tiere die Rede: „ist der Ansicht, dass trächtige Tiere nicht transportiert werden sollten, und vertritt die Auffassung, dass der Transport trächtiger Tiere im letzten Gestationsdrittel auf eine Höchstdauer von vier Stunden begrenzt werden sollte“.
Ich bedauere es auch sehr, dass sich die Parlamentarier nicht dazu durchringen konnten, den Export von Tieren in Nicht-EU-Länder zu unterbinden. Was in den Nr. 127 ff zum Transport in Nicht-EU-Länder angeführt wird, sollte doch bereits jetzt umgesetzt werden, wird es aber offensichtlich nicht.
Bezüglich der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 heißt es lediglich, dass sie an die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ angepasst werden soll, nicht jedoch, dass Defizite aus der Sicht des Tierschutzes behoben werden sollen.
Man kann nur hoffen, dass EU-Kommission das Beste aus dieser Empfehlung des Europäischen Parlaments herausholt und vielleicht, sofern rechtlich möglich, über die Empfehlungen hinausgeht.
Ein kurzer Kommentar zum Video von Herrn Dorfmann, mit dem ich mich darüber auch bereits persönlich ausgetauscht habe: „Wir können nicht zulassen, dass seriöse Transporteure - und die sind immer noch die große Mehrheit - immer mehr unter Druck geraten, weil andere billiger und schlecht arbeiten“ – das ist auch mir sauer aufgestoßen. Noch spiegeln Berichte wie dieser ganz aktuelle leider nicht Ausnahmesituationen, sondern den täglichen Wahnsinn wider: https://www.stern.de/panorama/tierquaelerei--reporterin-begleitet-tagel…. Und ich stelle mir die Frage: Sind auch jene, die nach Ungarn, an die Häfen in Kroatien, nach Spanien etc. transportieren und mit Unternehmen kooperieren, die in Nicht-EU-Länder exportieren, seriös? Bei den Schiffstransporten sind das Hauptproblem auch nicht Transporte zwischen den Inseln innerhalb von Europa, sondern auf dem Mittel- und dem Schwarzen Meer oder über den Suezkanal nach Saudi Arabien etc. Siehe dazu: https://bit.ly/3ym4bvj.
Herr Dorfmann sagt im Video selbst, dass es sich um einen Kompromiss handelt. Einen Kompromiss kann man für gut oder schlecht halten, Kritik daran muss jedenfalls möglich und erlaubt sein. Ich hoffe sehr, dass nicht auch diesmal wie bereits früher das Thema Tierschutz, um das es gehen soll, in einem parteipolitischen Schlagabtausch untergeht.

Di., 25.01.2022 - 17:30 Permalink
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Herta Abram Di., 25.01.2022 - 19:01

Antwort auf von Martin.M. Lintner

Viele menschliche Eigenschaften und Gefühle kann man genauso gut bei Säugetieren beobachten, z.B. Fürsorglichkeit, Hilfsbereitschaft, Kooperation, das Empfinden von Freude und Trauer, die Suche nach einem angenehmen Leben und vieles mehr. Säugetiere unterscheiden sich in Kognition, Emotion und Empathie nur graduell von menschlichen Tieren (Menschen). Sie sind Subjekte, die über Bewusstsein verfügen und über das Vermögen, ihre Umwelt zu gestalten, und entsprechend sind sie zu behandeln. Die Art und Weise, wie wir Menschen miteinander umgehen, hat etwas damit zu tun, wie wir mit unseren Tieren umgehen. Nicht, dass wir Fleisch essen ist das Problem, sondern wie wir es produzieren und wie wir dabei die Tiere quälen. Das muss nicht sein.
Danke Martin M. Lintner! Dass Sie Ihre Stimme für die Gute-Seite, - von menschlicher Machtgebrauchsmöglichkeit - , erheben und sich dafür einsetzen, dass Tiere als Subjekte in der Rechtsprechung beteiligt werden und zu Trägern von Rechten gemacht werden. Maßstab ist hier nicht das öffentliche Interesse, sondern das Interesse der Tiere selbst. Das Eigenrecht der Tiere auf ein ihnen gemäßes Leben muss rechtlich verankert werden.
Eine Politik, die solche Vorschläge für nicht umsetzbar erklärt, handelt verantwortungslos und betreibt reine Klientelpolitik, die als Einzige vom jetzigen System profitieren.

