Gesellschaft | Warum so?

Mein Freund Putin

Er wird den Brief nicht lesen, aber ich wollte ihn schreiben. So wie ich damals dem Saddam H. einen Brief geschrieben hatte, der aufgrund "Traffico sospeso" retour kam.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
putinmeinfreund.jpg
Foto: KMR

Lieber Wladimir!

Ich wollte dir eigentlich erst am 7. Oktober zu Deinem 70. Geburtstag schreiben. Aber aus gegebenem Anlass habe ich es vorgezogen Dir schon jetzt zu gratulieren. Noch nicht zum Geburtstag, aber zu den Folgen die Dein Vorgehen nach sich ziehen werden.
Ach ja, Du kannst Dich vielleicht nicht mehr an mich erinnern. Ich bin der Klemens aus einem kleinen Land in Europa, genauer gesagt Italien. Und noch genauer beschrieben bin ich aus Bozen in Südtirol, einer kleinen autonomen Provinz im Norden, an der Grenze zu Österreich, zu dem dieser Landstrich früher einmal gehörte. Ach ja, vielleicht erinnerst Du Dich; Hier in Meran haben wir ja dieses Zarenbrunn - Borodina, das Zentrum zur Förderung der Beziehungen zwischen Russland und Südtirol.

Was ich Dir schreiben wollte. Ich bin ziemlich enttäuscht von Dir. Dein feiger Überfall und Einmarsch in ein souveränes Land hat dich vielleicht noch bekannter gemacht, aber glücklich machen wird dich das nicht. Weißt Du warum? Nein, ... natürlich werden Dich die Sanktionen nicht beeindrucken und von unseren Armeen hast Du ebenso nicht viel zu befürchten.
Aber weißt Du was. Die Zeit der Zaren ist längst vorbei. Wir sind im 21. Jahrhundert angekommen. Die Menschen sind heute anders, sie sind freiheitsliebend, sie respektieren die Völker- und Menschenrechte. Und sie versuchen so etwas ähnliches wie Demokratie. Es geht diesbezüglich so halbwegs gut hier. Bei Dir drüben gibt es diese Bewegung natürlich auch schon. Ich weiß nicht wie lange Du diese noch unter den Deckel drücken kannst.

Was ich dir als Freund sagen wollte: Du bist einfach ein unintelligenter Arsch. Nicht dass Du blöd wärst ... Deine Heimholung der Ukraine wäre ein genialer Schachzug. Na ja, lügen ohne rot zu werden konntest Du ja schon immer. Ach ja, ich wollte Dir sagen, dass wir noch ganz andere Dinge im Köcher haben. Wir werden Dir und Deinen Oliga-Kumpanen ein wenig den Spaß verderben. Du wirst Dich fragen wie wir das tun wollen.  Damit hast Du wohl nicht gerechnet:

Wir werden Deine Staatbürger die bei uns Urlauben höflich bitten die Koffer zu packen und abzureisen. Nicht in ein anderes demokratisches Land sondern home to Russia. Der Heini vom Quellenhof wird das ebenso tun wie der Niederkofler im Rosa Alpina oder der Michil vom La Perla. Die Damen und Herren Gäste werden Dir dann erzählen, dass sie hier aufgrund Deines Handelns nicht erwünscht sind. Die Borodina werden wir nur dulden, wenn sich die Mitglieder mehr als nur von Dir distanzieren.

Und weißt du was, wir werden sogar die Gasheizung um 2 Grad zurück drehen, wir werden auch mit Strom etwas sparsamer umgehen. Nicht nur weil er so teuer ist, sondern weil wir uns von Dir unabhängiger machen wollen.

Wir werden in richtig nachhaltige Energie investieren. Wasser, Sonne, Wind & Technik. Ja, mein lieber Freund, das hast Du verschlafen. Dann kannst Du Dir Dein Schröder-Gas sonst wohin oder in Deinen eigenen Hintern pumpen.

Freilich wird uns das Sparen etwas weh tun, aber wir halten das aus und stehen das durch. Anstatt TV-Gucken im T-Shirt, geht’s auch mit Pulli.

