Gesellschaft | Gastronomie
Stirbt unsere Gasthauskultur?
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Um die Dorfgasthäuser und Dorfbars zu erhalten, müssen sie mit Initiativen und Förderungen in den Mittelpunkt gerückt werden, ist Helmut Tauber überzeugt. Bereits 2019 brachte der SVP-Landtagsabgeordnete und HGV-Bezirksobmann des Eisacktales einen Beschlussantrag ein, mit welchem gezielte Maßnahmen gefordert werden, um die traditionellen Dorfgasthäuser und Dorfbars zu unterstützen. Rund ein Jahr später hat die Landesregierung Förderungen für gastgewerbliche Nahversorgungsdienste genehmigt. Unterstützt werden damit Betriebe in Ortschaften mit mindestens hundert Einwohnern, in denen nur der beantragende Betrieb angesiedelt ist. Für die Eröffnung eines Betriebs kann eine einmalige Förderung bis zu maximal 30.000 Euro gewährt werden, für die Aufrechterhaltung bis maximal 11.000 Euro. Auch Nahversorgungsbetriebe, die eine Neueröffnung beantragen, können die Förderung in Anspruch nehmen.
Negativ-Trend
Obwohl es keine detaillierte Daten zu den Betriebsauflassungen in einzelnen Orte oder Talschaften gibt, ist laut Tauber anhand der landesweit erhobenen Zahlen ein Negativtrend ablesbar. Demnach wurden in den letzten Jahren mehr Bars und Restaurants geschlossen, als neue eröffnet. „Fest steht, dass die Herausforderungen für Bars und Restaurants generell, aber insbesondere in Lagen, die touristisch weniger ausgeprägt sind, größer geworden sind“, so Tauber. Seit jeher galten die Gasthäuser und Bars vor Ort bzw. generell die Gastronomie als der zentrale Treffpunkt für Jung und Alt sowie für alle gesellschaftlichen Schichten. Mittlerweile habe sich der Bewegungsradius der Menschen erheblich erweitert, auch seien die Ansprüche gestiegen.
Das Gasthaus im Ort muss sich heute nicht nur der „lokalen“ Konkurrenz stellen.
„Das Gasthaus im Ort muss sich heute nicht nur der ‚lokalen‘ Konkurrenz stellen. Hinzu kommt, dass sich mit Corona das Konsumverhalten geändert hat“, betont der Eisacktaler Landtagsabgeordnete. Zu spüren bekomme dies auch der Handel. Hinzu komme der Mitarbeitermangel und die steigende Kosten, welche die Betriebsinhaber zunehmend ans Aufgeben denken lassen. „Schlussendlich läuft alles auf die Frage der Rentabilität hinaus. Aktuell ist es beispielsweise unmöglich, dass diese Betriebe die steigenden Kosten über Preiserhöhungen auffangen“, so Tauber, der weiters auf den Generationenwechsel verweist. Angesichts der Herausforderungen sei die Gefahr groß, dass einige dieser Betriebe nicht fortgeführt werden, wenn die Frage der Betriebsnachfolge unbeantwortet bleibt. Dieser Entwicklung müsse jedoch so gut wie möglich entgegengewirkt werden, ist der Landtagsabgeordnete überzeugt. „Der Verlust dieser Gastbetriebe hätte nämlich negative Folgen für das Dorfleben, die Vereine, den Handel und insgesamt für das gesellschaftliche Leben.“
Tourismus als Triebfeder
Das Gasthaussterben und das Verschwinden der traditionellen Wirtshäuser ist jedoch beileibe kein Südtiroler Phänomän. Blickt man in das benachbarte Tirol, so ist diese Entwicklung mittlerweile sogar Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten, wie beispielsweise jener von Alexander Plaikner, Victoria Hutterer, Hannes Klingler, Johanna Sparber, Barbara Weiskopf und Katharina Weiskopf. Ihre Evaluierung zu den Hintergünden über das Gasthaussterben wurde im November 2021 an der Universität Innsbruck veröffentlicht. Darin wird unter anderem der gesellschaftliche Wandel als maßgeblicher Faktor für den Niedergang der traditionellen Gasthäuser gesehen.