Di., 25.01.2022 - 19:01 Permalink
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Martin.M. Lintner Mi., 26.01.2022 - 07:32

Antwort auf von Herta Abram

Nach meinem gestrigen Kommentar erreicht ich mich auf privatem Weg eine Rückmeldung mit zwei kritischen Anmerkungen: Kompromisse seien nötig und warum ich das Ansinnen kritisch sehe, dass es weitere nutztierwissenschaftliche Studien geben soll, um die Transportbestimmungen den aktuellsten wissenschaftlichen Forschung anzupassen.
1. Zu den Kompromissen: Dass es solche geben muss, ist klar. Kompromisse braucht es dort, wo es Interessenskonflikte gibt. Hier besteht der Konflikt zwischen den Interessen des Tierschutzes und der Tiernutzung. Zu den Tieren: Die EU bekennt sich seit dem Lissabonvertrag (2007) dazu, dass „in den Bereichen Landwirtschaft …, Verkehr … den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung zu tragen ist“. Auch in der Empfehlung vom 20.01.2022 heißt es an einer Stelle, „dass das Tierwohl oberste Priorität genießen sollte und dass Wissenslücken im Wege vermehrter wissenschaftlicher Forschung geschlossen werden sollten“. Die bisherige Erfahrung und Praxis zeigt leider, dass in konkreten Interessenskonflikten mit der Tiernutzung - hier also die Interessen der Ladnwirtschaft, Tiertransporteure, Fleischverarbeitung - Kompromisse zu Lasten der Interessen des Tierschutzes gehen.
2. Zu den wissenschaftlichen Studien: Solche begrüße ich grundsätzlich! Meine Kritik ist jene, dass es bereits genügend wissenschaftliche Studien gibt, auf die man unmittelbar zurückgreifen könnte und die deutlich aufzeigen, dass die derzeitige Rechtsregelung unzureichend ist und oft nicht eingehalten wird und dass die gängige Praxis dem nutztierwissenschaftlichen Forschungsstand nicht entspricht.
Eine kurze Rückmeldung zum Kommentar von Frau Herta Abram: Danke für das positive Feedback. Ich setze mich mit Überzeugung für die rechtliche Stärkung und Verbesserung des Tierschutzes ein. Im vielfältigen Spektrum der Tierethikpositionen ordne ich mich aus philosophischen Gründen den Tierschutzpositionen zu.

Mi., 26.01.2022 - 07:32 Permalink
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Peter Paul Ped… Di., 25.01.2022 - 17:35

da gehört ein künstler hinauf.. sie haben wesentlich mehr einfühlungsvermögen.. erstrecht wie man hört.. tieren gegenüber.. und krawatten machen da oben auch keinen besseren lügner daraus..

Di., 25.01.2022 - 17:35 Permalink
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Salto User
Silke Raffeiner Mi., 26.01.2022 - 13:25

Wie eine Amtstierärztin aus Deutschland auf einer Tagung an der Uni Bozen am 4. Oktober 2019 berichtete, sind viele der derzeit durchgeführten Lebendtiertransporte über lange Strecken und speziell in Länder außerhalb der EU nicht in Einklang mit den geltenden Bestimmungen und dürften folglich von Behörden, die ihre Überwachungs- und Kontrollfunktion ernst nehmen, gar nicht abgefertigt werden.
Die Lebensmittelwirtschaft muss endlich dazu übergehen, Tiere, die für die Schlachtung bestimmt sind, erst nach derselben über weite Strecken zu transportieren - also die toten Tierkörper, Tierhälften usw.
Und die Milchwirtschaft in Südtirol muss sich Gedanken darüber machen, wie die männlichen Kälber der Südtiroler Milchkühe vor Tierleid, u.a. durch lange Transporte in andere Länder, bewahrt werden können.

