Politik | Brenner-Grenze

„Wir sind doch alle Tiroler“

Am vergangenen Samstag wurde am Brenner an den Fall des Grenzbalkens gedacht. Einen besonderen Eindruck haben dabei die Reden der „großen alten“ Männer hinterlassen.
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Foto: Salto.bz
Gleich zwei Feiern wurden in Erinnerung an das Inkrafttreten des Schengen-Abkommens und der damit einhergehenden Abschaffung der Passkontrollen an der italienisch-österreichischen Grenze abgehalten: eine SVP- bzw. ÖVP-Feier und die Festveranstaltung der Gemeinde Brenner. Während erstere beinahe unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand – ins Plessi-Museum verirrten sich als Zaungäste nur einige deutsche Urlauber auf der Durchreise –, fand die zweite Feier direkt an der Grenze, mitten im Ort und unter Einbeziehung der Bevölkerung statt.
Am 1. April 1998 wurde mit Volksfesten und Blasmusik der Fall des Grenzbalkens gefeiert. Die damaligen Landeshauptmänner von Südtirol und dem Bundesland Tirol, Luis Durnwalder und Wendelin Weingartner, legten gemeinsam mit den österreichischen und italienischen Grenzbeamten Hand an und enfernten in einem Akt mit hoher symbolischer Strahlkraft den Grenzbalken. 25 Jahre später trafen sich die politischen Vertreter von heute und damals erneut an der Brennergrenze, um an diesen besonderen Tag zu erinnern.
 
 
 
Die SVP hat gemeinsam mit der ÖVP und den beiden Europaparlamentariern Barbara Thaler und Herbert Dorfmann am Vormittag zu einem Fest ins Plessi-Museum eingeladen. Daran teilgenommen haben die Landeshauptleute a. D. Luis Durnwalder und Wendelin Weingartner, die amtierenden Landeshauptmänner Arno Kompatscher und Anton Mattle, Partei-Obmann Philipp Achammer sowie weitere Vertreter der SVP und Tiroler Volkspartei. In den verschiedenen Reden wurde an die Bedeutung der Aufhebung der Grenzkontrollen gedacht, aber auch daran, dass dies keine Selbstverständlichkeit war und ist. In den Ansprachen wurde der Wunsch nach Krisenplänen deutlich, die ein erneutes Schließen der Grenzen wie beispielsweise während der Corona-Pandemie verhindern sollten. Für ihn sei es ein regelrechter Schock gewesen, berichtete Landeshauptmann Kompatscher, als er vor rund sieben Jahren von seinem damaligen Tiroler Amts-Kollegen Günther Platter und dem seinerzeit amtierenden österreichischen Innenminister Wolfang Sobotka erfahren musste, dass Österreich angesichts der anhaltenden Flüchtlingsströme plant, am Brenner wieder einen Grenzzaun zu errichten.
 
 
 
 
Anton Mattle, Landeshauptmann von Nord- und Osttirol, hob in besonderer Weise die Volksabstimmung über den EU-Beitritt Österreichs hervor. Am 12. Juni 1994 hatten 66,6 Prozent der Bevölkerung, laut Mattle eine „qualifizierte Mehrheit“, für den Beitritt gestimmt, obwohl viele Tiroler der EU durchaus skeptisch gegenüber gestanden waren. Auch die Europaregion Tirol und ihre Bedeutung für ein Zusammenfinden fand mehrmals Erwähnung wie auch das Willy-Brandt-Zitat „Es wächst zusammen, was zusammengehört.“ Deutlich angesprochen wurden aber auch die Konfliktpunkte zwischen Österreich und Italien. EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann kritisierte mehr als deutlich die Personenkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze und bezeichnete sie als nicht EU konform. Aber auch die Leistung  der „großen alten“ Männer, Luis Durnwalder und Wendelin Weingartner, die seinerzeit die Regierungsgeschäfte in den jeweiligen Tiroler Landesteilen führten, wurden gewürdigt. In ihren Erinnerungen trat deutlich zutage, welch bewegender Moment die Aufhebung des Grenzbalkens für sie gewesen sein musste.
 
 

Volksfeier

Am Nachmittag lud Martin Alber, Bürgermeister der Gemeinde Brenner, zu einem Fest an die Grenze, an dem trotz Kälte und Schneeregen nicht wenige Bürger und Bürgerinnen sowie Vertreter der Ordnungskräfte teilnahmen. „Es ist ein besonderer Tag für den Brenner“, begrüßte Bürgermeister Alber die Anwesenden, politischen Vertreter und Ehrengäste.
 