Wie Tauber erklärt, sei die Situation in Südtirol aktuell noch nicht mit jener wie beispielsweise in Österreich oder Deutschland vergleichbar. „Zudem haben wir das Glück, dass nur wenige Orte im Land von Abwanderung betroffen sind“, erklärt der Landtagsabgeordnete und betont, dass nicht zuletzt der Tourismus in Südtirol sehr stark zum Erhalt des ländlichen Raums beitrage und die wirtschaftliche Entwicklung in den Talschaften befeuere. „Er wirkt quasi als Zugpferd und sämtliche Branchen hängen daran. Das war vor 50 Jahren schon so und das gilt auch heute noch.“
Nichtsdestotrotz wird die Situation für die Dorfgasthäuser und Dorfbars schwieriger. Um diesen Betrieben eine Zukunft zu ermöglichen, müsse man entsprechende Maßnahmen setzen. Ziel des eingangs erwähnten Beschlussantrages und der Initiative sei es gewesen, so wie das im Handel bereits geschehen ist, die letzten gastgewerblichen Nahversorger vor Ort zu erhalten bzw. in Orten, die über keinen Gastronomiebetrieb mehr verfügen, Anreize für eine Wiedereröffnung zu sschaffen. Eine solche Sonderförderung könne, obwohl der Rahmen bescheiden ist, für den Betrieb viel ausmachen, ist Tauber überzeugt. Nach zwei Jahren seit Bestehen dieser Maßnahme gelte es allerdings die aktuellen Förderkriterien zu bewerten und gegebenenfalls nachzujustieren. „Ich sehe hier Luft nach oben“, betont der Landtagsabgeordnete. Viel wichtiger sei es seiner Meinung nach aber, die Attraktivität und die Lebensqualität der Orte im Allgemeinen zu stärken. „Schließlich handelt es sich hier um einen Kreislauf, in welchem sowohl die Dorfbar, das Gasthaus, die Vereine, der stationäre Handel, der Elektriker, der Friseur aber auch die Apotheke und der Hausarzt – um nur einige zu nennen – ungemein wichtig für die Lebensqualität vor Ort sind. Nicht zuletzt glaube ich an die Potenziale unserer Jugend, die mit neuen, innovativen Ideen einen – auch für sie erfüllenden – Beitrag zum Erhalt und zur Lebendigkeit der Dörfer und Täler leisten können. Hier gibt es ja tolle Beispiele, wo junge, motivierte Menschen auch in abgelegeneren Orten erfolgreich einen Gastbetrieb übernommen bzw. eröffnet haben“, so Tauber, der davon überzeugt ist, dass in Südtirol die Gasthauskultur weiterhin Bestand haben wird.
Das traditionelle Gasthaus ist Teil unserer Kultur und unserer Tradition und wird es auch weiterhin sein.
„Das traditionelle Gasthaus ist Teil unserer Kultur und unserer Tradition und wird es auch weiterhin sein. Nicht nur wir Einheimischen schätzen die Gemütlichkeit und das Zusammenkommen in den traditionellen Betrieben, sondern ebenso tun es die Gäste, die für genau diese Kultur und Tradition zu uns kommen und diese (mit-)erleben wollen.“ Ebenso überzeugt ist Tauber davon, dass es wichtig ist, immer wieder Akzente und Initiativen zu setzen, um die Gasthauskultur in unserem Land in den Mittelpunkt zu rücken und zu fördern. So läuft derzeit die Initiative „Euregio-Gasthaus-Tour“, mit der die Bedeutung der Gasthäuser unterstrichen wird. „Es geht um das Zusammensein, die Geselligkeit, umgut essen und trinken und ‚a Hetz hoben‘ “, so der Landtagsabgeordnete.
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Ich war gerade in einem
Ich war gerade in einem Bergdorf auf Urlaub, wo es zwar viele Ferienwohnungen gibt, auch Gasthäuser, aber kein Lebensmittelgeschäft. Die Ferienwohnungsmieter müssen 10 km fahren, um ihren täglichen Bedarf zu stillen.
Wäre es nicht eine Idee, ein Gasthaus mit einem Lebensmittelgeschäft zu kombinieren?
Da bliebe das Gasthaus und das Dorf hätte ein kleines Geschäft! (Es muss ja kein Vollsortiment sein.)
Autobahnraststätten machen das schon lange vor!
....die Antwort: ja!
....die Antwort: ja!
Warum sterben Bars und Gasthäuser? Gastwirt und Gastwirtin sein ist ein harter und anstrengender Beruf der viel Einsatz erfordert. Aufwand, steigende Kosten und kaum Freizeit machen diesen Job nicht gerade begehrenswert.
