Politik | Meran
„Architektursprache von heute“
Foto: CLAB architettura
Nun steht fest, wie die obere Freiheitsstraße in Meran neugestaltet werden soll. Die Jury des europaweit ausgeschriebenen Planungswettbewerbs und der Bürger:innenrat hat sich einstimmig für das Projekt von CLAB architettura aus Peschiera del Garda (Provinz Verona) ausgesprochen, eingereicht wurden insgesamt 13 Projekte.
Ob der Bürger:innenrat für die Durchführung des Planungswettbewerbs notwendig war, bleibt in Meran allerdings eine Streitfrage. Die Grünen hatten seine Miteinbeziehung in der vorigen Amtsperiode in einem Beschluss festgelegt. Georg Hager war als Interessensvertreter der Meraner Kaufleute selbst im Bürger:innenrat und zweifelt im Gespräch mit salto.bz an seiner Notwendigkeit. Die Koordinatorin des Wettbewerbs, Architektin Susanne Waiz, und Bautenstadtrat Stefan Frötscher (SVP) hingegen loben das Prozedere. „Ich habe die Idee des Bürger:innenrats begrüßt, habe aber auch viel Skepsis gesehen. Bei der Präsentation der Ergebnisse gab es dann einen übergreifenden Enthusiasmus“, so Frötscher.
Das Planungsareal zur Neugestaltung umfasst die obere Freiheitsstraße zwischen Theaterplatz und Sandplatz, aber auch die angrenzenden Straßenzüge, und zwar die Zufahrten und Lieferzonen um das Stadttheater, den Moserpark mit dem Zugang auf die Promenade, den gesamte Mühlgraben bis zur Einmündung in die Sparkassenstraße, die Leonardo-da-Vinci Straße bis zum Pfarrplatz und die Metzgergasse.
Laut Frötscher werden sich die Gesamtkosten für die Neugestaltung von 5 Mio. Euro auf 6 bis 8 Mio. Euro erhöhen. „Das hängt auch davon ab, welche Infrastrukturarbeiten unter der Erde durchgeführt werden müssen. Nun beginnt das Projektierungsverfahren, das etwa eineinhalb Jahre dauern wird“, so Frötscher.
Das Auswahlverfahren
„Sämtliche Projekte, die sich am Wettbewerb beteiligt haben, waren ausgezeichnet. Die Wettbewerbsaufgabe war wirklich schwierig, denn es ging nicht nur um eine Neugestaltung der Freiheitsstraße in Fragen des Designs, sondern es waren auch Maßnahmen zur Klimaverbesserung gefragt, wie die Pflanzung von Bäumen oder die offene Gestaltung des Bodens, damit das Oberflächenwasser versickern kann,“ erklärt die Koordinatorin des Planungswettbewerbs, Architektin Susanne Waiz.
„Die Freiheitsstraße ist als Prachtboulevard der Kurstadt entstanden. Es ist wichtig, dass die Eleganz der Gestaltung in eine Architektursprache von heute übertragen wird. Diese Aufgabe hat das Siegerprojekt besonders gut gelöst und eine sehr gute Ortskenntnis bewiesen“, so Waiz. Sie koordinierte die Zusammenarbeit des Bürger:innenrates und der Jury. Dort saßen der Meraner Stadtbaumeister Wolfram Haymo Pardatscher, die Architektin Kathrin Aste, Architekt Francois Jean Victor Valentiny, Mobilitätsplaner Luca Urbani und Landschaftsarchitekt Andreas Kipar.
Die Jury hatte aus den 13 eingereichten Projekte drei in die engere Auswahl gezogen und dem Bürger:innerat vorgestellt. Dabei wussten die Jurymitglieder nicht, welches der Projekte von welchem Architekturbüro ausgearbeitet worden war – darüber wird die Jury erst nach ihrer Entscheidung informiert. Die drei Projekte für die Endauswahl waren neben dem Entwurf von CLAB architettura mit Architekt Nicola Bedin, das Projekt von Stanislao Fierro aus Bozen, das auf dem zweiten Platz landete, und das Projekt der Freilicht Landschaftsarchitekten aus Meran, das auf den dritten Platz kam.
Die zwölf Teilnehmer:innen des Bürger:innenrates waren neben zufällig ausgelosten Bürger:innen auch Interessensvertreter wie etwa Georg Hager von den Meraner Kaufleuten. „Von den drei Projekten, die zur Auswahl standen, war das Ausgewählte für mich sicherlich das Beste. Es ist funktionsfähig und sieht keine zu starken Veränderungen in der Freiheitsstraße vor. Jetzt ist wichtig, dieses Projekt bald umzusetzen und die Finanzierung dafür zu ermöglichen“, sagt Hager. Laut Stadtrat Frötscher ist der Baubeginn frühestens im Sommer 2024 möglich.