Was wollte ich Dir sonst noch schreiben? Deine ganzen Freunde werden sich in Zukunft wohl China als Urlaubsziel aussuchen müssen. Und auch nur dann wenn sie noch genügend Dollars in bar herum liegen haben. Früher oder später werden sich diese bei Dir beschweren. Viele andere Menschen auf der Straße werden das aus anderen Gründen tun. Keine international bekannte Persönlichkeit wird jemals wieder einen Fuß auf russischen Boden setzen. Es wird bei Dir kein F1-Rennen, kein Campions-League-Finale, keine WM, keine Olympiade, ... es wird bei Dir kein gar nichts mehr stattfinden! Und russische Fußballclubs in Europa sind jetzt auch out. 

Lieber Wladimir,
Dir scheint nicht bewusst zu sein, dass Dein eigenes Volk Dich früher oder später verräumen wird. Dein privates Kapital und das Deiner engsten Freunde wird weniger werden. Deinem Volk wird es schlechter gehen. Es wird aufbegehren. Und Du kannst sie nicht einfach alle erschießen. Oder glaubst du im ernst, dass die UkrainerInnen Dir bei den Wahlen ihre Stimme geben werden. Früher oder später wirst Du es trotz Wahlbetrug nicht mehr schaffen.

Lieber Wladimir,
Du hast Dich verzockt. Selbst jene Leute im Westen die sich nach einem „starken Mann“ sehnen oder für Dich gewisse Sympathien hegten haben sich abgewandt. Du bist nun ein Tyrann, ein Kriegsverbrecher, eine in westlichen Sphären „persona non grata“. So wie viele Deiner Freunde auch, die sich nicht mehr trauen werden ihre Luxuswillen in London, Paris, Berlin oder Monaco zu besuchen. Wir werden den Pelz-tragenden Ladys und Bentley-Fahrern freundliche Grüße an Dich ausrichten.

Ja mein lieber Wladimir,
Du und Deine Kriegsschürer habt vieles in Eure Strategien einfließen lassen, habt Euch von kleinen russischen Minderheiten in ehemaligen Sowjetrepubliken überzeugen lassen, dass sie in der Mehrheit wären. Aber Du hast nicht damit gerechnet, dass hier im Westen Menschen leben, die solche Vorgehen nicht mehr dulden. Wir als humanistische, aufgeklärte Menschengemeinschaft werden stärker sein als die angedrohten und verhängten Sanktionen. Und auch stärker als Kriegsmaterial.

Mein lieber Freund,
komm zurück an den Verhandlungstisch. Wir werden eine Autonomie-Lösung für Deine Landsleute in den Nicht-Russischen Ländern finden.
Ich gebe es zu; Wir haben da in der Vergangenheit viele Fehler gemacht. Die Ukraine war auch korrupt und von einer richtigen Demokratie weit weg. Aber die Zeiten ändern sich eben. Ja natürlich haben auch wir an der aktuellen Situation eine gewisse Mitschuld. Wir hätten wahrhaben sollen, dass man einen beleidigten, russischen Wolf zwei Mal fragen, zwischen den Zeilen lesen, und noch tiefer in die Augen schauen muss.

Und ganz am Ende lass ich Dich noch wissen, dass Deine Freunde immer weniger werden. Ihnen wird die weltweite Spielwiese fehlen. Und genau das, lieber Wladimir bedeutet Dein Ende.

Wenn Du hingegen wie ein Gorbatschow richtige Geschichte schreiben willst und nicht früher oder später vor einem nationalen oder internationalen Gerichtshof landen willst, dann lass es einfach. Oder anders herum. Sorge dafür dass es allen Russen auf der Welt gut geht, kümmere Dich um autonome Zuständigkeiten von Russen in anderen Ländern. Schau noch mehr auf Dein eigenes Volk in Russland. Lass den Schmarrn mit den Zwangslagern, Vergiftung von Kritikern, Cyberattacken usw. Nimm das Geld das wir Dir für Gas & Co. täglich hinüber schicken um Deinem Volk Brot und Spiele zu garantieren. Dann klappt das. Du wirst als Wladimir der Große in den Geschichtsbüchern stehen.   

Mit freundlichen Grüßen
Dein Klemens

p.s.: Freilich ist die Ukraine ein begehrtes, fruchtbares und reiches Land, reich an Bodenschätzen, seltenen Erden und fleißigen, produktiven Menschen ... die jetzt abhauen. Was bringt Dir das, wenn wir Dir die Sachen nicht abkaufen? 
 

So wie dieser Brief an Saddam Hussein "zurück gekommen" ist, wird auch dieser hier den Wladimir Putin nicht erreichen ... oder vielleicht liest Putin oder seine Internet-Maschinen sogar Salto-bz