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Hanspeter Munters erworbene Rechte

Bezieht der geschasste LVH-Direktor tatsächlich eine Arbeitslosenunterstützung, fragt seine Partei mit Empörung. Weit interessanter ist jedoch: Warum hat Hanspeter Munter - nicht nur - Anrecht auf Arbeitslose? Zumindest einen Teil der Antworten liefert sein ehemaliger Arbeitgeber.

Die 48-Stunden-Frist der Südtiroler Volkspartei für Hanspeter Munter läuft seit Montag Nachmittag. Die Frage, die man in der Bozner Brennerstraße vom ehemaligen Mandatar und langjährigen LVH-Direktor geklärt haben will: Bezieht Munter derzeit tatsächlich eine Arbeitslosenunterstützung von über 1100 Euro – und macht sich damit eines „schwer parteischädigenden Verhaltens“ schuldig, wie es am Montag auf der Parteileitung in der Bozner Brennerstraße formuliert wurde? Die Antwort darauf liegt auch vor einer Stellungnahme des als „Abzockers“ am Pranger stehenden langjährigen SVP-Politikers auf dem Tisch. Zwar nicht von offizieller Stelle. Denn wie INPS-Direktor Helmut Warasin mit Verweis auf Privacy-Bestimmungen erklärt: Wir geben prinzipiell keine Auskünfte zu Beitragszahlungen oder sonstigen Leistungen“.  Doch wie salto.bz vorliegende Dokumente beweisen, ist es nicht nur ein Fakt, dass Hanspeter Munter seit Ende November offiziell als arbeitslos gemeldet ist. Er hat ungeachtet aller moralischen Überlegungen auch einen rechtlichen Anspruch darauf.

Fristlose Kündigung im September

Der Grund dafür liegt bei seinem ehemaligen Arbeitgeber LVH. Obwohl der Landesverband der Handwerker das Ende seines Arbeitsverhältnisses mit dem langjährigen Direktor  nur in Zusammenhang mit einer einvernehmlichen Lösung im Februar kommuniziert hat, endete Munters Vertrag bereits während seiner Zeit als Landtagsabgeordneter – und damals gerade –  Wahlkampfmanager der Südtiroler Volkspartei. Dies ist schwarz auf weiß auf einem Schreiben nachzulesen, mit dem Munter am 19. September fristlos vom LVH gekündigt wurde – unter Verweis auf eine Anfang September ausgesprochene Disziplinarmaßnahme. Damit ist zwar erklärt, wieso Hanspeter Munter bereits seit Ende November rechtlichen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung hatte. Gleichzeitig stellt sich aber die Frage, ob der Verband mit einer solch unrechtmäßigen Kündigung während eines politischen  Wartestandes nicht die Abfindungszahlungen an seinen ehemaligen Direktor in die Höhe getrieben hat – beziehungsweise was so gravierend war, dass man nicht zumindest einen weiterem Monat abwarten konnte, um den ungeliebten Angestellten loszuwerden.

Rechtsstreit mit einem Gewinner

Antworten darauf sind von LVH-Präsident Gert Lanz nur in verschlüsselter Form zu erhalten. „Wir haben schon unsere Gründe gehabt“, bestätigt der die Kündigung Munters im vergangenen Herbst. Diese seien ihm bereits bekannt gewesen, seit er vor drei Jahren als Präsident angetreten war. Da damit „jegliche Basis für eine weitere Zusammenarbeit im Vertrauen zerstört worden war“, hätte man sich beim LVH für einen klaren Schnitt vor dem Ende von Munters politischem Wartestand entschieden. Damit wurde aber auch der Auftakt für einen mehrmonatiger Rechtsstreit gegeben, der den LVH zumindest laut Informationen der Südtiroler Tageszeitung zumindest 400.000 Euro gekostet haben dürfte. Denn neben den ursprünglich kolportierten 200.000 Euro Abfindung soll Munter zusätzliche 200.000 Euro für die Auslösung seiner Führungsposition in der Bildungs- und Servicegenossenschaft des LVH erhalten haben.

Zahlen, die Lanz weder bestätigt noch dementiert. Zumindest nicht für die Öffentlichkeit. Den Mitgliedern dagegen würden spätestens bei der LVH-Delegiertenversammlung am 12. April alle Zahlen vorgelegt, sagt er. Klar sei, dass die Summe jedoch nicht  von der Kündigung während des  politischen Wartestands determiniert worden sei. „Das war eines der wenigen Argumente, das die Anwälte der Gegenseite nicht herausgezogen haben,“, meint der LVH-Präsident. Vielmehr zwinge das italienische Arbeitsrecht Arbeitgeber sich in solchen Fällen „gewissermaßen aus einem Arbeitsverhältnis herauszukaufen“. Sprich: Die Geschassten für die restliche Vertragszeit zu entschädigen. Eine mögliche Schuldfrage wird laut Lanz in solchen  Fällen wenn erst in einem zweiten Schritt berücksichtigt. „Zuerst heißt es einmal zahlen.“

"Dass jemanden, der zuletzt ein Bruttogehalt von 16.500 Euro hatte, derartige Entschädigungen zustehen, ist weder für mich noch für sonst irgendjemanden in Südtirol nachvollziehbar.“

Zumindest die Verhandlungsbasis für eine solche Zahlung kann im Fall Munter aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen nachgerechnet werden.  Bei einem Bruttogehalt von 16.500 Euro und 30 Monaten, die sein Vertrag noch gelaufen wäre, kommt bereits ein schönes Sümmchen zusammen. „Jeder soll sich selbst ausdenken, was noch darauf zu schlagen ist, wenn jemand nicht gehen will, sich unfair behandelt fühlt und sagt, ich bekomme keinen Job mehr“, ist alles was Lanz an Hinweisen gibt. Für den LVH-Präsidenten ist „letztendlich aber unerheblich, ob am Ende 50.000 oder 800.000 Euro herauskommen. Denn: „Dass jemanden, der zuletzt ein Bruttogehalt von 16.500 Euro hatte, derartige Entschädigungen zustehen, ist weder für mich noch für sonst irgendjemanden in Südtirol nachvollziehbar.“

Doch offenbar gibt es nicht nur in Regionalgesetzen, sondern auch im Arbeitsrecht erworbene Rechte , die zumindest unter bestimmten Konstellationen sauer aufstoßen – oder Parteien schädigen, wie es die Südtiroler Volkspartei sieht. Ob sie deshalb zum angedrohten Mittel Parteiausschluss greift? Noch läuft das Ultimatum.