Mi., 26.01.2022 - 13:25 Permalink
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Stefan S Mi., 26.01.2022 - 16:27

Antwort auf von Silke Raffeiner

"Die Lebensmittelwirtschaft muss endlich dazu übergehen, Tiere, die für die Schlachtung bestimmt sind, erst nach derselben über weite Strecken zu transportieren - also die toten Tierkörper, Tierhälften usw."
Schlachtung und Temperatur geführte Transporte sind wesentlich teurer als die derzeit gelebte Praxis.
Insbesondere die Tiere welche für den EU Export bestimmt sind haben sehr geringe Gewinnmargen so das der Transport vertraglich auf den Käufer geschrieben wird welcher diesen mit sehr niedrigen Standard bis gar keinem Standards durchführt.
"und dürften folglich von Behörden, die ihre Überwachungs- und Kontrollfunktion ernst nehmen, gar nicht abgefertigt werden."
Sehr richtig, die Kontrollen wären sehr aufwendig und kostenintensiv weil die Behörden bei Beanstandungen den jeweiligen Transport stoppen müssten und die Aufgabe des Tierwohls übernehmen, bedeutet das man tiergerechte Auffangstationen einrichten müsste.

Mi., 26.01.2022 - 16:27 Permalink
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Dominikus Ande… Mi., 26.01.2022 - 15:19

Ich weiß nicht warum das so ist, aber immer wenn ich einen Satz des Parlamentariers Dorfmann lese, verstehe ich genau das Gegenteil. Sicher liegt es nur an mir, ich weiß.

Mi., 26.01.2022 - 15:19 Permalink
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Sonja Günthner Mi., 26.01.2022 - 22:05

Der Redebeitrag von Herrn Dorfmann ist in der Tat sehr aufschlussreich! In einem Punkt muss man ihm sicher zustimmen. Würden die Mitgliedstaaten die bereits bestehenden EU- Vorgaben besser nutzen und umsetzen, wären einige tierschutzrechtliche Verstöße während des Transports vermeidbar. Dieser Umstand trifft aber auf nahezu jede Rechtsumsetzung innerhalb des Gemeinschaftsrechts zu und ist hier nicht Kern des Problems. Beim Tierschutz/Tiertransport sind nämlich die EU-Vorgaben schon so unzureichend und niedrigschwellig formuliert, dass die Wege für „das Recht auf einen guten Transport“ überhaupt nicht geebnet sind, sondern die Transportbedingungen für die Tiere über weite Strecken grausam und unzumutbar sind.

Zu schlussfolgern, die nationalen und lokalen Behörden müssten nur „ganz einfach ihren Job machen“, um die schrecklichen Bilder in der Presse zu vermeiden (ach, geht es darum?) zeigt, dass an einer deutlichen Änderung der Zustände gar nicht gelegen ist. Vielleicht sollte man den lokalen Behörden erst einmal brauchbare Vorschriften und weitreichende Vollzugsmöglichkeiten anhand geben, damit sie ihren Job ordentlich machen können, bevor man die Schuld verteilt. Die Versäumnisse beginnen hier ganz klar beim Gemeinschaftsrecht. Einige Gerichtsurteile zeigen beispielsweise, dass das Gemeinschaftsrecht die lokalen Behörden daran hindert, im Sinne des Tierschutzes Transportgenehmigungen zu versagen oder zu modifizieren. Dass die nationalen Regierungen dann weitere Defizite generieren, z.B. durch Lobbyismus nationaler Abgeordneter oder mangelnde Personalausstattung sowie Versäumnisse beim Vollzug, das kommt dann noch oben drauf.