Dem Bürger:innenrat selbst steht Hager kritisch gegenüber, da solche Formen der Partizipation eine „Überdemokratisierung“ darstellen würden. „Es ist der Nachteil der Demokratie, dass oft zu viel gefragt wird und die Sachen noch weniger schnell weitergehen“, so Hager. Waiz hingegen sieht im Bürger:innenrat eine Möglichkeit, die Expertise der Meraner:innen einzuholen. Auch wenn die definitive Entscheidung bei der Jury als Fachgremium liege, sei das ein Mehrwert: „Die Bürger:innen benutzen die Stadt und können diese Erfahrung einbringen.“
Ein weiteres Mitglied im Bürger:innenrat war Hermann Raffeiner. „Es war eine sachliche Diskussion, denn wir waren Personen aus verschiedenen beruflichen Bereichen. Ich konnte dabei auch meinen Horizont erweitern und verstehe heute die Anliegen jener besser, die an der Freiheitsstraße arbeiten“, sagt der ehemalige Direktor am Humanistischen Gymnasium „Beda Weber“ (heute Gymme) in Meran. Wie Fußgänger und Radfahrerinnen auf der Flaniermeile zurechtkommen werden, würde sich dann in der Zukunft zeigen.
Das Siegerprojekt
Der Entwurf von CLAB architettura besteht „aus einem System von gegeneinander versetzten Segmenten, die auf die wichtigen Gebäude weisen“, erklärt Architektin Waiz. Diese Bodenoberfläche wird aus Porphyrwürfeln und dunkleren Steinplatten bestehen.
Außerdem sollen große Sitzbänke und Fahrradständer angebracht werden. „Es ist wichtig, dass es in der Freiheitsstraße genügend Aufenthaltsräume und Sitzmöglichkeiten ohne Konsumierzwang gibt“, so Waiz. „So kann man im Freien nicht nur vor Bars und Restaurants sitzen, sondern auch einfach so, um mit der Nachbarin zu tratschen oder weil die Kinder spielen oder man vom Einkaufen müde ist.“ Das Siegerprojekt wird Anfang 2023 im Rahmen einer Ausstellung vorgestellt.
Bitte anmelden um zu kommentieren
Bleiben wir optimistisch und
Bleiben wir optimistisch und heiter. Irgendwie. Schlimmer als das Ergebnis der Umgestaltung des Sandplatzes wird es wohl kaum werden können.
Auf den ersten Blick scheint
Auf den ersten Blick scheint die Umgestaltung recht ansprechend und sinnvoll.
Allerdings verstehe ich den Hype mit Porphyr nicht. Zum einen würde ich geologisch Porphyr mit Bozen verorten, aber nicht mit Meran. Meran als Tor zur Texelgruppe impliziert für mich andere Gesteine. Weiters kann ich mir nicht vorstellen, daß Porphyr zum Kurhaus oder Stadttheater passt.
Und weil schon von Klima die Rede ist: Porphyr hat eine hohe Wärmespeicherung und Rückstrahlung. D.h. Porphyr heizt sich unter der Sonnen den ganzen Tag stark auf und strahlt die Wäre abends viel länger ab als andere Gesteine. Im Anbetracht der vermehrten Tropennächte in den letzten Jahren, scheint mir also Porphyr eine suboptimale Wahl.
Auch mir persönlich erscheint
Auch mir persönlich erscheint die ruhige Gestaltung gelungen.
Porphyr ist ein wunderbares Gestein, das in Burgstall vor über 100 Jahren eifrig gebrochen wurde. Mit dem Stein wurden in Obermais die Mauern errichtet, gemischt mit dem grau-gesprenkelten Granit. Wenn nun Porphyrpflaster gewünscht wird, dann bitte ich die Verantwortlichen eindringlich, die bestehende Pflasterung mit ihrer herrlichen Patina wiederzuverwerten, im Sinne der Nachhaltigkeit (heute fast ein Schimpfwort, so abgenutzt ist es...) und nicht auf billige Platten chinesischer Provenienz zu schielen.
Die Sommerhitze versuche man mit hitzetoleranten Laubbäumen (gute Lösung) oder den bestehenden Magnolien (vor 40 Jahren eine weniger gute Lösung) abzuschwächen. Laubbäume lassen die Wintersonne auf die Fassaden scheinen...
Neben dem Fuß-, Rad- und dem Lieferverkehr fehlt mir eigentlich nur ein sanfter elektrisch betriebener öffentlicher Personentransport. Viele ältere Mitbewohnerinnen und Mitbewohner in den Lauben und im Steinachviertel sind z. Z. vom öffentlichen Verkehr geradezu abgeschnitten, sie brauchen bis zu 15 Minuten zum Hotel Palace bzw. zum Theaterplatz. Öffis funktionieren, wenn man sie zu den Menschen bringt...
Ich bin gespannt auf die Ausstellung der Siegerprojekte.
Antwort auf Auch mir persönlich erscheint von Johannes Ortner
Schade, dass es z.B. an der
Schade, dass es z.B. an der Sparkassen-Freiheitsstraßen zum Beispiel nicht auch eine kleine Verweilstation, wie vor dem Kaufhaus Tyrol in Innsbruck hat.
Könnt ihr als Gemeinderat bei dieser Planung und attraktiveren Umgestaltung der Freiheitsstraße nicht auch gleich den Sandplatz miteinbeziehen?