Gesellschaft | Familiengesetz

„Viel Geld für Mütter zu Hause bringt nichts“

Christa Ladurner, Vorsitzende der Allianz für Familie, über die Entstehung des neuen Familiengesetzes, ihre Sorgen um die Qualität der Kinderbetreuung und Populismus in der Familienpolitik.

Frau Ladurner, die Entstehung des neuen Familiengesetz wurde als partizipativer Prozess verkauft, in dem sich Vertreter von Familien und Körperschaften über eine Steuerungsgruppe einbringen konnten. Wie viel Mitsprache gab es tatsächlich für Familien?

Christa Ladurner: Ich würde sagen, die Steuerungsgruppe war ein beratendes Organ. Das heißt, wir sind acht Mal zusammengekommen, wir haben immer wieder Entwürfe gesehen und konnten Vorschläge machen. Doch generell bin ich mit der Einbindung der Familien nicht sehr zufrieden. Einerseits war die Zeit viel zu kurz, um die Diskussion so zu vertiefen, wie es das komplexe Thema erfordert hätte.  Andererseits hatten wir teilweise zu wenig mitzureden, allen voran beim Kapitel Kinderbetreuung, das fast ausschließlich zwischen Land und Gemeinden ausgemacht wurde.

Hier gibt es auch heftige Kritik an der Anhebung des Mindestalters für Kleinkinderbetreuung auf sechs Monate.

Christa Ladurner: Ja, diese Anhebung von drei auf sechs Monate war absolut nicht von der Steuerungsgruppe gewollt, das ist allein über die Landesregierung gelaufen. Ich hoffe, aber sehr, dass sie nun im Landtag herausgestrichen wird. Es gibt aber auch noch mehr Probleme: Die Vereinheitlichung der Tarife, die in diesem Bereich geplant ist, berücksichtig beispielsweise nicht, dass eine Kita viel höhere Fixkosten hat als eine Tagesmutter. Das heißt, wir laufen hier das Risiko, dass die Qualität der Kleinkinderbetreuung noch stärker gefährdet wird, als sie es schon ist.

Warum ist sie gefährdet?

Christa Ladurner: Wir haben immer noch einen Schlüssel von einer Betreuerin für bis zu sechs Kinder in den Kitas und bis zu acht in den Kinderhorten. Das ist in dem Alter viel zu wenig. Auch bräuchten wir mehr Stabilität und Kontinuität in den Kindertagesstätten, was aber bei Gehältern unter 1000 Euro schwer möglich ist, die Betreuerinnen in den Sozialgenossenschaften erhalten. Solche Qualitätskriterien müssen für mich noch vor der Finanzierungsfrage geklärt werden, denn davor kann ich nicht definieren, wie viel eine Betreuungsstunde kostet.

Alle Verbesserungen dieser Art sollen nun aber mit Durchführungsbestimmungen geregelt werden – inklusive der finanziellen Ausstattung von Maßnahmen für Familien.

Christa Ladurner: Ja, und das ist natürlich ein Risiko, weil wir nicht wissen, wie viel Mitbestimmung wir dann tatsächlich haben. Sie ist uns zwar zugesichert worden, aber ich weiß beispielsweise, dass es jetzt schon wieder Arbeitsgruppen zwischen Land und Gemeinde gibt bezüglich Finanzierung der Kleinkinderbetreuung. Was die finanzielle Frage generell betrifft, ist klar, dass diese Gesetz tatsächlich eine leere Hülle bleibt, wenn nicht zusätzliche Mittel für Maßnahmen bereit gestellt werden. Ich hoffe aber schon sehr, dass wir uns hier auf die politischen Zusagen verlassen können. Denn wenn hier kein Geld fließt, wird es problematisch, die Familien sind vielfach am Anschlag.

Gerade in Wahlzeiten hat das Thema Wahlfreiheit wieder Hochkonjunktur, samt Forderungen genauso viel Geld für Familien bereit zu stellen, die ihre Kinder zu Hause betreuen wie für Kinderbetreuungseinrichtungen. Ist das überhaupt machbar?

Wir haben bereits in vielen Staaten beobachten können, dass es genau den gegenteiligen Effekt bringt, wenn Müttern zu Hause viel Geld gegeben wird. Wenn, müsste garantiert werden, dass dieses Geld für Betreuung oder Pensionsbeiträge verwendet wird.  Aber ich kann nicht einfach sagen, 1000 Euro für jeden. Wie zuletzt auch bei der Diskussion in Deutschland klar wurde, riskiert man in diesem Bereich viele populistische Maßnahmen zu setzen, die viel Geld kosten und keine Effekte haben. Daraus könnten wir wirklich lernen, und sagen, wir bauen jetzt eine solide Familienpolitik auf.

Ist das mit einem solchen Rahmengesetz noch möglich?

Ich denke schon, auch wenn es nun davon abhängt, was die Politik in Zukunft macht. Insgesamt sind wir schon einmal froh, dass es das Rahmengesetz nun geben wird. Ich möchte auch sagen, dass einige Anregungen sehr wohl aufgenommen wurden, wie zum Beispiel die Einsetzung eines Beirates oder eine Agentur für Familien. Denn ein großes familienpolitisches Problem war bisher, dass es in diesem Bereich keine Stabilität gegeben hat, weil mit jedem Landesratwechsel wieder neu begonnen wurde. Diesbezüglich hoffe ich schon, dass nun langfristiger und solider gearbeitet werden kann.