Im Beitrag wird weiterhin deutlich, dass nur wenige Sätze den Tieren gelten, von unerträglichem Leid ist aber nicht gerade die Rede. Der weitaus größere Anteil der 1.5 Minuten ist dem Verständnis für Transporteure und andere Wirtschaftsakteure sowie dem Eigenlob der Ausschussarbeit gewidmet. Insofern ist die im Artikel genannte Bestürzung der Grünen durchaus nachvollziehbar.

In der Politik müssen immer Kompromisse gefunden werden, das ist klar. Grausamkeiten, die man selbst nicht spürt, lassen sich aber nicht einfach als Kompromiss kleinreden, man muss es dann auch ehrlich benennen, als das was es schlichtweg ist: Ein bewusstestes Wegschauen und in Kauf nehmen von Leid zugunsten aller Wirtschaftsteilnehmer, die von diesem System profitieren! Hört sich halt nicht so gut an. Von einem guten Kompromiss zu sprechen, halte ich daher absolut nicht für angemessen, auch da nicht erkennbar ist, was im späteren Rechtsetzungsverfahren tatsächlich für die Tiere herauskommt. Der Kommission und den Mitgliedstaaten wird abermals viel Raum für kosmetische Änderungen eingeräumt. Was wirklich geholfen hätte, wäre der absolute Vorrang von Fleischtransport vor Lebendtiertransport gewesen und ganz entschieden das Exportverbot in Drittstaaten. An den Außengrenzen verabschiedet die EU sich dann jedoch endgültig von ihren wohlklingenden Bekenntnissen und Wertvorstellungen und schaut nochmals weg!

Mi., 26.01.2022 - 22:05 Permalink
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Hans Pfeiffer Mi., 26.01.2022 - 22:50

Antwort auf von Sonja Günthner

Danke!
Ich würde mir wünschen, dass sich die Entscheidungsträger in solchen Expertensitzungen einen Tag mal Zeit nehmen und gemeinsam an der EU-Grenze, an einem Umschlags-Hafen oder auch einfach an einem Größeren innereuropäischen Schlachthof die Tiertransporte ansehen. Mich lässt das Gefühl nicht los, dass viele einfach nicht wissen was da passiert….

Mi., 26.01.2022 - 22:50 Permalink
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Profil für Benutzer Hans Pfeiffer
Hans Pfeiffer Mi., 26.01.2022 - 22:50

Antwort auf von Sonja Günthner

Danke!
Ich würde mir wünschen, dass sich die Entscheidungsträger in solchen Expertensitzungen einen Tag mal Zeit nehmen und gemeinsam an der EU-Grenze, an einem Umschlags-Hafen oder auch einfach an einem Größeren innereuropäischen Schlachthof die Tiertransporte ansehen. Mich lässt das Gefühl nicht los, dass viele einfach nicht wissen was da passiert….

Mi., 26.01.2022 - 22:50 Permalink
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Evi Keifl Do., 27.01.2022 - 09:27