 
Ging es bei der Feier auf Landesebene im Plessi-Museum noch „abgehoben und technisch“ zu, präsentierten sich die politischen Vertreter auf dieser Veranstaltung volks- und bürgernah. So schüttelte Landeshauptmann Mattle jedem Anwesenden die Hand und begrüßte ihn persönlich. Die Reden wurden emotionaler und spätestens als die Vereinskapelle Gossensaß die heimliche Südtiroler Hymne „Wohl ist die Welt so groß und weit“ spielte und die Anwesenden spontan mitsangen, war ein Hauch jener Stimmung zu spüren, die vor 25 Jahren an diesem Ort herrschte. Die ehemaligen Bürgermeister der beiden Grenzgemeinden, Christian Egartner (Gemeinde Brenner) und Wilhelm Schöpf (Gries am Brenner), berichteten von der Aufbruchstimmung und von den Erleichterungen, die das Schengen-Abkommen für die Bürger und Bürgerinnen plötzlich bedeutete. Auf die gute Zusammenarbeit, die heute zwischen den Wipptaler Gemeinden diesseits  und jenseits der Grenze gepflegt wird, kam Karl Mühlsteiger, Bürgermeister der Gemeinde Gries am Brenner, zu sprechen. Es gebe noch viel zu tun, berichtete Senator Meinhard Durnwalder. Zwar sei das Verständnis für die Südtiroler Autonomie, seine Geschichte und die besonderen Verhältnisse in Rom gewachsen, Gefahr drohe allerdings von nationalistischen Kräften.
 
 
 
Spürbar wurde insbesondere in der Ansprache von Wendelin Weingartner, wie schmerzlich seine Generation die Grenze erlebt hatte und wieviel Hoffnung in die Aufhebung des Grenzbalkens gelegt wurde. So sei die Grenze zwar immer noch da, aber weniger sichtbar und durchlässiger – nun gelte es wieder zusammenzufinden. Das Trennende sei insbesondere dann spürbar, wenn er auf seinen Südtirol-Besuchen als „Österreicher“ bezeichnet werde, so Weingartner, der mit Inbrunst betonte: „Wir sind doch alle Tiroler.“ Verschmitzt meinte Durnwalder hinter vorgehaltener Hand, dass es umgekehrt doch genauso sei. Als Südtiroler werde man Innsbruck ebenfalls oft genug als Italiener bezeichnet. Die Europaregion Tirol biete eine Möglichkeit, das Trennende zu überwinden, zeigte sich Landeshauptmann a. D. Durnwalder überzeugt. Es sei jedoch an der Bevölkerung, diese Struktur mit Leben zu füllen.
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Klemens Riegler Mo., 03.04.2023 - 22:57

... vor 1998;
1. Gang, ziemlich nervös, was hab ich da eigentlich noch im Kofferraum? ID-Karte noch gültig? Führerschein?
... Zuerst die "Grünen" hiesigen ... Buon viaggio! ... Geschafft! Die 10 Flaschen Lagrein unter den umgebauten Rücksitzen nicht entdeckt.
Und dann einige Meter weiter die anderen. Waren die "blau" ? ... Die haben zuletzt meistens eh nur mehr durchgewunken, wenn sie mit Scharfblick "BZ" auf der "Targa" erahnen konnten. Sofern man noch eine ältere Karre hatte.
Heute fährt man tatsächlich (ohne sich Sorgen machen zu müssen) mit 10 Karton Lagrein, 2 Stangen Tschigg und 20 Kg Barilla-, (oder bessere)-Nudl QUER oder LÄNGS durch Ganz-TIROL ... oder sogar noch viel weiter ... VIVA, VIA e VAI EUROPA!

Mo., 03.04.2023 - 22:57 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Di., 04.04.2023 - 15:40

Was hat eigentlich Dorfmann und Achammer auf diesem Bild zu suchen,die haben nichts dazu beigetragen,waren damals noch Buben,vor allem Achammer war noch kaum aus der Schule,was soll der Quatsch der Svp Lorbeeren? Wenn Italien nicht einverstanden gewesen wäre,hätte dies nie passieren können! Also Svp Lorbeeren,FAKE! Auch Durnwalder und Weingartner hätten nichts gerichtet,wenn beide Staaten aus ganz anderen Gründen nicht einverstanden gewesen wären! Da war Kreisky für Südtirol schon ein ganz anderes KALIBER!! Hohen Respekt heute noch vor diesem Mann.

Di., 04.04.2023 - 15:40 Permalink