Beispiel Gratsch in Meran: dieser Stadtteil von Meran hat kein Gasthaus, keine Bar und nur eine Metzgerei! Entsprechend "harmlos" und uninteressant ist das gesellschaftliche, das politische Leben, es fehlen Kontakte und lokale Informationen. NB: jetzt wurde auch der einzige Parplatz beim Ex-Kircher wieder "privatiert", die Kirchgänger haben jetzt weder Gasthaus noch Parkplatz!! (Ironie hoch 2)
....das ist eine interessante
....das ist eine interessante Version, dass ein Bürgermeister die Schließung eines Gastlokals hätte verhindern können! Der Pächter wollte weitermachen, die Eigentümer hatten andere Pläne: sie wollten kein Gasthaus oder Restaurant, sie wollten den Kircher als Wohnhaus für sich. Schade um die schöne Gastwirtschaft mit dem herrlichen Garten!
....offensichtlich habe ich
....offensichtlich habe ich hier einen alten SVPler aufgeschreckt, der nicht verkraftet hat, dass ich den Stadtviertelrat Gratsch aus der Taufe gehoben habe. Stört mich nicht, nur nebenbei bemerkt fahre ich E-bike und brauche somit keine Belehrungen von Personen wie J.Ladurner! Jeder sollte vor seiner Türe kehren.
Das ist genau, was wir
Das ist genau, was wir ermöglichen sollten! Schön für Prettau!
Es wäre ja gelacht, wenn wir nicht in irgendeiner Weise der "marktbedingten" Zerstörung entgegenwirken könnten!
Die Gasthäuser werden auch
Die Gasthäuser werden auch die Inflation spüren, die viele Bürger zum Klemmen nötigen (wo bisher sparen ausreichte). Die Dorfläden werden von den Discountern weggewischt.
Antwort auf Die Gasthäuser werden auch von Dietmar Nußbaumer
Früher war auch nicht Alles
Früher war auch nicht Alles schön, was die Dorf-Gasthäser getrieben haben. Die wöchentliche oder noch öftere Abfüllung der Alkoholiker, mit den daheim zetternden Ehefrauen, sind durch die strengen Verkehrs-Regeln verblasst.
Außerdem behindert auch "die über-bordende Bürokratie" und inzwischen auch die Energie-Rechnungen, den rentablen Betrieb der Dorf-Gasthäuser.
Antwort auf Früher war auch nicht Alles von Josef Fulterer
Ich bin mit manchem
Ich bin mit manchem einverstanden, was da bereits geschrieben wurde, möchte aber noch hinzufügen, dass die Gemütlichkeit und Attraktivität vieler traditioneller Dorfgasthäuser zerstört wurde durch Umbauten und sog. Modernisierung der Lokale. Wo früher kleine, geschützte Nischen mit Eckbänken waren, wo man „rückenfrei“ sitzen und Karten spielen konnte, sind heute frei stehende moderne, kalte Tische mitten im Raum, die nicht mehr Geborgenheit vermitteln und somit auch nicht mehr zu längerem Verweilen einladen.
Antwort auf Ich bin mit manchem von Erich Daniel
Diese Aussage kann man nur
Diese Aussage kann man nur voll zustimmen!
Wer soll diesen Satz
Wer soll diesen Satz verstehen "... erschrocken sind nur Sie ( man Sie regelmässig mit einem Fahrzeug italienische Produktion)." !?
Antwort auf Wer soll diesen Satz von Sepp.Bacher
...FF, vorher Josef Ladurner
...FF, vorher Josef Ladurner ist etwas durcheinander geraten.
@Hermann Hermann: warum haben
@Hermann Hermann: warum haben Sie sich jetzt in "FF" umbenannt?
Antwort auf @Hermann Hermann: warum haben von Sigmund Kripp
....ganz einfach, er hat
....ganz einfach, er hat Befürchtungen als echter Gratscher erkannt zu werden ! Ironie Ende!
....komisch, vorher waren sie
....komisch, vorher waren sie noch Josef Ladurner und jetzt haben sie sich in ein FF umgewandelt. Hatten sie Angst erkannt zu werden lieber Herr Ladurner ?
Baukonzessionen und
Baukonzessionen und Umwiedmungen sind Kompetenz der Baukomidsion und des Gemeinderates. Bevor sie etwas behaupten lieber J.Ladurner, alias FF, bitte sicher genauer informieren!
Dasselbe habe ich beim
Dasselbe habe ich beim Geschäft "Wachtler" in Innichen gesehen!