Nur zur Erinnerung: Am 19. Dezember 2020 beschloss das Europäische Parlament die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses „zur Prüfung von mutmaßlichen Verstößen bei der Anwendung von EU-Rechtsvorschriften zum Schutz von Tieren beim Transport und damit verbundenen Vorgängen innerhalb und außerhalb der EU“. Dies geschah auch aufgrund massiven zivilgesellschaftlichen Druckes nach zahlreicher grauenvollen Medienberichten, die unerträgliche Bilder über die Zustände bei den Tiertransporten lieferten. Die großen europäischen Tierschutzorganisationen haben in einem nie da gewesenen Schulterschluss Zuarbeit geleistet, haben noch im November und Dezember mit spektakulären Protestaktionen aufgerüttelt und die grausamen Fakten aufgezeigt. Dazu kamen Millionen von Unterschriften aus der ganzen EU. Filmdokus mit vor Schmerzen und Verzweiflung schreienden Tieren wurden sogar im Plenarsaal des Parlamentes gezeigt, ich erinnere mich an die Bilder von Parlamentariern, die sich Augen und Ohren zuhielten. Niemand kann behaupten, dass er oder sie nicht wusste und nicht weiß, was auf den Transportern und bei den Verladestationen los ist. Und genauso hätte niemand erwartet, dass dieser Untersuchungsausschuss eine derartige Nullnummer liefert. Mich persönlich erfasst blankes Entsetzen bei der Vorstellung, wie komplett losgekoppelt von jeglicher menschlichen Emotion Man(n) sein muss, um auf diese offensichtlichen, millionenfachen, unerträglichen Qualen von Mitgeschöpfen mit „Kompromissen“ zu antworten. Man(n) hätte es in der Hand gehabt. In diesem Untersuchungsausschuss hätte Man(n) es in der Hand gehabt, Schafen, Kälbchen, erwachsenen Rindern, Kaninchen, Hühnern unendliche Qualen zu ersparen. Warum Man(n) es nicht wollte, muss Ma(n) wohl mit seinem Gewissen ausmachen.

Do., 27.01.2022 - 09:27 Permalink
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Stefan S Do., 27.01.2022 - 11:01

Antwort auf von Evi Keifl

"Warum Man(n) es nicht wollte, muss Ma(n) wohl mit seinem Gewissen ausmachen."
Erschreckend ist doch das dieses Gewissen scheinbar gar nicht vorhanden ist, wie sonst kann so ein beschämender Kompromiss überhaupt zustande kommen und noch viel schlimmer, in der Praxis nochmals schlechter praktiziert werden.
Solange Tierwohl nur ein wirtschaftlicher Aspekt bleibt und immer der Gewinnmaximierung untergeordnet wird, kann es kein Tierwohl geben!
Und was man auch beachten sollte, die Misshandlung der Tiere beginnt bereits größtenteils in der industriellen Aufzucht. Der Abtransport, insbesondere der EU Export sollte man schon so bezeichnen wie er teilweise ist, ein Holocaust für Tiere.

Do., 27.01.2022 - 11:01 Permalink
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Profil für Benutzer Martin Ancient
Martin Ancient Do., 27.01.2022 - 12:30

In der Tat ist das etwas beruhigend.
Wendehälse finden aber leider zu oft die Schlupflöcher, entgegen kommt ihnen das zu kurze Gedächtnis der Menschen, selbst in einem evidenzbasierten Umfeld.

Unabhängig davon: ich finde es schöne, dass er in dieser kurzen aber redundanten Rede (wenn man den Ton ausschaltet und die automatisch generierten Untertitel von Youtube einschaltet, hat der Beitrag zumindest einen zynisch/komödiantischen Wert) auch noch kurz Zeit gefunden hat, seinem Hauptklientel, den Bauern, "s'Bauchele" zu streicheln. Dies soll kein Affront meinerseits gegenüber den Bauern sein, zeigt aber leider das Politikverständnis dieses(r) Herren: null Substanz, nur heiße Luft.

Do., 27.01.2022 - 12:30 Permalink
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Profil für Benutzer Ludwig Gruber
Ludwig Gruber Mo., 31.01.2022 - 07:48

er hat so getan, wie wenn überregionale Transporte die Ausnahme wären und damit ein falsches Bild gezeichnet. Der Großteil des Fleisches kommt aus den größten Schlachtbetrieben kommt (zB haben die 10 größten deutschen Schweineschlachter 82% Marktanteil). Die industriellen Strukturen werden immer besser abgesichert. https://www.agrarheute.com/tier/schwein/isn-schlachthofranking-konzentr…

Mo., 31.01.2022 - 07:48 Permalink