Wirtschaft | Milchwirtschaft

Streit um die Zukunftsbilder

Der Arbeitskreis „Zukunft Südtiroler Bergmilch“ fordert von den Milchhöfen, dass sie sich innerhalb Dezember 2022 einigen und auf ihre Vorschläge eingehen sollen.
Milch
Foto: Othmar Seehauser
Kein Auskommen mit dem Einkommen heißt es für viele Bauern, die in der Milchwirtschaft tätig sind – trotz der 15 Millionen Euro an Hilfsgeldern, welche die Landesregierung aus dem Haushalt locker gemacht hat. Die Förderung beantragen konnten prämienberechtigte Landwirte mit mehr als 3 und höchstens 30 Großvieheinheiten (GVE), ausbezahlt wurden 300 Euro pro GVE. 15 Millionen Euro ist sehr viel Geld und für Hilfe jedweder Art sollte man grundsätzlich dankbar sein. In der Realität sind die Hilfszahlungen jedoch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein und lösen im Grunde nicht das Problem: die Ausgaben stehen in keinem Verhältnis zu den Einnahmen. Spricht man mit betroffenen Bauern, so konnten mit den Hilfsgeldern zwei, drei Futtermittelrechnungen gezahlt werden. Nicht zu vergessen die Neid-Debatte, die damit einherging, oder wie ein Bauer es formulierte: „Hergerichtet zum Streiten.“
 

Landesinterne Konkurrenz unterbinden

 
Wie berichtet hat sich der Arbeitskreis „Zukunft Südtiroler Bergmilch“ mit einem Schreiben an die Milchhöfe, den Sennereiverband, Südtiroler Bauernbund, an Landesrat Arnold Schuler und Abteilungsdirektor Martin Pazeller gewandt. Im mehrseitigen Brief ist zum einen eine Kostenrechnung enthalten, in welchem die betroffenen Betriebe die Ausgaben wie Futtermittel, Strom, Tierarzt sowie weitere Zahlungsverpflichtungen den Einnahmen aus dem Milcherlös gegenüberstellen. Weiters ist darin ein Forderungskatalog enthalten, mit welchem eine angemessene Milchpreisentwicklung für den Milcherzeuger gefordert wird, ein einheitlicher Auszahlungspreis von über 80 Cent für konventionelle Milch und von über 1 Euro für die Biomilch sowie eine übersichtliche Ausweisung des Auszahlungspreises Monat für Monat, um dem Milchbetrieb mehr Planungssicherheit zu geben.
 
 
 
 
Was die Genossenschaften betrifft, werden Informationen über die Mehrfachtreffen der Geschäftsführer verlangt, weiters soll die Zusammenarbeit der Milchhöfe vorangetrieben bzw. die landesinterne Konkurrenz zwischen den Genossenschaften unterbunden werden, ein zentrales Verteilungslager eingerichtet sowie die Logistik, die Vermarktung ohne Zwischenhandel und Investionen gemeinsam organisiert werden. Auf Ebene des Tourismus wird eine Unterstützung bei der Einführung eines „grünen Euros“ für den Erhalt der Berglandwirtschaft und bei der Kennzeichnungsverordnung für die Herkunft der Produkte und die Abnahme gefordert.
 

Das Zukunftsbild der Milchhöfe

 
Ob die Milchgenossenschaften willens sind, ihre Zusammenarbeit noch mehr „zu intensivieren“, steht auf einem anderen Blatt. Hinter vorgehaltener Hand spricht man mittlerweile allerdings von einer „unausweichlichen Fusion“. Derzeit arbeiten die Verantwortlichen am „Zukunftsbild 2032“, wie einem Schreiben der Sennereien an ihre Mitglieder zu entnehmen ist. „Wir leben in einer herausfordernden Zeit. Dies gilt für alle Wirtschaftssektoren und ganz im Besonderen für die Landwirtschaft, was verständlicherweise zu Unsicherheit und Besorgnis führt. Deshalb haben sich die Verantwortlichen der Südtiroler Milchwirtschaft intensiv mit der Zukunft beschäftigt. Sie haben sich der Frage gestellt, wie und wohin sich die Südtiroler Milchwirtschaft entwickeln soll, um weiterhin den Mitgliedern eine gesunde und wirtschaftlich tragfähige Zukunft zu sichern“, heißt es im Schreiben.
 
 
 
 
Die Obmänner und Geschäftsführer der Milchhöfe und Sennereigenossenschaften sowie des Sennereiverbandes unter der Leitung der Unternehmensberatung des Raiffeisenverbandes Südtirol haben am Zukunftsbild 2032 gearbeitet, um eine „durchdachte Strategie“ zu definieren und eine „Vision“ zu formulieren. Bei mehreren Treffen seien die Weichen für die kommenden Jahre gestellt worden – welche allerdings leider nicht genauer ausgeführt werden. Dafür erfährt man, dass „die Vision der Leitstern ist, an dem sich die gesamte Südtiroler Milchwirtschaft ausrichtet“, was bedeutet:
 
Beste Milchprodukte aus einer lebendigen Berglandwirtschaft
‒ Durch die Verarbeitung der Milch zu hochwertigen Qualitätsprodukten steigern wir die Wertschöpfung unserer Mitglieder.
‒ Damit tragen wir bei, dass die Berglandwirtschaft lebendig bleibt.
‒ Wir überzeugen unsere Kunden mit Transparenz, Nachhaltigkeit und Innovation.
 
Weiters wurden verschiedene Themenbereiche ermittelt, an denen in den kommenden Jahren gearbeitet werden soll. Ein wöchentlicher Energietisch zur Abstimmung und zum Einkauf von Gas und Strom wurde eingerichtet und es gibt im Bereich der Logistik sowie in den Bereichen Produktion, Produktaustausch, Tierwohl und Nachhaltigkeit bereits eine konkrete Zusammenarbeit.
 
Es stellt sich die Frage, ob die Bauern so lange durchhalten, bis die Maßnahmen greifen und wieviele von ihnen es 2032 noch geben wird.